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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 6./​7.1924/​25

DOI Heft:
1./2. Oktoberheft
DOI Artikel:
Dresdner, Albert: Akademieen und Akademismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0049

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Akademieert und Akademtsmus
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\\l ieder einmal steht die Frage der Akademien zur
* * Erörterung. Den Anlaß bildet die Meinungs-
verschiedenheit, die zwischen dein preußischen Kultus-
ministerium und der Berliner Kunstakademie hinsiciit-
lich der Gestaltung des künstlerischen Lehrganges sich
herausgebildet hat.
Die Opposition gegen das akademische Lehrver-
fahren hat bereits zu der Zeit eingesetzt, da die Aka-
demien noch im Besitze ihrer ganzen Machtfülle waren
und in gewissen Beziehungen geradezu eine Monopol-
stellung behaupteten. Als Marco Benefial, der Lehrer
des Mengs, dem Friedrich Noack 1919 eine kleine Studie
gewidmet hat, 1755 die Leitung des Aktunterrichtes an
der römischen Lukasakademie übernahm, da übte er
an dem dort üblichen Lehrverfahren eine so offenher-
zige und beißende Kritik, daß die erbitterten Kollegen
ihn aus der Körperschaft ausstießen. Nicht glimpflicher
ging der aus Winckelmanns Lebensgeschichte bekannte
Bianconi mit der Bologneser Akademie um. Wie macht
er sich nicht in seinen Briefen über den vom Kanonikus
Luigi Crespi 1769 veröffentlichten dritten Band der
„Felsina pittrice“ (abgedruckt bei Bottari-Ticozzi 7,
307 fg.; vgl. Justi, Winckelmann I2, S. 314) über deren
Professoren lustig! Wie schneidend spricht er über ihre
Unterrichtsmethode ab: sie sollten ihren Schülern nicht
raten „Folget mir nach!“, sondern vielmehr „Weichet
von mir und wandelt Raffael und Lodovico (Carracci)
nach!“ Allerdings hat weder er noch Benefial das Le-
bensrecht der Akademien grundsätzlich geleugnet; das
Ziel ihrer Angriffe war die Entartung des akademischen
Unterrichts in den Händen der Manieristen und der
Mittelmäßigkeiten. Aber bereits 1756 warf Algarotti in

einem Briefe an den erwähnten Luigi Crespi (Bottari-
Ticozzi 7, 408) die Frage auf, welchen Nutzen die jungen
Leute überhaupt noch von den Akademien haben könn-
ten, da sie doch dort nur angehalten würden der einen
oder der andern Manier zu folgen. Aus diesen Worten
spricht der Geist des französischen Kritizismus, der,
wie er alle alten Tafeln erschütterte, so auch gegen die
Autorität der Akademien Sturm lief. „Ls ist“, so er-
klärte Voltaire, „ein Unglück um die Akademien. Kein
Werk, das man akademisch nennt, ist je auf irgend
einem Gebiete ein Werk von Genie gewesen . . . Fast
alle erhabenen Künstler haben entweder in einem Ge-
schmacke gearbeitet, der von dem in diesen Körper-
schaften herrschenden abwich, oder sie haben vor den
Akademien geblüht“. Und Diderot unterwarf in dem
„Essai sur la peinture“, den er dem Salon von 1765 an-
hängte, den Lehrgang der pariser Akademie einer Prü-
fung, deren Ergebnis eine scharfe Ablehnung war. Diese
sieben Jahre akademischen Modellstudiums, diese „sie-
ben peinlichen und grausamen Jahre“, sie führen die
jungen Künstler nur auf einen falschen Weg. „Laissez-
moi cette boutique de maniere!“ ruft er ihnen zu, und
dies scharfgeprägte Epigramm vom „Kramladen der
Manier“ ist lange an den Akademien hängen geblieben.
Es war David, der aus all diesen Angriffen die
Konsequenzen zog. Hatte die Akademie dem Werden-
den Schwierigkeiten bereitet, so ließ er, zur Höhe ge-
langt, sie das teuer bezahlen. Unabhängig von der
Akademie bildete er seine Schule, in der sich die
besten Talente der jungen Generation versammelten,
und der Meister ließ nicht ab seine Jünger vor der Aka-
demie zu warnen. Sie ist, sagte er, wie der Laden eines

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