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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 6./​7.1924/​25

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1./2. Dezemberheft
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Kunststätten in neuen Rußland / Aus Amerikas Kunstleben / Londoner Kunstschau / Wiener Kunstbrief / Vom holländischen Kunstmarkt / Schweizerische Kunstchroik / Neuerwerbungen des Museums in Brüssel / Leipziger Herbstmesse 1924 / Aus der Museumswelt / Kunstausstellungen / Neue Graphik / Kunstauktionen / Neue Kunstbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0134

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IDtctiet’ Kunffbt’tef.
Nach der etwas umfangreichen historischen Bilderschau, die
durch das Musik- und Theaterfest der Stadt Wien veranlaßt, in
den Räumen der städtischen Sammlungen, des Künstlerhauses und
der Albertina zu sehen war, wendet sich die Aufmerksamkeit des
Wiener Kunstfreundes wieder den einzelnen Ktinstlervereinigun-
gen zu, die durch Veranstaltung größerer oder kleinerer Aus-
stellungen den Qrad ihrer Entwicklungsfähigkeit und die Qualität
ihrer Leistungen zu erweisen trachten.
Die achtzigste Ausstellung der „Sezession“ gewährt
eiriigen Einblick in die jiingste Produktion ihrer Mitglieder. Eine
gute, wenn auch etwas knappe Auslese, die sich freilich nur auf
die prominentesten Wiener Mitglieder dieser Vereinigung bezieht.
Wir bemerken hier u. a. einige flotte und sauber gemalte Bild-
nisse von Bouvard und Wieden, eine wuchtig durchgebildete, neo-
klassizistisch wirkende Aktgruppe (Die Nacht) von Dachauer, ein
von sonnenheller Farbigkeit durchflutetes Blumenstück von Häh-
nisch, dann ferner einige Szenen aus dem Südeu von Gersten-
brand, die mit sprühender Lebendigkeit gemalt, auch ohne den
gewohnten karikaturalen Humor dieses Künstlers, zu wirken ver-
mögen, weiter eine holländische Landschaft von Eck, ein fein-
malerisch empfundenes Winkelchen aus der Wachau von Schütt
und noch einiges Figurale von Qrom Rottmayer und Dobrowsky.
Es sind erfreuliche und achtunggebietende Leistungen, die zum
iiberwiegenden Teile freilich auch schon längst anerkannten und
auf ruhigen und ausgeglichenen Bahnen sich fortbewegenden
Künstlrn zu eigen sind.
Auch im sonst mehr radikaler gefärbten ,, H a g e n b u n d “,
der eine größere graphische Heerschau seiner Mitglieder darbietet,
herrscht die gemäßigte, mittlere Linie vor. Von den Hagenbiind-
lern tritt fast jeder Einzelne mit einigen künstlerisch qulitativen
oder zumindest stofflich oder kunsttechnisch interessanten Arbei-
ten auf den Plan, so der überaus produktive Laske mit einigen
buntfarbigen, in temperamentvoller, fast spielerischer Weise fest-
gehaltenen Stadt- und Strandbildern aus Ragusa, wohin ihm auch
zu Studienzwecken seine Kollegen Graf und Fritz Qroß gefolgt
sind, dann ferner Martin, Schwarz-Waldegg und Leibold, die mit
geschärftem Blick und intensivem Können den Eindruck einer
sinnlich erfaßbaren oder nur imaginär gestalteten Erscheinungswelt
wiederzugeben versuchen. Auch die durch ein vertiefteres Zeit-
erleben veranlaßten Holzschnitte von Philipp und die auf Stein
gezeichneten leicht konturierten Schauspielerbildnisse von Tisch-
ler, sowie auch einige fast mehr visionär als gegenständlich em-
pfundenen Reisebilder aus Palästina von Floch, machen drei jetzt
erschienene Mappen, die mit je einer einfiihrenden Würdigung
dieser Kiinstler versehen sind, noch im Besonderen aufmerksam.
Es erübrigt uns, vielleicht aucli noch auf die breit und dekorativ
wirkenden Holzschnitte von Erwin Lang, auf die drollig verkürz-
ten und mit sublimer Farbigkeit umrissenen Zeittypen von Carry
Hauser und auf einige warm getönte Landschaften von Payer-
Hardegen hinzuweisen.
Im Glaspalast des Burggarten hat die vor fünf Jahren ge-
gründete „Kunstgemeinschaft“ ihre 25. Ausstellung er-
öffnet. Aus bescheidenen Anfängen erwachsen, und vor Allem
den wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder dienend, weist
die Vereinigung heute bereits ein Anzahl ernst und eindringlich
wirkender Künstlerbegabungen auf, die, wie etwa Waagner, Pirk-
hert, Grabwinkler, Bauer, Eiisabeth Hung, Marg. Liebenschein, die
Bildhauer Gelles und Josephn oder der Miniaturmaler Sternad,
entschiedene Beachtung und Förderung verdienen.
In der „M odernen G a 1 e r i e“, die von Otto Nirenstein
in zielbewußter Weise geleitet wird, ist gegenwärtig eine stattliche
Reihe von Handzeichnungen und graphischen Arbeiten S1 e -
v o g t s zu sehen. Unter den Zeichnungen befinden sih seltene und
bisher unbekannt gebliebene Blätter, die sich, wie etwa die Skiz-
zcn zur „Wahl“ auf die Frühzeit des Künstlers beziehen und fast
ausschließlich dem Wiener Privatbesitz entnommen wurden, und
ebenso eine reizvolle Anzahl von Studien und Entwtirfen, die einen

Einblick in die letzten fünfzehn Jahre der illustrativen Tätigkeit
Slevogts gewähren und aus Berliner Besitz stammen.
Der Kunstsalon W ii r t h 1 e macht in einer mit wirklichem
Geschmack und Geschick zusammengetragenen Ausstellung auf
das stolze Lebenswerk des 1889 in Elend und Verbitterung ver-
storbenen Wieners Anton Romako aufmerksam. Das über-
aus reiche Ausstellungsmaterial, das ungefähr die Hauptrichtungs-
linien der künstlerischen Entwicklung Romakos aufzeigt und in ihr
beispielsweise die Einflüsse eines Rahl, Feuerbach und Kaulbach,
eines Waldmüller und Pettenkofen und zuletzt eines Courbet und
Manet wiederspiegeln läßt, wurde zum iiberwiegenden Teil von
Dr. Oskar Reichel, einem der besten Kenner und eifrigsten Samm-
ler Romakos beigestellt.
Im Kunstsalon „Bukum“ sind schließlich Gemälde, Zeich-
nungen und Holzschnitte des Vlamen M a s a r e e 1 ausgestellt,
„politische Zeichnungen“ eines „Gesinnungsbekenners“, voll Kraft
und Größe, über die eine erst jiingst erschienene Monographie von
Stefan Zweig den erwünschten weiteren Aufschluß gibt. L. Gr.


Französische Skulptur, Mitte 12. Jahrh.
Auktion Zerner bei Paul Cassirer-Helbing, Berlin

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