Blecben in jieideibevQ
oon
IDattbec Urius
T-^lechen hat seine malerische Schöpferkraft nicht erst
in Italien entdeckt und entwickelt, er erlöste es aus
der mumienhaften pseudoromantischen Konvention.
Was die Reise ihm gab, war reichere Farbigkeit, damit
ein gewisses Zurücktreten jener Melancholie, die auf
dem Grunde seines Wesens lag, und eine unerhötte
Empfindsamkeit der Linie, die uns ja selbst seine klei-
nen Bleistiftnotizen als farben- und lufterfüllt sehen
läßt. Die Steigerung dieser sinnlichen Empfänglich-
bläuliche Rosa, das für die ganze Zeit charakteristisch
ist und sicli hier natürlich durch den Baustoff des
Schlosses besonders motiviert. Fein sind die grünen
Hügelansätze auf den Seiten und besonders schön wie
immer die ferne Rheinebene mit den ganz diskret ge-
zogenen Höhenlinien. Es ist eines der Blätter, bei de-
nen man die unerhörte Genauigkeit des Auges bewun-
dert, die das Kleinste charakteriesiert, ohne das Ganze
zn vergessen.
Cari Blechen
Ruine in
Heidelberg
Oel auf Leinewand
75 : 85
Ausgestellt
in der Galerie
Carl Nicolai
Berlin
keit nimmt auf der Rückreise noch wesentlich zu; die
Züge der Appeninen und der Alpen sind wohl kaum je
wieder mit so geringen Mitteln so leicht, Laubmassen
so lebendigbewegt wiedergegeben worden. Nördlich
der Berge bleiben aber Arbeitslust wie Kunst auf der
gleichen Höhe. Die Heimreise nach Berlin geschah
recht schnell; aucli der Aufenthalt in Heidelberg kann
ebenfalls nur kurz gewesen sein. Wir besitzen eine No-
tiz, nach der er dort nur 6 Gulden, 16 Kronen ausgege-
ben hat, nebst 18 Kronen Trinkgeld. Augenscheinlich
konzentrierte sich sein Interesse ganz auf das Schloß.
Die zweifellos erste Studie von dort besitzt Professor
Carl Alexander Brendel: eine Gesamtansicht dcr Ruine
von Osten, ein unbeendetes Aquareil. Fertig ist nur
das eigentliche Thema des Blattes. der Aufmarsch der
prachtvoll verschiedenen Türme, vom schönen acht-
eckigen rechts bis zum majestätischen großen Wart-
turm links. Das Blatt, 26 cm breit, 16 cm hoch, ist leb-
haft farbig, grau, grün, orange und jenes eigentümlich
Der zersprengte Turm, und zwar von seiner unver-
sehrten Seite, ist der Gegenstand eines großen unvollen-
deten Bildes der Nationalgalerie (Höhe 73 cm, Breite
83 cm). Vorstudien hierzu sind noch nicht bekannt ge-
worden, vielleicht finden sie sich in den Beständen des
Danziger Museums, die demnächst gesichtet werden
sollen. Die Konzeption gehört zu den großartigsten, die
Blechen geschaffen hat. Breit und schwer stehen die
Massen gegeneinander, die Schwermut des Ganzen läßt
vermuten, daß es sich um eine wesentlich spätere Ar-
beit handelt. Unvollendet blieb das Werk vielleicht,
weil Blechen bei der Bewältigung des Turmmassivs
malerisch Schwierigkeiten fand.
Als das kostbarste Werk des Heidelberger Aufent-
halts galt bisher mit Recht die köstliche kleine Ölskizze
des zersprengten Turms (Höhe 16 cm, Breite 19 cm),
die benfalls der Nationalgalerie gehört und in Kern ab-
gebildet ist, wo das Klischee nur einen etwas zu auf-
geregten Eindruck macht. Das Blatt ist irn Gegenteil
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oon
IDattbec Urius
T-^lechen hat seine malerische Schöpferkraft nicht erst
in Italien entdeckt und entwickelt, er erlöste es aus
der mumienhaften pseudoromantischen Konvention.
Was die Reise ihm gab, war reichere Farbigkeit, damit
ein gewisses Zurücktreten jener Melancholie, die auf
dem Grunde seines Wesens lag, und eine unerhötte
Empfindsamkeit der Linie, die uns ja selbst seine klei-
nen Bleistiftnotizen als farben- und lufterfüllt sehen
läßt. Die Steigerung dieser sinnlichen Empfänglich-
bläuliche Rosa, das für die ganze Zeit charakteristisch
ist und sicli hier natürlich durch den Baustoff des
Schlosses besonders motiviert. Fein sind die grünen
Hügelansätze auf den Seiten und besonders schön wie
immer die ferne Rheinebene mit den ganz diskret ge-
zogenen Höhenlinien. Es ist eines der Blätter, bei de-
nen man die unerhörte Genauigkeit des Auges bewun-
dert, die das Kleinste charakteriesiert, ohne das Ganze
zn vergessen.
Cari Blechen
Ruine in
Heidelberg
Oel auf Leinewand
75 : 85
Ausgestellt
in der Galerie
Carl Nicolai
Berlin
keit nimmt auf der Rückreise noch wesentlich zu; die
Züge der Appeninen und der Alpen sind wohl kaum je
wieder mit so geringen Mitteln so leicht, Laubmassen
so lebendigbewegt wiedergegeben worden. Nördlich
der Berge bleiben aber Arbeitslust wie Kunst auf der
gleichen Höhe. Die Heimreise nach Berlin geschah
recht schnell; aucli der Aufenthalt in Heidelberg kann
ebenfalls nur kurz gewesen sein. Wir besitzen eine No-
tiz, nach der er dort nur 6 Gulden, 16 Kronen ausgege-
ben hat, nebst 18 Kronen Trinkgeld. Augenscheinlich
konzentrierte sich sein Interesse ganz auf das Schloß.
Die zweifellos erste Studie von dort besitzt Professor
Carl Alexander Brendel: eine Gesamtansicht dcr Ruine
von Osten, ein unbeendetes Aquareil. Fertig ist nur
das eigentliche Thema des Blattes. der Aufmarsch der
prachtvoll verschiedenen Türme, vom schönen acht-
eckigen rechts bis zum majestätischen großen Wart-
turm links. Das Blatt, 26 cm breit, 16 cm hoch, ist leb-
haft farbig, grau, grün, orange und jenes eigentümlich
Der zersprengte Turm, und zwar von seiner unver-
sehrten Seite, ist der Gegenstand eines großen unvollen-
deten Bildes der Nationalgalerie (Höhe 73 cm, Breite
83 cm). Vorstudien hierzu sind noch nicht bekannt ge-
worden, vielleicht finden sie sich in den Beständen des
Danziger Museums, die demnächst gesichtet werden
sollen. Die Konzeption gehört zu den großartigsten, die
Blechen geschaffen hat. Breit und schwer stehen die
Massen gegeneinander, die Schwermut des Ganzen läßt
vermuten, daß es sich um eine wesentlich spätere Ar-
beit handelt. Unvollendet blieb das Werk vielleicht,
weil Blechen bei der Bewältigung des Turmmassivs
malerisch Schwierigkeiten fand.
Als das kostbarste Werk des Heidelberger Aufent-
halts galt bisher mit Recht die köstliche kleine Ölskizze
des zersprengten Turms (Höhe 16 cm, Breite 19 cm),
die benfalls der Nationalgalerie gehört und in Kern ab-
gebildet ist, wo das Klischee nur einen etwas zu auf-
geregten Eindruck macht. Das Blatt ist irn Gegenteil
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