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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 6./​7.1924/​25

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1./2. Januarheft
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1./2. Februarheft
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Friedländer, Max J.: Über die Museen in Amerika
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https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0205

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mas für New York nicht zu. Die Stadt ist reich an
Sonne, und das Museum liegt glücklich in einem großen
Park. an einer breiten Straße und von allen Seiten frei.
Die Baumeister scheinen sich mit einer so unberechen-
baren Macht, wie dem Sonnenlicht, ungern zu befassen.
In New York gibt es eine zweite öffentliche Galerie
mit Bildern alter Meister in dem schrullig veralteten
Institut der Historical society — ein zufälliges Beiein-
ander, dabei gute und historisch wertvolle Stücke,
schlecht aufgestellt und höchst lächerlich katalogisiert.
Bilder spanischer Meister findet man in Archer Hun-
tingtons Stiftung, in der Hispanic society, einem dem
Studium der spanischen Kultur gewidmeten Institut,
das eine überaus reiche Bibliothek und belehrende
Sammlungen aller Art besitzt.
Außer New York und Boston kommen als Mu-
seumsstätten in Betracht: Washington, Chicago, Cam-
bridge (Fogg-Museum) Detroit, Cleveland, St. Louis,
Minneapolis Providence, New Haven und Worcester.
Das Fogg-Museum, eine ältere Stiftung in Verbindung
mit der Universität ähnlich wie die Galerie in New
Haven, ist neuerdings durch Bemühungen gelehrter
Kunstfreunde (E. W. Forbes und Paul I. Sachs) erheb-
lich gefördert worden. Washington hat kürzlich ein
Museum geschenkt erhalten. das ostasiatische Kunst
und außerdem die Whistler-Sammlung enthält, so daß
man jetzt den berühmtesten arnerikanischen Maler in
der Regierungsstadt und nur hier gründlich kennen
lernen kann. Das art institute in Chicago ist reich an
modernen Gemälden, enthält aber an älteren Meister-
werken nicht viel mehr als die Leihgabe Ryersons, mit
mehreren höchst bedeutenden altniederländischen Ta-
feln. Die Museen in Detroit, Worcester, Minneapolis,
Providence, St. Louis und Cleveland sind neuere Grün-
dungen, mit Aussichten, Hoffnungen und fruchtbaren
Ansätzen.
Das Streben nach Universalität bringt überall die
Cefahr der Zersplitterung mit sich, namentlich bei ver-

gleichsweise bescheidenen Mitteln. Spezialkenner für
alle Gebiete stehen nicht überall zur Verfügung. Der
Direktor mag noch so erfahren und vorsichtig sein, als
Kenner bleibt er auf ein gewisses Feld beschränkt und
vermag nicht, lieut ein chinesisches Bild, morgen eine
italienische Medaille zu beurteilen. Eine lokal be-
grenzte, durch Überlieferung bestimmte Aufgabe,
wie sie den kleineren Museen in Deutschland
zufällt, mangelt drüben. Verwirrt durch die Fülle der
möglichen und erwünschten Erwerbungen, verliert
aucli der begabteste Museumsleiter leicht die Weg-
richtung aus den Augen.
Das New Yorker Metropolitan Musenm hat kürzlich
den in Amerika ungewöhnlichen Schritt getan, an die
heimische Überlieferung anzuknüpfen, mit Bau und
Einrichtung eines der amerikanischen Wohnkunst ge-
widmeten Flügels. Hier ist etwas Spezifisches, anders-
wo Unerreichbares glücklich geschaffen worden.
Prophezeihungen in Bezug auf die zukünftige Ent-
wicklung sind umso bedenklicher, als das Meiste von
der Gebefreudigkeit der Privatsammler abhängt. Wie
Philadelphia nach Aufstellung der Johnson-Galerie eine
öffentliche Bildersammlung besitzen wird, die an Um-
fang und gleichmäßig hoher Qualität — wetin auch olme
imposante Prachtstücke — alle anderen amerikanischen
Museen übertrifft, so kann jede Stadt über Nacht be-
schenkt werden. Der systematisehe Ausbau der öffent-
lichen Sammlungen aber, sowie eine Spezialisierung
namentlich in den kleineren Museen wird sicherlich ein-
setzen, sobald die an mehreren Stellen, besonders in
Cambridge, Princeton und New York, energisch be-
triebene Ausbildung der Kunsthistoriker Früchte tragen
und Fachmänner in genügender Zahl den Museen lie-
fern wird. Die Kluft zwischen den praktischen Mu-
seumsbetrieb und dem theoretischen Studium, die drü-
ben größer ist als bei uns, wird allmählich überbrückt
werden.

Friedrich Loos
1797—1890


Ausstellung
bei
Bermann & Bermann
Berlin

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