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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 6./​7.1924/​25

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1./2. Januarheft
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1./2. Februarheft
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Dammann, Walter Heinrich: Michael Rummers "Ausruhender Jäger"
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https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0215

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haltende • Hamburger Stück — in alter Fassung:
schlichtprofilierter, kreisrunder Bronzerahmen, ver-
glast, auf Mahagoniunterlage, von 23 cm Durchmesser
— wurde 1915 aus dem Besitz einer Herrenhuter Da-
me, eines Nachkommen Roentgens in grader Linie, an-
gekauft. Es ist nicht bezeichnet. Am Fuße eines etwa
mannshohen Baumstumpfes mit kahlen Aesten sitzt
platt auf dem Boden ein bartloser Mann, in sich ge-
krümmt, gedankenvoll vor sich hinstarrend. Die quer
über seinen Schenkeln liegende Flinte, der Ledergurt
vor der Brust und der Hahnenfederhut, den er trägt,
endlich der zu seiner Rechten erhöht sitzende, aufmerk-
sam nach rechts gewendete Hund kennzeichnen ihn als
Jäger. Beide Arme stützt er auf die Kniee. Die linke
Hand hängt untätig, die rechte hält eine lange, gerade
Tonpfeife am Munde. Am Boden Steine und Gras-
büschel. Das Bild ist hergestellt als Einlegearbeit von
teils naturfarbenen, teils gebeizten Hölzern, in zahl-
reichen Schattierungen zwischen Braun, Grün und
Schwarz. Emil Hannover (a. a. 0. S. 56) weist darauf
hin, daß die farbigen Einlegearbeiten, wo sie dauernd
dem Licht ausgesetzt sind, von ihrer ursprünglichen
Farbenfrische viel verloren haben, und knüpft daran
eine beherzigenswerte Betrachtung über die Unzulässig-
keit, dergleichen Altwerte „auf neu“ wiederherzustellen.
Sicher steht auch das Hamburger ebenso wie das 01-
denburger Werk nicht mehr in anfänglicher Farben-
kraft vor uns. Es mag früher „illusionistischer“ ge-
wesen sein. Nach heutiger Anschauung hat es also an
künstlerischer Schönheit eher gewonnen.
Das Oldenburger Stück ist rechteckig, in der Bild-
größe dem Hamburger entsprechend. Auf ein 12 mm
dickes Birnbaumbrett ist ein 2 mm starkes von feinerer
Struktur (Ahorn? Linde?) aufgeleimt. In dieses ist
die Einlegearbeit eingefügt. Eine alte Fassung fehlt
meines Wissens. Das mag der Grund sein, weshalb
am Oldenburger, aber nicht am Hamburger Stück die
Fugen stellenweise klaffen; da es doch bei Meusel
heißt: „Ich sagte nicht zuviel, wenn ich behaupte, daß
der Name Holz-Mosaik für Arbeiten dieser Art noch zu
wenig ausdrücke, weil sie an Lebhaftigkeit und Wir-
kung jedes Mosaik übertrifft, von Fern und in der Nähe
das Aug des Kenners täuschet, und alle Spuren der Ein-
legung und Zusammensetzung, welches bei Mosaik-
arbeit unmöglich ist, auf das künstlichste verbirgt, und
sie gleichsam durch die Schmelzung der Teile, und der
sowohl natürlichen als geätzten Hölzer, ineinander,
gänzlich wegwischt.“ — In Zeichnung und Ausführung
sind die Unterschiede beider Exemplare nur gering.
Aber das Oldenburger hat vor dem Hamburger Stück
den großen Vorzug der Bezeichnung: in der Schatten-
fläche des Steines vorn steht, im Photogramm fast nicht
zu erkennen, am Werk selbst sehr deutlich: „1780. —
M. R.“

Die Bekanntgabe dieser doch recht beachtenswer-
ten Rummerarbeit war längst beabsichtigt. Nur hoffte
ich, noch einen abschließenden Fund hinzufügen zu
können. Dazu wäre ein Besuch in Koblenz erforder-
lich gewesen. Da ich diesen aber auch jetzt noch, wer
weiß auf wie lange, vertagen muß, mag die Vermutung
hier Platz finden, in der Hoffnung, daß rheinische Fach-
genossen, oder der hochgeschätzte Münchner Sonder-
kenner sie bestätigen: die Vermutung, daß auch der
„Ausruhende Jäger“ auf eine Zeichnung Januarius


Abb. 2. Michael Rummer, Ausruhender Jäger
Holzeinlegearbeit im Oldenburgischen Landesmuseum

Zicks zurückgeht. Von den schon erwähnten Zu-
sammenhängen abgesehen, sind es J. B. Schmids Notiz
in der Allgemeinen deutschen Biographie „Er wählte
auch hie und da Genreszenen als Stoff für seine Bilder,“
der die „Kartenspielenden Bauern“ der Darmstädter
Jahrhundertausstellung* 5 6) Bestätigung lieferten, und
Naglers ,;) Erwähnung von mit Weiß gehöhten Tusch-
zeichnungen Zicks, die an für Intarsiaverarbeitung ge-
eignete Vorbilder denken lassen.7)
B) Qeorg Biermann, Deutsches Barock und Rokoko, Lpz. 1914,
Bd. 2, Abb. auf S. 435.
6) Nagler, Ktinstlerlexikon, XXII, S. 270.
7) A. Feulner, Die Zick, Miinchen 1920, S. 102 vermutet, daß
Zick sogar Möbelentwürfe fiir Roentgen geliefert habe.

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