in formaler Hinsicht aber sind die gtößeren Tierreliefs
in den oberen und unteren Mittelfeldern der Seitenpor-
tale, wo Adler und Schwan, Rinozeros und Hirsch, Stier
und Kuh, Widder und Geisbock, jedes zwischen zwei
heiligen Männern in kleinen Nischen vor landschaft-
lichem Hintergrund verbildlicht sind. Es fehlen die er-
klärenden Inschriften, warum grade sie hier zur Erschei-
nung kommen. Der Dickhäuter dürfte einer antiken
Darstellung nachgebildet sein; vielleicht derselben, die
Dürer für seinen Holzschnitt von 1515 (B. 136) zur Ver-
fügung stand. Denn das Nashorn ist in römischer Kai-
serzeit mehr als einmal nach dem lebenden Modell ver-
biidlicht worden 7), während dem florentinischen Bildner
und dem deutschen Maler solch Modell nicht zur Ver-
fügung stand. Aber auch für die anderen Typen, be-
sonders den springenden Geisbock ist eine An-
regung durch klassische Werke anzunehmen. Der Mei-
ster dieser größeren Tierreliefs, wie etlicher cartelli ist
urkundlich genannt. Es ist der m. W. sonst unbekannte
Angiolo Scalani, der auch für mehrere der Rankenfriese
Bezahlung erhielt. Er hat aber keins der größeren figür-
lichen Reliefs geschaffen, und dürfte ihren Verfertigerm
den Francavilla, Mola, Tacca und Caccini als Künstler
nicht gleichgeachtet gewesen sein. Auch kein Bericht
rühmt ihn als Tierbildner, doch möchte man solch Spe-
zialistentum im Schülerkreis des Gian Bologna aus sei-
ner Betätigung in Pisa schließen.
Als erster scheint Gian Bologna selbst antike Tier-
gruppen nachgebildet, solche monumentalen Marmor-
werke als Bronze-Reduktionen umgeschaffen zu haben;
so den Löwen, der den Stier besiegt, und einen andern,
der ein Pferd zerfleischts). Auch sein schreitender
Löwe, das schreitende und das steigende Pferd mögen
in Nachahmung des Altertums entstanden sein °). Noch
Jahrzehnete hindurch haben dann Antonio und Frances-
7) Vergl. Otto Keller, Die antike Tierwelt Bd. I.
8) Baldinucci (Notizie, ed. Ciassici X S. 462—63) spricht in der
Vita Susini vom Pferd mit Löwen, und vom Stier mit Tiger.
9) Daneben kommt bei Riccio — freilich nur in einem Exem-
plar, häufig dann in dem Umkreis Bolognas das Rassepferd des
Ciuquecento vor.
Abb. 4. Padua, nacii 1500. Campe. Slg. Qeheimr. Samon
Abb. 3. Riccio, Türklopfer
Vormals Sammlung Graf F. Pourtales
co Susini, die Erben der Bologna-Werkstatt, nach den
vorhandenen Modellen immer neue Bronzegüsse herge-
stellt. Hieraus erklärt sich das häufige Vorkommen vie-
ler Bologna-Kompositionen10), besonders der zwei
größeren Tiergruppen nnd der unter sich verschiedenen
Pferde-Darstellungen der florentinischen Spätrenais-
sance.
Urtypen des schreitenden Gauls sind des Meisters
monumentale Reiterfiguren in der Arnostadt, sowie
seine Modelle im dortigen Museo Nazionale und in der
Lichtenstein-Sammlung zu Wien “). Das letztgenannte
trägt die Signatur des Mcisters und ist abgesehen von
kleinen Mängeln, so der schematischen Modellierung am
rechten Vorderbein, so ausgezeichnet in der Ober-
flächenbehandlung, daß es, auch ohne die Künstler-In-
schrift als früher Guß erscheinen würde. Aufs nächste
verwandt ist ihm der schreitende Hengst der Sammlung
Fischer-Mendelssohn (Abb. 2). Es ist ein edles Tier von
guter Proportion, und die sorgfältige Modellierung
kommt ebenso wirkungsvoll in der reichen Mähne, wie
in der spiegelnden Glätte des Körpers zur Erscheinung.
Zwei andere springende Pferde in gleichem Besitz, so-
wie ähnliche im Berliner Museum (Nr. ii 170/71) dürften
dagegen der nächsten Generation angehören. Denn
neben der guten Tradition der Scbule offenbart sicli hier
in flatternden Mähnen und kühnerer Kontur des Schwei-
fes der auf reichste dekorative Wirkung bedachte Ge-
schmack des Barock. Im Gegensatz dazu ist das ein-
ze'ne steigende Pferd dieser Sammlung strenger. Eine
antike Vorlage mag die Form mitbestimmt haben 12).
Als ältester Mittelpunkt der Tierbildnerei gilt aber
mit Recht von jeher Padua und Venedig. Dort hat man
am frühesten Fabelwesen und naturalistische Genrefigu-
ren von Tieren als selbstständige Bildwerke geschaffen.
10) Die frühen und späten Güsse dieser Werkstatt sind zum
ersten Male von E. I'ietze-Conrat (,,Die Bronzen der fiirstlich Lich-
tensteinschen Kunstsammlung“ im Jahrbuch der Zentral-Kommis-
sion fiir Denkmalpflege XI, Wien 1917) unterschieden und da-
bei auf die hier noch ungeiösten Fragen aufmerksam gemacht
worden.
1J) Abb. bei Tietze-Conrat a. a. O. S. 7.
12) Abb. der springenden Pferde bei Bode: Die italien. Bronze-
statuetten der Renaissance III Taf 202, Wiederholung des schreiten-
den in Wien u. a. 0. Vergl. Planiscig a. a. O. Nr. 237.
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in den oberen und unteren Mittelfeldern der Seitenpor-
tale, wo Adler und Schwan, Rinozeros und Hirsch, Stier
und Kuh, Widder und Geisbock, jedes zwischen zwei
heiligen Männern in kleinen Nischen vor landschaft-
lichem Hintergrund verbildlicht sind. Es fehlen die er-
klärenden Inschriften, warum grade sie hier zur Erschei-
nung kommen. Der Dickhäuter dürfte einer antiken
Darstellung nachgebildet sein; vielleicht derselben, die
Dürer für seinen Holzschnitt von 1515 (B. 136) zur Ver-
fügung stand. Denn das Nashorn ist in römischer Kai-
serzeit mehr als einmal nach dem lebenden Modell ver-
biidlicht worden 7), während dem florentinischen Bildner
und dem deutschen Maler solch Modell nicht zur Ver-
fügung stand. Aber auch für die anderen Typen, be-
sonders den springenden Geisbock ist eine An-
regung durch klassische Werke anzunehmen. Der Mei-
ster dieser größeren Tierreliefs, wie etlicher cartelli ist
urkundlich genannt. Es ist der m. W. sonst unbekannte
Angiolo Scalani, der auch für mehrere der Rankenfriese
Bezahlung erhielt. Er hat aber keins der größeren figür-
lichen Reliefs geschaffen, und dürfte ihren Verfertigerm
den Francavilla, Mola, Tacca und Caccini als Künstler
nicht gleichgeachtet gewesen sein. Auch kein Bericht
rühmt ihn als Tierbildner, doch möchte man solch Spe-
zialistentum im Schülerkreis des Gian Bologna aus sei-
ner Betätigung in Pisa schließen.
Als erster scheint Gian Bologna selbst antike Tier-
gruppen nachgebildet, solche monumentalen Marmor-
werke als Bronze-Reduktionen umgeschaffen zu haben;
so den Löwen, der den Stier besiegt, und einen andern,
der ein Pferd zerfleischts). Auch sein schreitender
Löwe, das schreitende und das steigende Pferd mögen
in Nachahmung des Altertums entstanden sein °). Noch
Jahrzehnete hindurch haben dann Antonio und Frances-
7) Vergl. Otto Keller, Die antike Tierwelt Bd. I.
8) Baldinucci (Notizie, ed. Ciassici X S. 462—63) spricht in der
Vita Susini vom Pferd mit Löwen, und vom Stier mit Tiger.
9) Daneben kommt bei Riccio — freilich nur in einem Exem-
plar, häufig dann in dem Umkreis Bolognas das Rassepferd des
Ciuquecento vor.
Abb. 4. Padua, nacii 1500. Campe. Slg. Qeheimr. Samon
Abb. 3. Riccio, Türklopfer
Vormals Sammlung Graf F. Pourtales
co Susini, die Erben der Bologna-Werkstatt, nach den
vorhandenen Modellen immer neue Bronzegüsse herge-
stellt. Hieraus erklärt sich das häufige Vorkommen vie-
ler Bologna-Kompositionen10), besonders der zwei
größeren Tiergruppen nnd der unter sich verschiedenen
Pferde-Darstellungen der florentinischen Spätrenais-
sance.
Urtypen des schreitenden Gauls sind des Meisters
monumentale Reiterfiguren in der Arnostadt, sowie
seine Modelle im dortigen Museo Nazionale und in der
Lichtenstein-Sammlung zu Wien “). Das letztgenannte
trägt die Signatur des Mcisters und ist abgesehen von
kleinen Mängeln, so der schematischen Modellierung am
rechten Vorderbein, so ausgezeichnet in der Ober-
flächenbehandlung, daß es, auch ohne die Künstler-In-
schrift als früher Guß erscheinen würde. Aufs nächste
verwandt ist ihm der schreitende Hengst der Sammlung
Fischer-Mendelssohn (Abb. 2). Es ist ein edles Tier von
guter Proportion, und die sorgfältige Modellierung
kommt ebenso wirkungsvoll in der reichen Mähne, wie
in der spiegelnden Glätte des Körpers zur Erscheinung.
Zwei andere springende Pferde in gleichem Besitz, so-
wie ähnliche im Berliner Museum (Nr. ii 170/71) dürften
dagegen der nächsten Generation angehören. Denn
neben der guten Tradition der Scbule offenbart sicli hier
in flatternden Mähnen und kühnerer Kontur des Schwei-
fes der auf reichste dekorative Wirkung bedachte Ge-
schmack des Barock. Im Gegensatz dazu ist das ein-
ze'ne steigende Pferd dieser Sammlung strenger. Eine
antike Vorlage mag die Form mitbestimmt haben 12).
Als ältester Mittelpunkt der Tierbildnerei gilt aber
mit Recht von jeher Padua und Venedig. Dort hat man
am frühesten Fabelwesen und naturalistische Genrefigu-
ren von Tieren als selbstständige Bildwerke geschaffen.
10) Die frühen und späten Güsse dieser Werkstatt sind zum
ersten Male von E. I'ietze-Conrat (,,Die Bronzen der fiirstlich Lich-
tensteinschen Kunstsammlung“ im Jahrbuch der Zentral-Kommis-
sion fiir Denkmalpflege XI, Wien 1917) unterschieden und da-
bei auf die hier noch ungeiösten Fragen aufmerksam gemacht
worden.
1J) Abb. bei Tietze-Conrat a. a. O. S. 7.
12) Abb. der springenden Pferde bei Bode: Die italien. Bronze-
statuetten der Renaissance III Taf 202, Wiederholung des schreiten-
den in Wien u. a. 0. Vergl. Planiscig a. a. O. Nr. 237.
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