Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 6./​7.1924/​25

DOI Heft:
1./2. Januarheft
DOI Heft:
1./2. Maiheft
DOI Heft:
Werbung
DOI Artikel:
Martin, Wilhelm: Russische Kunstschätze, [3]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0342

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
lerischen Entwicklung könne dadurch beeinträchtigt
werden.
Die Regierung hat, wie bereits gesagt, eine ganze
Anzahl Petersburger Sammlungen nationalisiert. Einige
derselben hat sie in ihrem alten Milieu gelassen und
als Staatsmuseen dem Publikum geöffnet und einem
sachverständigen Beamten der Eremitage die Ver-
waltung übertragen. Die bedeutendsten unter den-
selben sind die Sammlungen Youssoupoff und Stroga-
noff. Die erstere befindet sich im Palast Yonssoupoff,
der durch die Ermordung Rasputins besonders bekannt

Gegenüber ebenfalls ein riesiges Bild von der gleichen
Hand. Beides sind gute Werkstatt-Arbeiten. Die Di-
mensionen werden erst deutlich, wenn man sie mit dem
darunter stehenden holländischen Porzellanschränk-
chen aus dem 18. Jahrhundert vergleicht. Rechts an der
Wand hängt ein besonders schönes Portrait einer
Venetianerin aus dem 16. Jahrhundert, von Palma. In
dem angrenzenden Saal hängen ein sehr kräftiges in
Rembrandts Art gemaltes Bild mit einem Leierkasten-
spieler; ein großer Eeckhout: Jakob und Rahel verneh-
men die Kunde von Josefs Verschwinden; zwei schöne
Interieurs von Pieter de Hooch; eine entziickende


Abb. 3. Innenraum der Sammlung Yussupoff, Leningrad

geworden ist. Der frühere Besitzer, der jetzt im Aus-
land wohnt, hat die beiden bedeutendsten Bilder aus
seinem Besitz mitgenommen. Es sind die prächtigen
Porträts eines Ehepaares, von Rembrandt gemalt.
Unsere Leser werden sich erinnern, daß Fürst Youssou-
poff diese Kunstwerke an Herrn Widener in Philadel-
phia verkaufte und jetzt wegen der mit dem Verkauf
verbundenen Bedingungen mit ihm im Prozeß liegt.
Trotz der fehlenden beiden Rembrandts ist der
russische Staat durch die einfache Inbesitznahme die-
ser Sammlung um ein Museum von großer Bedeutung,
das außer Gemälden noch viele andere Kunstwerke
umfaßt, reicher geworden.
Von einem der großen Gemäldesäle geben wir eine
Abbildung (Abb. 3), es ist der, in welchem in der Mitte
ein riesenhaftes Bild von Tiepolo (1726—1804) hängt,
das den Empfang des Antonius von Kleopatra darstellt.

Mondscheinlandschaft von Teniers und noch vieles
andere.
Die zweite dieser großen, jetzt nationalisierten
Privatsammlungen, die des Fürsten Stroganoff in dem
bekannten Palast gleichen Namens aus dem 18. Jahr-
hundert am Newski-Prosepekt, ist ebenfalls in gutem
Zustand und hat ihr altes Ansehen behaiten. Leider ist
ein Kunstwerk verschwunden: seit einigen Jahren ver-
mißt man das Brustbild von Ludovico Gonzaga, welches
dem Donatello zugeschrieben wurde. Dies ist der
einzige Fall von Museumsdiebstahl, der vorgekommen
ist. Man ist jetzt sehr auf der Hut: Posten mit ge-
ladenem Gewehr bewachen in den Städten die Museen
des Nachts von außen, und die Paläste in der Umge-
bung von Leningrad (Pawlowsk, Gatschina etc.) sind
auch über Tag von bewaffneten Schildwachen gegen
plötzlichen Ueberfall gesichert.

300
 
Annotationen