Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 6./7.1924/25
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https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0343
DOI issue:
1./2. Januarheft
DOI issue:1./2. Maiheft
DOI issue:Werbung
DOI article:Martin, Wilhelm: Russische Kunstschätze, [3]
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Von den Gemäldesälen der Sammlung Stroganoff
können wir, ebenso wie von der Sammlung Youssou-
poff, eine bis jetzt noch niclit bekannte Abbildung ver-
öffentlichen (Abb. 4). Man sieht, wie sorgfältig alles
arrangiert ist. Auch die Gemälde an den Wänden be-
finden sich in gutem Zustand. Unter ihnen ist ein
stimmungsvolles Kircheninterieur von Emanuel de
Witte, ein Männerbildnis von van Dyck, ein sehr schöner
Simon de Vlieger, eine höchst eindrucksvolle Madonna
im Privatbesitz wird von seiten der Regierung regi-
striert und darf nicht ins Ausland verkauft werden. Bei
einem Verkauf im Lande selbst muß der Narne des
neuen Besitzers beim Reichsbureau für Denkmalpfiege
gemeldet werden. Wie diese Maßregel wirkt ist mir
nicht bekannt, aber gewiß ist, daß es momentan nicht
viele Privatsammlungen in Rußland gibt. Die bedeu-
tendste konnte ich leider nicht besuchen: sie war nicht
zugänglich, weil der Besitzer im Gefängnis saß.
Abb. 4
Innenraum
der Sammlung
Stroganoff
Leningrad
von Bronzino; und auch Tintoretto und Claude Lorrain
sind in besonders schönen Werken vertreten. Dann
findet man viele schöne griechische und römische
Bildhauwerke, eine große Bibliothek und noch andere
kleinere Sammlungen, so z. B. die in einem der Vor-
zimmer ausgestellte Sammlung von italienischen Denk-
münzen, Münzen und Medaillen aus dem 15. Jahrhun-
dert, das eine Stück noch schöner und seltener als das
andere.
Es gibt in Leningrad no.ch einzelne Privatsammlun-
gen, die nicht nationalisiert worden sind. Seit einiger
Zeit ist es nämlich wieder erlaubt, eine eigene Samm-
lung zu besitzen, aber jedes Kunstwerk von Bedeutung
Außer den genannten Kunstmuseeen ist noch das
„Russische Museum“ in Leningrad von Bedeutung. Die
Sammlungen in dem riesenhaften Gebäude (auch die
weltberühmte, von Kondakoff gestiftete Ikonensamm-
lung, die sich durcli eine äußerst geschmackvolle Auf-
stellung auszeichnet, befindet sich darunter) wurden
im Jahre 1922 ganz neu arrangiert. Besonders über die
russische Portraitkunst aus früheren Jahrhunderten
kann man hier Studien machen. In einem großen Saal
z. B. befinden sich ausschließlich Werke von Lewitzki,
dem großen russischen Maler des 18. Jahrhunderts.
Auch Borovikovsky, den man den russischen Lawrence
nennen könnte, hat einen großen Saal für sich. Von
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können wir, ebenso wie von der Sammlung Youssou-
poff, eine bis jetzt noch niclit bekannte Abbildung ver-
öffentlichen (Abb. 4). Man sieht, wie sorgfältig alles
arrangiert ist. Auch die Gemälde an den Wänden be-
finden sich in gutem Zustand. Unter ihnen ist ein
stimmungsvolles Kircheninterieur von Emanuel de
Witte, ein Männerbildnis von van Dyck, ein sehr schöner
Simon de Vlieger, eine höchst eindrucksvolle Madonna
im Privatbesitz wird von seiten der Regierung regi-
striert und darf nicht ins Ausland verkauft werden. Bei
einem Verkauf im Lande selbst muß der Narne des
neuen Besitzers beim Reichsbureau für Denkmalpfiege
gemeldet werden. Wie diese Maßregel wirkt ist mir
nicht bekannt, aber gewiß ist, daß es momentan nicht
viele Privatsammlungen in Rußland gibt. Die bedeu-
tendste konnte ich leider nicht besuchen: sie war nicht
zugänglich, weil der Besitzer im Gefängnis saß.
Abb. 4
Innenraum
der Sammlung
Stroganoff
Leningrad
von Bronzino; und auch Tintoretto und Claude Lorrain
sind in besonders schönen Werken vertreten. Dann
findet man viele schöne griechische und römische
Bildhauwerke, eine große Bibliothek und noch andere
kleinere Sammlungen, so z. B. die in einem der Vor-
zimmer ausgestellte Sammlung von italienischen Denk-
münzen, Münzen und Medaillen aus dem 15. Jahrhun-
dert, das eine Stück noch schöner und seltener als das
andere.
Es gibt in Leningrad no.ch einzelne Privatsammlun-
gen, die nicht nationalisiert worden sind. Seit einiger
Zeit ist es nämlich wieder erlaubt, eine eigene Samm-
lung zu besitzen, aber jedes Kunstwerk von Bedeutung
Außer den genannten Kunstmuseeen ist noch das
„Russische Museum“ in Leningrad von Bedeutung. Die
Sammlungen in dem riesenhaften Gebäude (auch die
weltberühmte, von Kondakoff gestiftete Ikonensamm-
lung, die sich durcli eine äußerst geschmackvolle Auf-
stellung auszeichnet, befindet sich darunter) wurden
im Jahre 1922 ganz neu arrangiert. Besonders über die
russische Portraitkunst aus früheren Jahrhunderten
kann man hier Studien machen. In einem großen Saal
z. B. befinden sich ausschließlich Werke von Lewitzki,
dem großen russischen Maler des 18. Jahrhunderts.
Auch Borovikovsky, den man den russischen Lawrence
nennen könnte, hat einen großen Saal für sich. Von
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