numentalen Tierstiicke. Mit wahrem Feuereifer hat er
sich aucli ersichtlich auf diese Aufgaben gestürzt, ob-
gleich sie ihm sicherlich teilweise dem Gegenstande
nach bisher völlig fern lagen. Ihre Durchführung war
darum fiir ihn auch nicht gleich leicht. Was Kirchner
sein Vorgänger und Mitarbeiter auf diesem Gebiete ge-
schaffen, war völlig ungenügend ausgefallen. So
plumpe, glatte, steife und unwahre, ja vielfach fast ko-
misch wirkende Tiere konnten für ihn noch keine Vor-
bilder darstellen. Mit dessen großplastischem Porzellan-
stil, dessen Tierwiedergaben, war noch nichts anzufan-
gen. So mußte Kändler nach beiden Richtungen hin
Kändler aber war damit nicht nur ein voller Beherr-
scher des Porzellans und ein echter Porzellanplasitker
geworden: er war nun zugleich auch ein großer Tier-
gestalter, vor dessen Schöpfungen noch heute alle
Künstler bewundernd stehen. Ja er war, was die Kunst-
geschichte bisher noch garnicht beachtet, noch weit
mehr: er war der zeitlich erste wirkliche Spezialist auf
diesem Gebiete, der erste große Tiergestalter wieder
seit der Antike geworden. Denn vor ihm hatten seit
jener Zeit Tierdarstellungen und ganz besonders so
große doch nur Gelegenheitsarbeiten dargestellt, die
stets vereinzelt blieben. Eine wirkliche umfassende
Porzellanmodeil des Reiterdenkmals Augusts III., 1/53 von Kändler angefertigt. Dresden, Porzellansammlung
sein eigener Lelirer werden. Ganz leicht ist freilich auch
ihm dies nicht gleich geworden. Dazu waren die Auf-
gaben zu schwer. So sind auch seine ersten Tier-
schöpfungen nicht gerade seine besten geworden. Auch
sie fielen noch etwas steif und leer aus wenn auch weit
besser, als die seines Vorgängers. Aber dann entstan-
den sogleich seine großen Meisterwerke auf diesem Ge-
biete, die Reiher, die Pfauen, der große Papagei, der
Kronengeier, der Kasuar, das größte Stück dieser Art,
das er geschaffen, der sitzende Bologneserhund, die Zie-
gen und viele andere mehr, die alle heute in der Dres-
dner Porzellansammlung so beredtes Zeugnis von dem
Können Kändlers auf diesem Gebiete ablegen. Sie sind
alle mit feinster Naturbeobachtung durchgeführt, dabei
voller Lebcn und Lebendigkeit und auch vortrefflich
dem Wcsen des Porzellans mit seiner die Formen ver-
schleiernden Cdasur und seinen Reflexlichtern angepaßt.
Tierplasitk hatte es so nocli nicht wieder gegeben.
Und so holte er, wenn auch nur in Porzellan, damals
nach, was in der Malerei schon ein Jahrhundert vorher
die Holländer vollbracht hatten. Zu bedenken ist frei-
lich, daß er dies zunächst nicht aus ganz eigenem An-
triebe tat. Es ist das große Interesse, das König August
der Starke für Tiere besaß, D gewesen, daß ihn zu
solchen Arbeiten trieb. Diesen so eigenartigen Mo-
narchen, in dem sich so viel Unerfreulich.es mit so viei
Gutem verband, werden wir daher, im Grunde ge-
nommen, als den eigentlichen Begründer der neueren
Tierplastik begrüßen müssen und Kändler war dem-
J) Ueber dieses Interesse des Königs fiir 1 icrc und dessen
Zusammenhang mit dcr Meißner Tierplastik siehe meinen Aufsatz
„Dic Meißner Tiergroßplastik“ in den Mitteilungen a. d. sächs.
Kunstsammlungen 13d. VI.
304
sich aucli ersichtlich auf diese Aufgaben gestürzt, ob-
gleich sie ihm sicherlich teilweise dem Gegenstande
nach bisher völlig fern lagen. Ihre Durchführung war
darum fiir ihn auch nicht gleich leicht. Was Kirchner
sein Vorgänger und Mitarbeiter auf diesem Gebiete ge-
schaffen, war völlig ungenügend ausgefallen. So
plumpe, glatte, steife und unwahre, ja vielfach fast ko-
misch wirkende Tiere konnten für ihn noch keine Vor-
bilder darstellen. Mit dessen großplastischem Porzellan-
stil, dessen Tierwiedergaben, war noch nichts anzufan-
gen. So mußte Kändler nach beiden Richtungen hin
Kändler aber war damit nicht nur ein voller Beherr-
scher des Porzellans und ein echter Porzellanplasitker
geworden: er war nun zugleich auch ein großer Tier-
gestalter, vor dessen Schöpfungen noch heute alle
Künstler bewundernd stehen. Ja er war, was die Kunst-
geschichte bisher noch garnicht beachtet, noch weit
mehr: er war der zeitlich erste wirkliche Spezialist auf
diesem Gebiete, der erste große Tiergestalter wieder
seit der Antike geworden. Denn vor ihm hatten seit
jener Zeit Tierdarstellungen und ganz besonders so
große doch nur Gelegenheitsarbeiten dargestellt, die
stets vereinzelt blieben. Eine wirkliche umfassende
Porzellanmodeil des Reiterdenkmals Augusts III., 1/53 von Kändler angefertigt. Dresden, Porzellansammlung
sein eigener Lelirer werden. Ganz leicht ist freilich auch
ihm dies nicht gleich geworden. Dazu waren die Auf-
gaben zu schwer. So sind auch seine ersten Tier-
schöpfungen nicht gerade seine besten geworden. Auch
sie fielen noch etwas steif und leer aus wenn auch weit
besser, als die seines Vorgängers. Aber dann entstan-
den sogleich seine großen Meisterwerke auf diesem Ge-
biete, die Reiher, die Pfauen, der große Papagei, der
Kronengeier, der Kasuar, das größte Stück dieser Art,
das er geschaffen, der sitzende Bologneserhund, die Zie-
gen und viele andere mehr, die alle heute in der Dres-
dner Porzellansammlung so beredtes Zeugnis von dem
Können Kändlers auf diesem Gebiete ablegen. Sie sind
alle mit feinster Naturbeobachtung durchgeführt, dabei
voller Lebcn und Lebendigkeit und auch vortrefflich
dem Wcsen des Porzellans mit seiner die Formen ver-
schleiernden Cdasur und seinen Reflexlichtern angepaßt.
Tierplasitk hatte es so nocli nicht wieder gegeben.
Und so holte er, wenn auch nur in Porzellan, damals
nach, was in der Malerei schon ein Jahrhundert vorher
die Holländer vollbracht hatten. Zu bedenken ist frei-
lich, daß er dies zunächst nicht aus ganz eigenem An-
triebe tat. Es ist das große Interesse, das König August
der Starke für Tiere besaß, D gewesen, daß ihn zu
solchen Arbeiten trieb. Diesen so eigenartigen Mo-
narchen, in dem sich so viel Unerfreulich.es mit so viei
Gutem verband, werden wir daher, im Grunde ge-
nommen, als den eigentlichen Begründer der neueren
Tierplastik begrüßen müssen und Kändler war dem-
J) Ueber dieses Interesse des Königs fiir 1 icrc und dessen
Zusammenhang mit dcr Meißner Tierplastik siehe meinen Aufsatz
„Dic Meißner Tiergroßplastik“ in den Mitteilungen a. d. sächs.
Kunstsammlungen 13d. VI.
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