Das Grabmal des Freiherrn Alexander von Miltitz zu Naustadt
bei Meißen, Arbeit Kändlers vor 1739
solches Werk zustande bringen, dem leider anscheinend
kein weiteres dieser Art wieder folgen sollte. Es ge-
nügt aber schon, um Kändler auch auf diesem Gebiete
als einen der Besten seiner Zeit hinzustellen.2)
2) Von diesen beiden Denkmälern ist das erstere abgebildet
bei Sponsel, Kabinettstiicke der Meißner Porzellanmanufaktur
neben S. 81, das zweite im Aufsatz von Joh. Schöne, das Miltitz-
sche Grabdenkmal von Kändler in der Kirche zu Neustadt (Mitt.
a. d. sächs. Kunstsammlungen Bd. VI). Dagegen kann das sehr
bedeutende, bei Sponsel (neben S. 80) in Abbildung wiedergege-
bene und gleichfalls vor ihm Kändler zugeschriebene Grabdenkmal,
wie aucli Prof. Herrmann, Direktor der Dresdener Skulpturen-
sammlung, der Ansicht ist, Kändler nicht angehören. Es zeigt ent-
gegen der Behauptung Sponsels einen ganz anderen Stil und eine
völlig verschiedene Behandlung aller Einzelheiten. Und auch
seine Ansicht, daß kein andercr Meister dainals in Meißen gewe-
sen wäre, der ein solches Werk hätte schaffen können, besagt
nichts, da der Urheber desselben ja gar kein Mcißner Kiinstler
gewesen sein braucht. Uebrigens ist interessant zu beobachten,
wie manche Einzelheiten beide oben genannten Werke mit Känd-
lers gleichzeitigen Arbeiten in Porzellan verbindet. So iiber-
Dann aber wurde Kändler für weit über zehn Jahre
fast ausschließlich der Kleinplastiker und Gestalter von
Gefäßen, als welchen wir ihn jetzt alle kennen. Wir
wissen nicht, ob ihm, deni zum Großplastiker Ausgebi!-
deten diese Kleintätigkeit für so lange Zeit wirklich
innerlich behagt hat. Doch keine Klage von ihm ist dar-
über laut geworden, daß dies nicht der Fall gewesen
Auch widmete er sich auch diesen Aufgaben mit einem
Eifer und einer Unermüdlichkeit, daß ein Mißfallen an
ihnen, das Gefühl eines äußeren Zwanges bei ihm kaum
anzunehmen. Daß er aber daneben sich doch nach
wieder Größerem, nach wirklich monumentalen Wer-
ken gesehnt hat, das zeigt mit vollster Deutlichkeit sein
ganzes Verhalten, als ihm die erste großere Aufgäbe
wieder zufiel, ja die größte, die ihm überhaupt gestellt
worden ist, die zugleich auch mit die bedeutendste war.
die damals einem Plastiker zuteil werden konnte: das
für König August III. in Dresden ganz aus Porzellan zu
errichtende Reiterdenkmal. Wir wissen nicht, wer auf
diesen Gedanken damals zuerst gekommen, ob Graf
Brühl, der allmächtige Minister des Königs, um sich bei
diesem einzuschmeicheln oder Kändler, weil er wieder
nach etwas Großem verlangte. Nicht unwahrscheinlich
jedocli, daß, da es das Porzellan war, dem eine solche
Riesenaufgabe zugemutet ward, es auch nur der ge-
wesen, der dieses damals völlig zu beherrschen glaubte.
Und dann hat auch Kändler sich wieder in einer Weise
an diese Aufgabe gemacht, die nur zu deutliche Licht-
blicke auf sein inneres Sehnen wirft. Nicht groß, nicht
reich genug konnte es trotz der gewaltigen technischen
Schwierigkeiten, die es machen mußte, ausfallen, ja
reicher als je ein solches Denkmal irgendwo ausgeführt
worden oder vielleicht auch nur geplant worden war.
Die technischen Schwierigkeiten glaubte er, obwohl alle
Arkanisten der Manufaktur ganz anderer Meinung wa-
ren, mit Leichtigkeit überwinden zu können. Und aucii
sein eigenes Geld setzte er zu, als die zur Ausführung
erforderlichen Mittel nicht gleich eingingen, wie er auch
einen Teil seiner Wohnung hergab, um die bereits fer-
tigen Werkstücke unterzubringen. Das läßt wohl recht
tiefe Blicke in seine Seele tun.
Ob wirklich ein solches Porzellanwerk zur Vollen-
dung kommen konnte, läßt sich wohl auch heute nicht
sagen. Seine Nichtausführung erfolgte bekanntlich zu-
nächst nur aus äußeren Gründen, durch den sieben-
jährigen Krieg, der alle Verhältnisse in Sachsen völlig
über den Haufen warf. Und übrig geblieben ist so nur
das im Jahre 1753 angefertigte kleine Modell in Por-
zellan der Dresdner Sammlung, sowie daueben der
mächtige, in Originalgröße gehaltene, gleichfalls dort
befindliche Kopf des Königs aus schwach gebrannter,
unglasierter Porzellanmasse. Das vollständig durchge-
führte Modell des ganzen Denkmals, das er bereits 1755
zieht bei dem zuerst genannten den Sarkophag eine Weinranke,
wie sie sicli ganz ähnlich auch auf gleichzeitigen Porzellanarbei-
ten von ihm findet, und sind die Flügel des Saturn genau so durch-
modelliert, wie die tnancher seiner großen Vögel. Bei letzterem
aber ist die oben erwähnte Engelsglorie der der bekanntcn Gruppe
des Opfertodes des Franz Xaver in der Dresdener Sammlung mehr
als verwandt.
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