voliendet hatte, jedoch verfiei, um schiießlich nach
Kändlers Tode, da es nicht mehr transportfähig er-
schien, vernichtet zu werden. Und so ist es Kändler
mit diesem Werk kaum besser ergangen, als Lionardo
mit seinem Reiterdenkmal. Doch aber insofern, als
wir von dem seinigen heute weit mehr besitzen, als von
dein des großen Florentiners. Was er gewollt und was
er auf diesem Gebiete gekonnt, ist darum für uns heute
weit leichter zu beurteilen.
Unzweifelhaft wäre dies Denkmal, wenn ausge-
führt, nicht nur das figurenreichste Reiterdenkmal ge-
worden, das jemals errichtet worden ist. Allein zwei
große Reliefs und fünfzehn große und kleine Figuren
sollten es zieren. Es wäre aucli unzweifelhaft eines der
schönsten geworden, die das Barock geschaffen. Schon
die Reiterfigur auf dem sich bäumendem Pferde war
eine der abgewogensten und abgeschlossensten, die es
aus dieser Zeit gibt (Abb. 2). Man vergleicht sie nur mit
den so ins Leere sprengenden Figuren des Reiterdenk-
mals König August des Starken in Dresden-Neustadt
oder des Denkmals Peters des Großen in St. Petersburg!
Und wundervoll rhythmisch hätte sich auch, wie das
kleine Modell der Dresdner Sammlung beweist, der
reiche Figurenkranz aufgebaut, der wieder in Bernini-
scher Weise das Denkmal auf allen Seiten umziehen
sollte. Der monumentale Kopf aber, der bisher noch
kaum gewürdigt, zeigt, welch ein Gestalter Kändler
war, wenn es galt, wirklich Großes, Monumentales zu
schaffen (Abb. 3). Es liegt eine Wucht in seiner Hal-
tung, eine Kraft in dem Blick, eine Größe in Stirn, Haa-
ren und Kinn, wie sie nur ein ganz Großer zu geben ver-
mag. Und manche haben, darum auch mit Recht vor
ihm an Schlüter gedacht, an den Kopf seines Haupt-
werkes in Berlm, als den allein mit ihm aus dieser Zeit
zu vergleichenden. Und dabei war Kändlers Aufgabe
bei weitem schwieriger, als jenes. Der weichliche, be-
queme, wohlbeleibte König war alles andere, als ein
, großer Kurfürst“. Auch seine Physiognomie dalier
alles andere, als groß oder gar monumental. Fast alle
Teile mußten so größer und wuchtiger gestaltet werden,
vor allem die Stirne, die Augen, das Kinn und die Haare.
und doch blieb das Bildnis ähnlich, als König August III.
sofort erkennbar. Nur ein Barockkünstler ist wohl zu
einer solchen Tat fähig gewesen. Nur ein solcher ver-
mochte zu steigern, wo es eigentlich nicht allzuviel zu
steigern gab. D i e Ku n s t g e s c h i c h t e a b e r
s o 111 e n u n e n d 1 i c h a n d i e s e m W e r k e , a n
d i e s e m K o p f e , n i c h t 1 ä n g e r v o r ü b e r
g e h e n. Sie sollte ihn endlich einreihen in das
Kapitel der deutschen Kunst des 18. Jahrhunderts, als
eins der bedeutendsten Werke, die damals entstanden
sind und auf die unsere Kunst stolz sein kann, und dabei
wohl bedauern, daß niclit auch das ganze Werk,
auch wenn es nur aus Porzellan bestehen sollte, zur
Ausführung gelangt ist. Man dürfte dies diesem Künst-
ler schuldig ist, der wirklich einer der größten seiner
Zeit gewesen.
Kändlers Leben und Wirken ist so aber wohl von
einer gewissen Tragik durchzogen gewesen. Und ein
wenig tragisch hat es dann auch geendigt. Stark ent-
täuscht durch den Ausgang des Werks, das das Flaupt-
werk seines Lebens werden sollte, dabei anscheinend
verschuldet durch die Auslagen für dasselbe, die ihm nie
ganz zurückerstattet wurden, ist er mißmutig und lau-
nisch geworden und vielleicht auch ein wenig gewinn-
süchtig. So ist er am 18. Mai 1775 gestorben, anschei-
nend bis znletzt arbeitend mit derselben Unermüd-
lichkeit, die er sein ganzes Leben gezeigt hatte, geelirt
von allen, die seine Verdienste kannten und ausgezeich-
net durcli eine bald nacli seinem Tode erscheinende
Lebensbeschreibung, der einzigen, die einem Porzellan-
kiinstler dieser Zeit wohl zuteil geworden. Dann aber
geriet sein Name i. d. T. inuner melir in Vergessenheit,
um erst in unserer Zeit wieder zu neuem Leben zu er-
waclien, doch leider noch nicht in dem Umfange, wie er
es dank seiner großen Begabung und seiner nicht min-
der großen Werke verdiente.
Schongauer
Die Kreuztragung
Ausstellung
bei
Amsler und Ruthardt
Berlin
307
Kändlers Tode, da es nicht mehr transportfähig er-
schien, vernichtet zu werden. Und so ist es Kändler
mit diesem Werk kaum besser ergangen, als Lionardo
mit seinem Reiterdenkmal. Doch aber insofern, als
wir von dem seinigen heute weit mehr besitzen, als von
dein des großen Florentiners. Was er gewollt und was
er auf diesem Gebiete gekonnt, ist darum für uns heute
weit leichter zu beurteilen.
Unzweifelhaft wäre dies Denkmal, wenn ausge-
führt, nicht nur das figurenreichste Reiterdenkmal ge-
worden, das jemals errichtet worden ist. Allein zwei
große Reliefs und fünfzehn große und kleine Figuren
sollten es zieren. Es wäre aucli unzweifelhaft eines der
schönsten geworden, die das Barock geschaffen. Schon
die Reiterfigur auf dem sich bäumendem Pferde war
eine der abgewogensten und abgeschlossensten, die es
aus dieser Zeit gibt (Abb. 2). Man vergleicht sie nur mit
den so ins Leere sprengenden Figuren des Reiterdenk-
mals König August des Starken in Dresden-Neustadt
oder des Denkmals Peters des Großen in St. Petersburg!
Und wundervoll rhythmisch hätte sich auch, wie das
kleine Modell der Dresdner Sammlung beweist, der
reiche Figurenkranz aufgebaut, der wieder in Bernini-
scher Weise das Denkmal auf allen Seiten umziehen
sollte. Der monumentale Kopf aber, der bisher noch
kaum gewürdigt, zeigt, welch ein Gestalter Kändler
war, wenn es galt, wirklich Großes, Monumentales zu
schaffen (Abb. 3). Es liegt eine Wucht in seiner Hal-
tung, eine Kraft in dem Blick, eine Größe in Stirn, Haa-
ren und Kinn, wie sie nur ein ganz Großer zu geben ver-
mag. Und manche haben, darum auch mit Recht vor
ihm an Schlüter gedacht, an den Kopf seines Haupt-
werkes in Berlm, als den allein mit ihm aus dieser Zeit
zu vergleichenden. Und dabei war Kändlers Aufgabe
bei weitem schwieriger, als jenes. Der weichliche, be-
queme, wohlbeleibte König war alles andere, als ein
, großer Kurfürst“. Auch seine Physiognomie dalier
alles andere, als groß oder gar monumental. Fast alle
Teile mußten so größer und wuchtiger gestaltet werden,
vor allem die Stirne, die Augen, das Kinn und die Haare.
und doch blieb das Bildnis ähnlich, als König August III.
sofort erkennbar. Nur ein Barockkünstler ist wohl zu
einer solchen Tat fähig gewesen. Nur ein solcher ver-
mochte zu steigern, wo es eigentlich nicht allzuviel zu
steigern gab. D i e Ku n s t g e s c h i c h t e a b e r
s o 111 e n u n e n d 1 i c h a n d i e s e m W e r k e , a n
d i e s e m K o p f e , n i c h t 1 ä n g e r v o r ü b e r
g e h e n. Sie sollte ihn endlich einreihen in das
Kapitel der deutschen Kunst des 18. Jahrhunderts, als
eins der bedeutendsten Werke, die damals entstanden
sind und auf die unsere Kunst stolz sein kann, und dabei
wohl bedauern, daß niclit auch das ganze Werk,
auch wenn es nur aus Porzellan bestehen sollte, zur
Ausführung gelangt ist. Man dürfte dies diesem Künst-
ler schuldig ist, der wirklich einer der größten seiner
Zeit gewesen.
Kändlers Leben und Wirken ist so aber wohl von
einer gewissen Tragik durchzogen gewesen. Und ein
wenig tragisch hat es dann auch geendigt. Stark ent-
täuscht durch den Ausgang des Werks, das das Flaupt-
werk seines Lebens werden sollte, dabei anscheinend
verschuldet durch die Auslagen für dasselbe, die ihm nie
ganz zurückerstattet wurden, ist er mißmutig und lau-
nisch geworden und vielleicht auch ein wenig gewinn-
süchtig. So ist er am 18. Mai 1775 gestorben, anschei-
nend bis znletzt arbeitend mit derselben Unermüd-
lichkeit, die er sein ganzes Leben gezeigt hatte, geelirt
von allen, die seine Verdienste kannten und ausgezeich-
net durcli eine bald nacli seinem Tode erscheinende
Lebensbeschreibung, der einzigen, die einem Porzellan-
kiinstler dieser Zeit wohl zuteil geworden. Dann aber
geriet sein Name i. d. T. inuner melir in Vergessenheit,
um erst in unserer Zeit wieder zu neuem Leben zu er-
waclien, doch leider noch nicht in dem Umfange, wie er
es dank seiner großen Begabung und seiner nicht min-
der großen Werke verdiente.
Schongauer
Die Kreuztragung
Ausstellung
bei
Amsler und Ruthardt
Berlin
307