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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 6./​7.1924/​25

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1./2. Januarheft
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1./2. Juniheft
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Berling, Karl: Ein Meißner Watteauservice in Spanien
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https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0387

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Majest. die Königin Da. Maria Christina in Madrid
(Fig. 1). 12 Stück das 1867 gegründete Museo Arqueo-
lögico Nacional in Madrid, wohin sie zunächst leihweise,
von 1875 aber als Geschenk des Königs Alfons XII. in
deti dauernden Besitz gelangten.3) Es sind dies der
Spülnapf und die Milchkanne, dann zwei große (Fig. 3),
drei mittlere und zwei kleinere Schalen, zwei Licht-
putzschiffchen (Fig. 5) und ein Untersatz fiir zwei Tas-
sen (Fig. 4). Fünf Stücke, die sich früher im Besitze
des Grafen de Valencia de Don Juan befanden und, als
dieser bei Umgestaltung seiner reichen Sammlungen zu
dem „Instituto-Osma“ die ausländischen Porzellane ab-
stieß, von einer Vereinigung spanischer Sammler er-

auf den Bildhauer Kaendler, der seine Anschauungen
mehr und mehr in der Fabrik zur Geltung zu bringen
wußte, zurückgeführt werden. Sie zeigt die kräftigen
Formen des späteren Barockstils mit seinen bewegten
Konturen. Fast alle geraden Linien sind in kleine Teile
und Kreisstücke zerlegt, schwingen aus und ein. In
der Grundform ist selten noch etwas rund gestaltet,
sondern er der verschiedensten Art „zackigst“ aufge-
teilt. Zu einer solchen überreichen Formengebung trat
eine Bemalung von erstaunlich starker Wirkung hinzu.
Außer den in der Bestellung verlangten goldenen Rän-
dern waren auch größere Flächen init Gold bedeckt,
zu denen die in grüner Farbe gemalten Watteau-Szenen


Fig. 1. Anbietschale. H. 3,5, Durchm. 21 : 14,8 I. M. die Königin Maria Christina, Madrid

worben wurden. Es waren dies eine Schokoladentasse
mit Unterschale, ein großes und zwei etwas kleinere
Hohlgefäße und eine Zuckerdose von ganz geringen
Ausmessungen. Die letztere ist inzwischen in andere
Hände übergegangen, die übrigen Stücke sind leihweise
in dem genannten Museum ausgestellt.4) Ein Teller im
Besitze des Fräuleins Dufour-Ferronce in Leipzig und
eine Teedose in dem des Geheimrat von Klemperer in
Dresden.
Wenn dieser Bestand auch noch recht lückenhaft
ist, so vermag er uns doch einen Begriff zu geben von
der künstlerischen Höhe sowie vom Glanz und Reich-
tum, mit dem damals solche Bestellungen in Meißen
ausgeführt wurden. Ihre plastische Durchbildung muß

y) Quia Historica Drescriptiva des genannt. Museums S. 156 f.
4) Diese fünf Stticke sind beschrieben in einer kleinen Sonder-
schirft: Asociaciön Espanola de Coleccionistas, Piezas escogidas
de porcelana; Madrid 1919.

vortrefflich harmonierten. Dazu kommt, daß jedes
Stiick das vielfarbige Alliancewappen zeigt, ein Far-
benfleck, der ganz wesentlich zur Höhung der Gesamt-
wirkung beitrug. Mir will scheinen, daß sowohl diese
mit Schwarzgrau untermalte grüne Farbe („Watteau-
Grün“ als Unterlage für Kupfergrün) als auch die Male-
reien nach Stichen von Watteau Neuerungen waren,
die die Meißner Fabrik hier zum ersten Male in größe-
rem Maße angewandt hat.5) An der in Fig. 1 abgebilde-

5) Einige Watteauscenen auf aus den 20er Jahren des 18. Jahr-
hunderts stammenden Meißner Porezllan, die man früher wohl
einmal Höroldt zugeschrieben hat (Cicerone I S. 4 fg.), dürften
nicht auf Mcißner, sondern auf Augsburger Malerei zurückgehen
und zwar nach den neuesten Untersuchungen Pazaurek’s (Die
deutsch. Fayencen- und Porzellan-Hausmaler f S. 126 f Anm. 4).
auf Aufenwerth. — Ich habe in den Meißener Akten keinen Flinweis
auf eine friihere Verwendung von Watteaustichen gefunden. Auch
in dem Verzeichnis von 1731, zu dcm sämtliche Meißener Maler
mit Angabe ihres Sonderfaches aufgeführt sind, kommt ein „Wat-

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