Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 6./7.1924/25
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https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0390
DOI Heft:
1./2. Januarheft
DOI Heft:1./2. Juniheft
DOI Artikel:Berling, Karl: Ein Meißner Watteauservice in Spanien
DOI Artikel:Martin, Wilhelm: Russische Kunstschätze, [4]
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wie auch diese griine Farbe zum erstenmal angewandt
wurden, längere Zeit in Anspruch genommen hat. So
mag vielleicht 1740 herangekommen sein, ehe es abge-
liefert werden konnte. Das ist aber das Jahr, in dem
sich für Meißen zum ersten Male ausgesprochene Roko-
koformen nachweisen lassen.8) Damit würde sich nicht
nur die zunächst befremdende Form des Lichtputzschiff-
chens zwanglos erklären, sondern das griingoldene
Watteauservice und auch eines der ersten Beispiele fiir
eine solche Formänderung bieten.
8) Berling, Das Meißner Porzellan, 1900. S. 85.
Rufdfebe Kunfflcbäbe
üon
LIX plavtin ^ den fiaag
(Schluß *)
^ ehr merkwiirdig, fiir den Touristen wohl die größte
^ Sehenswiirdigkeit von Gatschina sind seine histori-
schen Gemächer. In dem im Jahre 1781 vollendeten
Palas.t wohnten hintereinander die Zaren Paul I.
(1796—1801), Nikolaus I. (1825—1855), Alexander II.
(1853—1881) und Alexander III. (1881—1894). Jeder
der Fiirsten hatte einen anderen Teil des Palastes inne
und ließ die von seinem Vorgänger bewolmten Gemä-
cher unbenutzt. Im Lauf der Jahre war ein Teil der
Möbel aus den Zimmern in die Möbeldepots gebracht
worden, aber die Konservatoren Zouhoff und Makaroff,
beides tiichtige Fachleute, haben alles wieder trefflich
in Qrdnung gebracht. Zouhoff katalogisierte die zahl-
reichen Kunstwerke und Makaroff, der sein Nachfolger
*) Siehe „Der Kunstwanderer“ Mcärz-, April- und Mai-Doppel-
heft 1925.
wurde und dem noch lieute Gatschina untersteht, hat
an der Hand der alten Inventare eine genaue historische
Reorganisation vorgenommen.
So lernt man bei der Wanderung die Gemächer des
einfachen Paul I., seine Vorliebe fiir Heinrich IV. von
Frankreich kennen, man sielit den Nimrod Alexander II.
in all’ seinen Liebhabereien und Leidenschaften. Am
eindruckvollsten ist das Interieur Alexanders III., das
aussieht, als ob er es eben verlassen habe. Die Stiick-
chen Bleistift, mit denen er seine Notizen machte, lie-
gen nocli auf dem Schreibtisch und iiberall ist es voll
von Familienbildern, von denen uns natiirlich besonders
diejenigen Photographien interessieren, die ihn selbst,
seine Gemahlin, eine dänische Prinzessin und ihre
Schwester Alexandra, die wir als die Witwe Eduards
VII. kennen, darstellen. Merkwiirdig ist, daß hier
ebenso wie in Tsarskoje Selo, iiberhaupt kein Eßzirn-
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wurden, längere Zeit in Anspruch genommen hat. So
mag vielleicht 1740 herangekommen sein, ehe es abge-
liefert werden konnte. Das ist aber das Jahr, in dem
sich für Meißen zum ersten Male ausgesprochene Roko-
koformen nachweisen lassen.8) Damit würde sich nicht
nur die zunächst befremdende Form des Lichtputzschiff-
chens zwanglos erklären, sondern das griingoldene
Watteauservice und auch eines der ersten Beispiele fiir
eine solche Formänderung bieten.
8) Berling, Das Meißner Porzellan, 1900. S. 85.
Rufdfebe Kunfflcbäbe
üon
LIX plavtin ^ den fiaag
(Schluß *)
^ ehr merkwiirdig, fiir den Touristen wohl die größte
^ Sehenswiirdigkeit von Gatschina sind seine histori-
schen Gemächer. In dem im Jahre 1781 vollendeten
Palas.t wohnten hintereinander die Zaren Paul I.
(1796—1801), Nikolaus I. (1825—1855), Alexander II.
(1853—1881) und Alexander III. (1881—1894). Jeder
der Fiirsten hatte einen anderen Teil des Palastes inne
und ließ die von seinem Vorgänger bewolmten Gemä-
cher unbenutzt. Im Lauf der Jahre war ein Teil der
Möbel aus den Zimmern in die Möbeldepots gebracht
worden, aber die Konservatoren Zouhoff und Makaroff,
beides tiichtige Fachleute, haben alles wieder trefflich
in Qrdnung gebracht. Zouhoff katalogisierte die zahl-
reichen Kunstwerke und Makaroff, der sein Nachfolger
*) Siehe „Der Kunstwanderer“ Mcärz-, April- und Mai-Doppel-
heft 1925.
wurde und dem noch lieute Gatschina untersteht, hat
an der Hand der alten Inventare eine genaue historische
Reorganisation vorgenommen.
So lernt man bei der Wanderung die Gemächer des
einfachen Paul I., seine Vorliebe fiir Heinrich IV. von
Frankreich kennen, man sielit den Nimrod Alexander II.
in all’ seinen Liebhabereien und Leidenschaften. Am
eindruckvollsten ist das Interieur Alexanders III., das
aussieht, als ob er es eben verlassen habe. Die Stiick-
chen Bleistift, mit denen er seine Notizen machte, lie-
gen nocli auf dem Schreibtisch und iiberall ist es voll
von Familienbildern, von denen uns natiirlich besonders
diejenigen Photographien interessieren, die ihn selbst,
seine Gemahlin, eine dänische Prinzessin und ihre
Schwester Alexandra, die wir als die Witwe Eduards
VII. kennen, darstellen. Merkwiirdig ist, daß hier
ebenso wie in Tsarskoje Selo, iiberhaupt kein Eßzirn-
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