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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 6./​7.1924/​25

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1./2. Januarheft
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1./2. Juliheft
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Rave, Paul Ortwin: Neuerwerbungen der National-Galerie, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0440

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Abb. 3. C. D. Friedrich Werkstatt, Eichbaum im Schnee.

fügte er sich nun, so gut er konnte, der herrschenden
Ansicht und malte einige heitere italienische Land-
schaften, mit welchen er aber wenig iiber die Vedute
hinauskam. Seine schönsten Bilder wären späterhin
stets Stimmungsbilder ganz eigentümlicher hochpoe-
tischer Art. Man könnte ihn den Lenau unter den Ma-
lern nennen . . .“ und ferner erzählt Richter von einer
Tuschzeichnung' Oehmes, die er 1824 in Rom bei ihm
sah: „ein altes Scliloß mit hohen Renaissance-Giebeln,
das aus entlaubteu alten Eichen hervorschaute und
eine Reihe festlich erleuchteter Fenster zeigte“. Viel-
leich.t hatte Oehme damals in Rom schon jenes Schar-
fenberger Scliioß vorgeschwebt, das er dann drei Jahre
später als Oelhild ausfiihrte. Sicher war dies unweit
von Dresden gelegene Schloß ihm von Jugend auf ver-
traut. Es war in den Jah.ren von J812—25 der Wolm-
sitz des Dichters und Komponisten Oarl Borrotnäus von
Miltitz. der es als Mittelpunkt eines das damalige Kunst-
leben anregenden ünd fördernden Kreises berülnnt ge-
macht hatte. Unsere Ansicht zeigt von dem in schlich-
tem Barock aufgeführten Gebäude die Süd-West-Seite
mit dem einen vorspringenden runden Eckturm, so wie
das Schloß heute noch unweit der Eibe (unten rechts am
Bildrand sichtbar) auf kleiner Anhöhe liegt. Die unter
fablem Wolkenhimmel liegende Ebene und die trostlos
entlaubten sturmzerzausten Bäume, das ungewisse

Licht- und Schatten-Spiel des Mondes, die erleuchteten
Schloßfenster und der heransprengende J2eiter vorn
bieten ein treffliclies Beispiel jener von Ludwig Rich-
ter gekennzeichneten stimmungsmäßig aufgemachten
Landschafts-Malerei Oehmes, die etwas literarisch an
Aeußerlichkeiten haftend sicli auf den Spuren C. I).
Friedrichs bewegt.
Bedeutender ist das andere, zwei Jahre später ent-
standene Oehmesche Gemälde, ,,das Wetterhorn“, aus
dem Besitz des sächsischen Hofes, ein sehr grcßes BiLl
und wohl das Hauptwerk des Künstlers (Abb. 7).. Wenn
man bei Ludwig Richter liest, wie sehr Ocbme von
Stimmungen abhängig war und innerlich beunruhigt
fortwährend mit seiner Arbeit sich quälte, ja Nachts aus
dem Bett aufstand, um eine verzweifelt schlimme Stelle
immer von neuem zu überarbeiten, so ist rnau verwun-
dert über die ausgewogene Klarheit und sicnere Festig-
keit dieser großen Alpenlandschaft. Vom Vordergrund
mit seinen in treuer Sacblichkeit gegebenen Geröll-
blöcken und Gebirgskräutern des Wiesentals über die
naturnah und liebevoll nachgespürten Erdbildungen des
welligen baumbestandenen Mittelgrundes hin bis zu den
in reinstes Himmelsblau strebenden vereisten Fels-
klötzen ist alles von einer taghellen Deutiichkeir der
Form und iichtvollen Bestimmtheit des Aufbaus. clie für
den Maler nächtlicher Stimmungsbilder höchst über-
raschend ist.
Zum Schluß seien noch., um dem hier behandelten
Kreis von Neuerwerbungen Vollständigkeit zu geben.


Abb. 4. Carl Gustav Carus, Pilger in einem Felstal

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