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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 6./​7.1924/​25

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1./2. Januarheft
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1./2. Augustheft
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Donath, Adolph: Lovis Corinth und die deutsche Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0472

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Corinth, Selbstbildnis in der Sonne, 1924

vergleichlich zu fassen wußte, ebenso wie die „Blumen-
stücke“, die er in den Qärten erschaut hat und die zwi-
schen seinen Fingern aufglühten in wilder Pracht. Und
dazu kamen alle die Bildnisse, die der schon gelähmte
Corinth in seinen letzten Jahren gemalt hat, alle die
Selbstbildnisse, deren malerische Qeistigkeit einmal den
Kunsthistorikern die Augen öffnen wird.
Die große Corinth-Ausstellung der Berliner Natio-
nalgalerie gab den klarsten Ueberblick über die künstle-
rische Entwicklung des großen Malers und seine in die
Zukunft weisende Stellung in der deutschen Kunst. Als
ich damals, im Sommer 1923, die Ausstellung verließ,
kam gerade Lovis Corinth mit seiner Frau an. „Wie
ist denn die Ausstellung?“ fragte er (denn er war selten
mit sich zufrieden). „Prachtvoll“, sagte ich. Worauf
er scherzhaft erwiderte: „Voll Pracht“ ... Ja, wirklich
voll Pracht, voll überwältigender Pracht.
Dieser Ostpreuße Lovis Corinth, dieser Riese, den
selbst schwere Erkrankung körperlich nicht brechen
konnte — und geistig hob sie ihn wundersam empor -
ging wie ein S y m b o 1 durch die hastende und tastende
Welt. Er kämpfte, wie es Meister Ury, sein jüngerer
Kollege an dieser Stelle vor zwei Jahren aussprach, um
„die göttliche, reine, ewig befreiende Kunst“. Alles
Außerliche lag ihm fern. Er hatte eine Ehrlichkeit, die
staunen machte, einen Lebenshumor, der begeisterte, ein
Lachen, das erwärmte. Und hatte ein Fierz für die
Künstler. Niemals kannte er Neid und immer suchte er
die „Jungen“ zu stützen, die mit ihm die Wege der Kunst
wanderten. Man rechnete es ihm hoch an, als er Ury,

der Jahrzehnte lang gedrückt und unterdrückt war, ein-
lud, in der Sezession auszustellen, und als er ihn, der
sich niemals um äußere Ehren bewarb, vor vier Jahren
— Ury wurde 1921 sechzig Jahre alt — zum Ehrenmit-
glied dieser vorwärtsstrebenden Berliner Künstlerverei-
nigung machte. Das war ein Akt seltener Selbstlosigkeit.
Lovis Corinth ist schon in mehreren Büchern ge-
würdigt worden. 1913 schrieb über ihn Georg Bier-
m a n n , und zehn Jahre später erschien dieses Corinth-
Buch (bei Velhagen und Klasing) in zweiter Auflage.
1924 gab Arnold in Dresden Biermanns Buch über den
„Zeichner Lovis Corinth“ heraus, und in der nächsten
Zeit bringt der Propyläen-Verlag in Berlin eine ein-
gehende Darstellung des Lebenswerks von Corinth, die
Alfred K u h n verfaßte und die hoffentlich auch die
eigenartige Graphik des Meisters behandeln wird, mit
der sich auch schon unsere öffentlichen Kupferstichkabi-
nette seit Jahr und Tag intensiver beschäftigen. Corinth
ist überhaupt schon längst ein M a r k t w e r t. Und wie
stark er als Marktwert ist, beweist der Erfolg des Bildes
„Mars in der Schmiede des Vulkans“, das ich in meinem
Buche „Technik des Kunstsammelns“*) publiziert habe
und das, wie ich dort mitteile, während der unglückseli-
gen Inflationszeit für nicht weniger als 6000 richtige
Dollar nach Chemnitz verkauft werden konnte. Und bei
der überhaupt ersten Goldmark-Auktion, die Deutsch-
land gehabt hat, am 13. November 1923 bei Lempertz in

*) Verlag Richard Carl Schmidt & Co., Berlin 1925.


Corinth, Venns und Amor, 1915

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