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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 6./​7.1924/​25

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1./2. Januarheft
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1./2. Augustheft
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Baum, Julius: Der Mainzer Dom und seine Denkmäler
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Sauerlandt, Max: Eine Wachsfigur nach Meißener Modell: im Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0484

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Renaissancemeister clurch die Forschungen von Bruhns
in helles Licht gerückt sind, beclarf das 18. Jahrhundert
noch gründlicher Erforschung. Selbst cler Schöpfer des
hochbedeutenden Denkmals cles Kurfürsten Anselm
Franz (vgl. die Abbildung) ist noch unbekannt.

Abgesehen von der klaren und übersichtlichen Ein-
leitung, die aus reicher Fülie das wesentliche heraus-
greift, muß die Auswahl und die technisch voilendete
Wiedergabe der Abbildungen mit besonderem Danke
begrüßt werden.


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jas Hamburgische Museum erwarb vor einiger Zeit
ie Wachsfigur eines auf rokaillebelegtem Sockel
vor einem naturalistisch behandelten Baumstumpf
stehenden Jungen in elegantem Kostüm der 60er Jahre
cles XVIII. Jahrhunderts, der mit der Rechten einen sich
sträubenden Hahn gegen die Brust gedrückt hält. Die
Figur ist alt bemalt (Sockel grün mit rotgeränderten,
goldenen Rokaillen, die Hose blaugrau nrit schwarz-
goldenen Längsstreifen, Hutrosette und Schuhschleifen
rot; Hut, Jacke und Strümpfe sind, wie die Fleischteile,
unbemalt geblieben), nur die Saumvergoldungen sind
aufgefrischt oder später zugefügt.
Der erste Blick zeigt, daß die Form des Sockels und
der ganze Charakter des Modells den Meißner Figuren
der späten Kaendlerzeit entspricht, und in der Tat fin-
det sich die Figur bis in alle Details entsprechend unter
den Modellen der Meißener Manufaktur. Sie ist zu-
samt dem Qegenstück, einem Mädchen, das eine Henne
im Arm hält, in einem älteren „Warenverzeichnis“ der
Manufaktur abgebildet, eine alte Ausformung befindet
sich in der Sammlung des Herrn A. Salomon in Dresden,
nach der mit freundlicher Erlaubnis des Besitzers unsere
Abbildung 2 hergestellt ist. Nur der Sockel hat hier eine
etwas abweichende Form.
Interessant ist es, daß dieses Meißener Modell auch
in Capo di Monte nachgebildet ist; ein neues Dokument
für die Fernwirkung der Stammutter der deutschen
Manufakturen. Fine alte Ausformung mit dcm für die
unteritalienische Manufaktur so überaus bezeichnenden
Sockel mit eisenrot staffierten wurmförmigen Rokaillen

—- ein außerordentlich delikat bemaltes Stück: Hut,
Jacke, Hose und Schuhe sind hellgelb mit roten Auf-
schlägen und Schleifen — befindet sich im Victoria
& Albert Museum in London (Abb. 3, Bernard Rackham
danke ich fiir die freundliche Vermittlung der photo-
graphischen Vorlage). Es ist in Emil Hannover’s Kera-
misk Handboek II, S. 382, Abb. 591 wiedergegeben, ob-
gleich es sich doch nicht eben um ein für die plastische
Produktion von Capo di Monte charakteristisches Stück
handelt, sondern seine Entstehung dort unten so weit
von der Ileimat des Urmodells entfernt vielmehr nur
verwandtschaftliclien Beziehungen verdanken wird, die
die Höfe von Dresden und Neapel seit dem Jahre 1738
verband. Damals heiratete Karl III. von Neapel-Sizilien
August III. von Sachsen Tochter Maria Atnalie Wal-
purga, und mit dieser Hochzeit war der erste Anstoß zu
der bald darauf erfolgten Begründung der Porzellan-
manufaktur von Capo di Monte gegeben, aus der wieder
mit der Uebersiedlung Carls III. als König von Spanien
lm Jahre 1759 nach Madrid die spanische Manufaktur
von Buen Retiro unmittelbar erwachsen ist: so führt aucli
deren Stammbaum letzten Endes auf Meißen zurück.
*
Wie aber ist nun die Entstehung unserer Wachsfigur
zu erklären, die mitsamt dem Sockel ohne Zweifel aus
e i n e r Hohlform gegossen und nicht etwa aus Teil-
form-Gußstücken, wie die Porzellanfiguren aus Ausfor-
mungen von Teilformen, zusammengesetzt ist?
Hier ist der Ort, auf den erstaunlichen Fund liinzu-
weisen, den Mr. Frank Stoner vor nicht allzulanger Zeit

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