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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 6./​7.1924/​25

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1./2. Januarheft
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1./2. Augustheft
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Sauerlandt, Max: Eine Wachsfigur nach Meißener Modell: im Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0485

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in England gemacht hat. Er hat ihn selbst im Maiheft
1924 des „Connoisseur“ und ausführlicher dann in dem
aus Anlaß einer Ausstellung von Chelsea-Porzellanen
aus englischem Privatbesitz Juni 1924 von Reginald
Blunt herausgegebenen Buche: The Cheyne-Book of
Chelsea China and Pottery (London, Geoffrey Bles) ver-
öffentlicht, ohne jedoch sein Studium der Modelle selbst
schon zu Ende geführt zu haben. Mit Recht bezeichnet
Mr. Stoner seinen glücklichen Fund als „one oft the
rnost important discoveries in the ceramic world.“
Bei Gelegenheit eines Aufenthalts in der modernen
Porzellanmanufaktur des Mr. Copeland fand Eierr Sto-

Mr. Stoner erklärt seinen Fund als „master moulds“,
d. h. als Reservemodell-Ausgüsse der nach dem Ur-
modell hergestellte Teilformen, die das bei der Her-
stellung der ersten Teilformen verlorengehende Ur-
modell ersetzen und selbst wieder zur Herstellung neuer
Teilformen dienen sollten.
Haben wir nun vielleicht in unserer Wachsfigur ein
solches, durch glücklichen Zufall erhaltenes Zwischen-
Modell aus der Meißener Manufaktur zu erkennen, das
dann später, aber nocli im XVIII. Jahrhundert, kunst-
kammermäßig bunt aufstaffiert worden ist?
Wir wissen noch gar zu wenig über das Material


Der Junge mit dem Hahn
Abb. 1. Wachsfigur, alt, bemalt Abb. 2. Alte Ausformung des Abb. 3. Alte Ausformung des
Hamburg, Museum für Kunst Meißener Modells Meißener Modells in Porzellan

und Gewerbe Dresden, Pr
ner in einem Abstellraum der Fabrik, verstaubt und ver-
schmutzt bis zur Unkenntlichkeit, mehr als zehntausend
einzelne Bruchstücke von Wachsmodellen, dazu eine An-
zahl von Bleimodellen, die sich über verschiedene Zwi-
schenbesitzer auf den alten im Jahre 1849 verkauften
Modellbestand der Manufaktur von Derby, der Tochter-
manufaktur von Chelsea zuriickverfolgen ließen. Vor
Jahren war ein Teil der Modelle durch Achtlosigkeit
niedergeschmolzen, des Erhaltenen ist immer noch viel.
Mit unendlicher Mühe gelang es, Zusammengehöri-
ges wicder zusammenzufügen, und außer vielen der
Spätzeit von Derby zugehörigen Modellen auch eine
ganze Anzahl von Modcllen der Blütezeit von Chelsea
zurückzugewinnen. Neben Wachsmodellen fanden sicli
ebenso Modelle aus Blei, von Eiguren sowohl wie von
den entzückenden Elakonmodellen von Chelsea.

ivatbesitz von Capo di Monte. London,
Victoria and Albert-Museum
der Urmodelle der Porzellanfiguren des XVIII. Jahrhun-
derts in Deutschland — aber bis zu Mr. Stoner’s glück-
lichem Fund war auch von den master-moulds der eng-
lischen Manufaktur nichts bekannt.
Die Berechtigung scheint also gegeben, hier etwas
Aehnliches zu vermuten. Nur stimmen die Größenver-
hältnisse nicht zu der Annahme: die Wachsfigur ist klei-
ner als die Porzellanfigur, während das Verhältnis bei
dem stärkeren Schwindungsgrad des Porzellans umge-
kehrt sein sollte.
Immerhin scheint die Frage wichtig genug, um sie
hier zur Erörterung zu stellcn. Vielleicht lockt unserc
Veröffentlichung der Wachsfigur des Hamburgischen
Museums wenigstens noch andere ähnliche auf
Porzellanmodellen beruhende Wachsfiguren des XVIII.
Jahrhunderts aus ihrem Versteck hervor.

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