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Meder, Joseph
Die Handzeichnung: ihre Technik und Entwicklung — Wien, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.9755#0028
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2

Einführung.

Einschätzung höher als Dürer, der erste zeige die höchste Korrektheit, letzterer
sei steif und gequält!

Erst im 19. Jahrhundert trat die energische wissenschaftliche Wertung
der Meisterzeichnungen ein, indem man sie für die Entwicklung eines Künstlers
und seiner Werke heranzog. Passavant (Raffael), Woltmann (Holbein), Thau*
sing und Ephrussy (Dürer), Morelli und Franz Wickhoff, Hofstede de Groot
(Rembrandt) wirkten hier in aufsteigender Linie bahnbrechend.

Auch in den während der letzten Dezennien veranstalteten fleißigen Aus?
gaben von Monographien trat man dem Thema immer näher, indem man
manche Separatbehandlung über graphisch begabte Künstler «als Zeichner»
anschloß; dankbare Versuche, das zeichnerische Kunstschaffen im Zusammen«
hange zu würdigen.

Hieher gehören auch die beschreibenden Gesamtverzeichnisse erster
Meister, von denen jene älteren Datums, wie z. B. Raffaels, wegen der seiner*
zeit noch mangelnden Vergleichsmöglichkeit des ganzen Materials als verfrüht
betrachtet werden müssen. Selbst die neuester Zeit und mit kritischer Sonde
geführten Aufzählungen und Beschreibungen können nicht den Anspruch auf
eine lückenlose und einwandfreie Behandlung erheben, solange nicht die ganze
Materie in Reproduktionen der allgemeinen Nachprüfung zur Verfügung steht.

Zahllos sind Einzelaufsätze über zufällig aufgedeckte Beziehungen zwis
sehen Vorzeichnung und Gemälde. Als Bausteine erscheinen diese Notizen
gewiß wünschenswert, verlieren aber nur zu häufig den notwendigen Anschluß
an die Gesamtliteratur. Die allgemeinste und fruchtbarste Anregung bieten
die heute unaufhörlich aus dem reichen Born der Sammlungen fließenden
Publikationen faksimilierter Blätter. Leichter zugänglich als die Originale,
geschickte Vermittler des gegenseitigen geistigen Verkehres, fördern sie das Stu*
dium bei Künstlern und Historikern, schaffen Kenner und Freunde und er*
wecken neue Sammellust.

Aber so erfreulich und umfangreich auch heute das Reproduktionsmaterial
schon sein mag, es gewährt, weil meist nur eine Auswahl aus einer Samms
lung oder eines Meisters berücksichtigend, nur einen relativ bescheidenen Nutzen.
«Das Beste vom Besten» in loser Reihenfolge zu geben, verschafft Anregung
und Genuß, läßt den Spezialforscher manches Körnlein finden, vermag aber
das Studium nur einseitig zu fördern. Die einen weiteren Gesichtspunkt auf*
weisenden und auf breiter Basis aufgebauten Kollektivausgaben, ohne
Rücksicht auf Nation, Schule, Ort und Sammlung, tragen schon im vorhinein
den Keim frühen Abbrechens in sich, weil sie an den Opfersinn des Verlegers
wie der Abnehmer übergroße Anforderungen stellen, es sei denn, daß Staats
liehe Unterstützungen eingreifen1.

Erst durch die monumentalen Gesamtpublikationen einzelner Künstler,
wie z. B. von Raffael, Michelangelo, Dürer, Rembrandt, werden wir

'Als ich im Jahre 1896 mit grofkn Hoffnungen daran ging, eine Gesamtausgabe
aller in österreichsUngarn befindlichen Handzeichnungen in einer billigen und hand»
liehen Ausstattung ins Werk zu setzen, erfüllte mich die Erwartung, daß dieses Unter»
nehmen in ähnlicher Weise, oder vielleicht auch im Anschlüsse, von anderen Staaten
 
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