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Meder, Joseph
Die Handzeichnung: ihre Technik und Entwicklung — Wien, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.9755#0130
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Breitzeichnende Stifte.
Kohle.

Reißkohle, Holzkohle, Zeichenkohle - Carbone da disegnare (heute a carboncino) -
Charbon de fusain, Fusain — Buskool — Charcoal.

'Wenn die Erzählungen von dem Lydier Gyges, der am Feuer sitzend seinen Historisches.
Schatten an der Wand mit Kohle umzog, oder von Apelles, der vor den be*
wundernden Augen des Ptolomäus mit Kohle porträtierte1, auch nur legen*
darischen Charakter haben, auf das eine weisen sie hin, daß die zeichnerische
Verwendung gebrannten Holzes eine uralte war. Die hohe Entwicklung grie*
chischer Malerei wäre ohne ein so elementares und bequemes Zeichenmittel
direkt undenkbar. Und Wandkritzeleien in Pompeji bezeugen, daß ein Stück
Kohle von der Feuerstätte immer wieder mehr oder weniger geschickte Natur*
Zeichner hervorbrachte. Horatius gebraucht die Redensart «Proelia rubrica picta
auf carbone» (Sat. 2, 7, 98), oder er stellt Kohle mit weißer Kreide zur
Bezeichnung von etwas Unbedeutendem, leicht Tilgbarem zusammen: «sani ut
creta an carbone notandi». Die Bequemlichkeit, durch leichtes Wegwischen
und rasches Neuzeichnen das unentbehrliche Korrigieren zu erzielen, das stete
Zuhandensein des billigen Materiales — in jedem Hause gab es eine Feuer*
stätte für Holzkohlen — waren gewiß Ursache, daß die gewöhnliche Meiler*
kohle schon so früh zu dem wichtigsten Zeichenrequisit für jede Art von Ent*
würfen erhoben wurde.

Von Kohlenbrennern lernte man das Verfahren, handliche, stiftartige und den Krzeugung.
richtigen Härtegrad aufweisende Stängelkohle zu erzeugen. Nach Anweisungen
alter Malerbücher zu schließen, besorgten die Künstler diese Angelegenheit
selbst. Das Handbuch vom Berge Athos widmet ihrer Bereitung ein ganzes
Kapitel2 und ebenso geben Cennini, Baldinucci und viele andere genau
Bescheid3.

1 Plinius, Nat. hist. XXXV, 89. - Oder der Kallirrhoe, Tochter des Dibutades, eines
sikyonischen Töpfers, die den Schattenriß ihres scheidenden Geliebten an die Wand
zeichnete.

5 Das Handbuch der Malerei vom Berge Athos, übersetzt von Godeh. Schäfer, Trier
1855, S. 51, § 2. — Die zeitliche Richtigstellung dieses wichtigen Werkes bei H. Brockhaus,
Kunst in den Athosklöstern, Leipzig 1891 und bei J. v. Schlosser, Materialien zur Quellens
künde 1, 15.

3 Cennini, K. 33. - Baldinucci, Voc. 28.
 
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