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Meder, Joseph
Die Handzeichnung: ihre Technik und Entwicklung — Wien, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.9755#0173
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Breitzeichnende Stifte.

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auf. Merkwürdig erscheint die Bezeichnung ReißsKohlcn, die in dem bereits
angeführten Rezepte des Gautiersübersetzers vereinzelt vorkommt.

Schließlich sei noch auf die moderne Ausdrucksweise LenbachsTechnik
hingewiesen, welche durch die von Franz v. Lenbach auf grauen Kartons in
Pastellstiften mit dunklen Umrissen (braun oder schwarz) flott gezeichneten und
mit dem Finger gewischten Bildnisse in Mode kam (Ostwald, Malerbriefe, S. 17).

Bei den Niederländern begegnen uns die Pastelle (Kryons) nach der Niederlande.
Mitte des 16. Jahrhunderts. Einer der fleißigsten ist H. Goltzius, der sich
ihrer in den Achtzigerjahren und auf seiner italienischen Reise 1590—1591 auf
blauem Naturpapier bediente1. Auch ein Rezept wird durch Hoogstraeten
überliefert: «Pijpaerde, een weynich Gomwater, en met zoodanige enkelde of
vermengde verwen gekneet, plat gedmkt, en noch week, in Vierkante lange pennen
gesneeden, en gedroogt2.» Während Goltzius' Porträts noch in das Gebiet aus«
gesprochener Zeichnungen gehören, zeigen jene ein halbes Jahrhundert später
fallenden Produkte, wie die des Wallerant Vaillant, den Charakter fertiger
Pastelle. Christian lluygens schreibt 1645 von der Universität Leyden aus an
seinen Bruder Lodewijk im Haag, daß er jetzt mit trockenen Farben
(coloribus siccis, quod pingendi genus «doeselen» appellant) male, und zwar
kopiere er einen von Rembrandt in 01 gemalten Kopf3. Aus derselben Stelle
erfahren wir auch die Begeisterung für diese besonders in Amateurkreisen
wegen ihrer rasch erreichbaren Effekte geschätzten Zeichenweise: «Und wenn
du sehen würdest, was ich gestern damit gemacht habe, so würdest du das
spanische Blei (Graphit) nicht weiter gebrauchen.» Zu dieser Zeit ist nur mehr
vom Wischen (doeselen) und Malen die Rede, nicht mehr vom Zeichnen.

Auch später noch entstehen in England in Bartolozzis Atelier reizende Bartolozzi.
weihliche Halbfiguren oder Porträtstudien in Schwarzkreide mit leicht gewischten
Pastelltönen. In den Fleischpartien spielt der Rötel noch immer die Hauptrolle.
Ab und zu kommt auch der Pinsel mit einer pointierenden, leuchtenden Farbe
zu Hilfe. Für die bunten Farbstiche in Punktiermanier waren die mit Stiften
kolorierten Vorzeichnungen wie geschaffen.

'Teyckende hy (Goltzius) yet, de naeckten sonderlingh mosten met den cvyons hun
verwen hebben. Mander»Floerke II, 250.

2 Hoogstraeten, Inl., p. 32.

3 Hofstede de Groot: Die l'rkunden über Rembrandt, Haag 1906, p. 133. Der Ausdruck
«■doeselen-» bezeichnet wischen, verwischen.

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