Zeichenflächen.
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(en couleur de chair) ausschließlich für die Zeichner erzeugte, um ihnen das
«Halbtönemachen» und das Schattieren mit dem Wischer zu erleichtern, und die
man strenge von den getünchten und von den durch Enlumineurs besorgten
Papieren unterschied1.
Blaues Naturpapier.
Venezianer Papier — Carta azzurra, Carta turchina, heute Carta cerulea — Blaeuwe papieren
— Papier bleu.
Aus Vorschriften späterer Jahrhunderte läßt sich entnehmen, daß man die Entstehung,
durch minderwertiges Leimen entstehende Bräunung und Gilbung des Papiers
durch Zusatz von Farben (besonders Blau) zu umgehen suchte2. Und es
sieht nicht wie ein Zufall aus, daß uns in der Zeichenkunst unter den Natur«
papieren gerade das Blaue zuerst begegnet3. Aber auch andere Ursachen,
wie z. B. in Holland, wo man die verbrauchten blauen Leinenkittel der Schiffs«
leute direkt zur Papierfaser verwendete, haben daselbst die Entwicklung des
Blaupapiers gefördert4.
Mit Indigo oder Kobalt blau gefärbte Papiere kommen bereits in der aras
bischen Papiererzeugung vor und dem ausgedehnten venezianischen Handel wird
es zuzuschreiben sein, wenn in Venedig die Carta azzurra oder turchina5 zuerst
auftritt. Die ältesten zeichnerisch verwendeten Blätter weisen, nach deutlich
sichtbaren Wasserzeichen zu schließen, auf venezianische Erzeugnisse hin.
Früh belegt erscheint uns diese lichtblaue Sorte durch eine Zeichnung des Venedig.
Sebastiano Zuccato (Albertina, A. P. 393), ungefähr aus dem letzten Viertel
des Quattrocento. Früher dürfte die Verwendung kaum anzusetzen sein.
Eine weitere Zeichnung aus dem Bellini«Kreis: Madonnendraperie (Albertina,
A. P. 1146 und 1147), fällt ebenfalls noch um 1500. Das Blau war ziemlich
lichtempfindlich und verfärbte sich leicht, so daß es oft den Eindruck von
Blaugrau erweckt (Giov. Bellini, Männlicher Kopf, Uff. 595 oder Gaud. Ferrari)6.
1 Encyclop. Method. BeauxsA., Tome I, 461. — Descriptions, T. I, 82. Qui se peint ä la
brosse et qui depend de l'art des enlumineurs.
2 Quelques Papetiers mettent un peu de bleu d'Inde dans leur colle, pour corriger la
teinte jaunätre, quelle peut laisser au papier (Descriptions des Arts I, Papier, p. 63).
3 Ibidem. Aus derselben Quelle erfahren wir, daß sowohl Holländer, als auch Frans
zosen eine wohlverrührte Auflösung von Tournesol (= Lackmussaft = blauem Lack) oder
Indigo beimischten.
4 Encyclopedie meth. Arts et Metiers mechaniques V, p. 566.
5 Gardthausen, Das Buchwesen. S. 119. - Bresslau, Urkundenlehre, 1889, I, 892. - «Carta
tinta» mit der Bezeichnung Naturpapier gleichzusetzen, ist verwirrend, wie z. B. in neuen
ital. Beschreibungen, welche für Carta azzurra Carta tinta anführen.
6 Solche frühe Reste weisen bei oberflächlicher Betrachtung mitunter auch einen
grünlichen Ton auf und werden von vielen gewöhnlich auch so aufgefaßt und als
«grün grundiert» beschrieben. Diese Verfärbung erklärt sich damit, daß die Unbilden
der Zeit eine gelbliche, schmutzige Oberfläche erzeugten, welche mit der darunter befind»
liehen blauen Substanz sich verband und die Täuschung hervorrief. Man braucht nur
an einer Stelle etwas aufzukratzen, um die ursprüngliche blaue Farbe konstatieren zu
können. Eine ähnliche Erscheinung beobachtet man bei deutschen oder niederrheinischen
Olporträts mit ursprünglich blauem Hintergrund, der durch den gelb gewordenen Firnis
direkt grün wirkt und in Katalogen irrtümlich auch so bezeichnet wird.
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(en couleur de chair) ausschließlich für die Zeichner erzeugte, um ihnen das
«Halbtönemachen» und das Schattieren mit dem Wischer zu erleichtern, und die
man strenge von den getünchten und von den durch Enlumineurs besorgten
Papieren unterschied1.
Blaues Naturpapier.
Venezianer Papier — Carta azzurra, Carta turchina, heute Carta cerulea — Blaeuwe papieren
— Papier bleu.
Aus Vorschriften späterer Jahrhunderte läßt sich entnehmen, daß man die Entstehung,
durch minderwertiges Leimen entstehende Bräunung und Gilbung des Papiers
durch Zusatz von Farben (besonders Blau) zu umgehen suchte2. Und es
sieht nicht wie ein Zufall aus, daß uns in der Zeichenkunst unter den Natur«
papieren gerade das Blaue zuerst begegnet3. Aber auch andere Ursachen,
wie z. B. in Holland, wo man die verbrauchten blauen Leinenkittel der Schiffs«
leute direkt zur Papierfaser verwendete, haben daselbst die Entwicklung des
Blaupapiers gefördert4.
Mit Indigo oder Kobalt blau gefärbte Papiere kommen bereits in der aras
bischen Papiererzeugung vor und dem ausgedehnten venezianischen Handel wird
es zuzuschreiben sein, wenn in Venedig die Carta azzurra oder turchina5 zuerst
auftritt. Die ältesten zeichnerisch verwendeten Blätter weisen, nach deutlich
sichtbaren Wasserzeichen zu schließen, auf venezianische Erzeugnisse hin.
Früh belegt erscheint uns diese lichtblaue Sorte durch eine Zeichnung des Venedig.
Sebastiano Zuccato (Albertina, A. P. 393), ungefähr aus dem letzten Viertel
des Quattrocento. Früher dürfte die Verwendung kaum anzusetzen sein.
Eine weitere Zeichnung aus dem Bellini«Kreis: Madonnendraperie (Albertina,
A. P. 1146 und 1147), fällt ebenfalls noch um 1500. Das Blau war ziemlich
lichtempfindlich und verfärbte sich leicht, so daß es oft den Eindruck von
Blaugrau erweckt (Giov. Bellini, Männlicher Kopf, Uff. 595 oder Gaud. Ferrari)6.
1 Encyclop. Method. BeauxsA., Tome I, 461. — Descriptions, T. I, 82. Qui se peint ä la
brosse et qui depend de l'art des enlumineurs.
2 Quelques Papetiers mettent un peu de bleu d'Inde dans leur colle, pour corriger la
teinte jaunätre, quelle peut laisser au papier (Descriptions des Arts I, Papier, p. 63).
3 Ibidem. Aus derselben Quelle erfahren wir, daß sowohl Holländer, als auch Frans
zosen eine wohlverrührte Auflösung von Tournesol (= Lackmussaft = blauem Lack) oder
Indigo beimischten.
4 Encyclopedie meth. Arts et Metiers mechaniques V, p. 566.
5 Gardthausen, Das Buchwesen. S. 119. - Bresslau, Urkundenlehre, 1889, I, 892. - «Carta
tinta» mit der Bezeichnung Naturpapier gleichzusetzen, ist verwirrend, wie z. B. in neuen
ital. Beschreibungen, welche für Carta azzurra Carta tinta anführen.
6 Solche frühe Reste weisen bei oberflächlicher Betrachtung mitunter auch einen
grünlichen Ton auf und werden von vielen gewöhnlich auch so aufgefaßt und als
«grün grundiert» beschrieben. Diese Verfärbung erklärt sich damit, daß die Unbilden
der Zeit eine gelbliche, schmutzige Oberfläche erzeugten, welche mit der darunter befind»
liehen blauen Substanz sich verband und die Täuschung hervorrief. Man braucht nur
an einer Stelle etwas aufzukratzen, um die ursprüngliche blaue Farbe konstatieren zu
können. Eine ähnliche Erscheinung beobachtet man bei deutschen oder niederrheinischen
Olporträts mit ursprünglich blauem Hintergrund, der durch den gelb gewordenen Firnis
direkt grün wirkt und in Katalogen irrtümlich auch so bezeichnet wird.