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Meier-Graefe, Julius
Pyramide und Tempel: Notizen während einer Reise nach Ägypten, Palästina, Griechenland und Stambul — Berlin, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.27195#0430
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O L Y M P I A

entsprechend gebückt und schließlich liegend. Der Teufel
soll mit so einem Dreieck fertig werden. Für den anderen
Giebel war Ruhe vorgeschrieben, Zeus und verschiedene
Götter und Helden. Man hat sich wieder mit der Kompo-
sition nicht lange aufgehalten, stellte einfach die in Be-
tracht kommenden Persönlichkeiten gerade hin. Zeus als
Größter kam natürlich in die Mitte, und dann nach rechts
und links die anderen abnehmend, je nach Bedeutung.
Ohne die Pferde wäre es bedenklich geworden. Die Ge-
stalten präsentieren sich wie Schauspieler vor dem Vor-
hang, und Onomaos winkt: Nur herein, meine Herr-
schaften!

Sonderbare Mischung von Bauer und Akademiker. Sie
haben nicht aus sich selbst heraus geschaffen, sondern
nach Vorbildern in der Stadt, aber die Akademie ist zum
Glück mit ihrer Derbheit nicht fertig geworden. Man spürt
viele verschiedene Hände. Auch Talent war dabei. Man
merkt es am deutlichsten in ein paar knienden Gestalten.
Allen war der Marmor im Wege. Wenn man hätte kneten
oder aus dem weichen Porosstein der Vorfahren hätte
schneiden können, wäre vielleicht mehr Menschliches in
die Götter gelangt. Immer diese unglückliche Liebe für den
Marmor.

DieMetopenreste sind meist Bilderrätsel für Archäologen.
Die berühmte Atlasmetope hat die Einfalt für sich. So
stellen sich Kinder die Geschichte vor, und warum
sollte das Kindliche, das einem Claude, einem Corot zur
Gestaltung verhalf, in Olympia verwehrt sein? Nur müßte
es auch in der Form zum Vorschein kommen. Es bleibt
aber auf die Komposition beschränkt, und die Ausführung
in Stein übernimmt ein ausgewachsener Handwerker von
allzu akademischer Zucht.

Ein schönes Werk außerhalb der Reihe: die um meh-
rere Jahrzehnte spätere Nike des Paionios. Sie hat nicht
die Gewalt jener wogenden Nike auf dem Treppenpodest

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