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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0032

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1.5 Quellen und Aufbau

21

Hüte drapiert wurden.18 Kurfürstin Anna von Brandenburg schenkte ihrem Ehe-
mann Albrecht zu Neujahr 1475 offenbar eine solche Hutschnur. Sie schickte ihm
eine auf Gold aufgezogene Perlenschnur, die sie anscheinend eigenhändig angefer-
tigt hatte19 und die vermutlich als Verzierung für einen schwarzen Hut vorgesehen
war, denn einige Wochen später ließ sie Albrecht durch einen Boten einen schwar-
zen Hut, der gehört zu der schnür, überbringen.20 Über drei prächtige Hutschnüre
verfügte auch Markgraf Sigismund von Brandenburg, und zwar ein hudschnur mit
18 geschlagenen rosen vnd perlen, ein hudschnur mit kleinen rößlein vnd perlen bunden
sowie ein breiter gestickter gulden hudschnur.21
Da eine strikte Trennung von Kleidung und Schmuck kaum möglich ist, er-
scheint es, um ein höheres Maß an begrifflicher Klarheit zu erzielen, sinnvoll, zwi-
schen zwei Arten von Schmuck zu unterscheiden: Schmuck, der am Körper getra-
gen wurde (wie Halsketten, Ringe, Armbänder und Ohrringe), und Schmuck, der
an Kleidung getragen wurde (Gewandschmuck).22 Die vorliegende Arbeit verwen-
det die Bezeichnung >Schmuck<, soweit nicht anders angegeben, im Sinne von >Ge-
wandschmuck<. In der Lebenswelt der Reichsfürsten und -fürstinnen spielte diese
Differenzierung freilich keine Rolle. Pretiosen wurden je nach Bedarf als Schmuck
oder Gewandschmuck benutzt und konnten jederzeit umgearbeitet werden. An
Kleidung genähte oder gesteckte Geschmeide konnten mühelos abgetrennt oder
abgenommen und für einen anderen Zweck verwendet werden. Diese Praxis spie-
gelt sich indirekt etwa im Heiratsvertrag für Landgraf Wilhelm III. von Hessen und
Elisabeth, die Tochter Pfalzgraf Philipps bei Rhein. In den vereinbarten Erbrege-
lungen wurde festgelegt, daß die auf Elisabeths Gewändern angenähten Perlen
und Edelsteine als Kleinodien zu gelten hätten.23
Aufgrund ihres hohen materiellen Wertes war Kleidung im späten Mittelalter
nicht nur ein Konsumgut24, sondern auch bewegliches Kapital, das rasch veräußert
werden konnte.25 Dies machte sich offensichtlich ein größerer Teil des Hofgesindes
am Hof Maximilians I. in Mecheln zunutze und versetzte kurzerhand neben Klein-

18 Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung, 1992, S. 123.
19 In dem beigefügten Brief entschuldigte Anna die Verspätung des Neujahrsgeschenks folgen-
dermaßen: So waß zu Kolmburg der mint so scharbf der much beiß einb so übel, das ich und mein
helffer mit berlein und mit gold nit künden umbgen. Schreiben der Kurfürstin Anna von Branden-
burg an ihren Mann Albrecht von Brandenburg (23. Februar 1475). Deutsche Privatbriefe des
Mittelalters, hrsg. von Steinhausen, Bd. 1,1899, Nr. 191, S. 134.
20 Erklärend setzte sie hinzu: Ich het in ur lieb gern mit der schnür geschickt, do waß er nicht gemacht.
Schreiben der Kurfürstin Anna von Brandenburg an ihren Mann Albrecht von Brandenburg
(11. März 1475). Deutsche Privatbriefe des Mittelalters, hrsg. von Steinhausen, Bd. 1, 1899,
Nr. 196, S. 139 mit Anm. 2.
21 GhStA Berlin, BPH, Rep. 30 Via, fol. lv.
22 Vgl. Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung, 1992, S. 229. Zu beiden Arten
von Schmuck, allerdings ohne sie zu differenzieren, siehe Kühnei (Hrsg.), Alltag im Spätmit-
telalter, 1986, S. 294.
23 Regesten der Landgrafen von Hessen, bearb. von Demandt, Bd. 2.2,1990, Nr. 2548 (25. Novem-
ber 1492), S. 1010. Die Vermählung fand um den 16. Oktober 1498 in Frankfurt am Main statt.
Vgl. Europäische Stammtafeln, hrsg. von Schwennicke, Bd. 1.2,1999, Tafel 239.
24 Die Auffassung von Kleidung als Konsumgut liegt Selzer, Blau, 2010, zugrunde.
25 Kühnei (Hrsg.), Alltag im Spätmittelalter, 1986, S. 253. Dazu ausführlich nun auch Selzer, Blau,
2010.
 
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