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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0040

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2.1 Terminologie und Typologie

29

Röcke, sechs kurze Röcke, zwei weite Röcke und drei Unterröcke.54 Im Vergleich dazu
gestaltete sich der Gewandbestand Barbaras von Württemberg im Jahre 1491 we-
sentlich umfangreicher. Sie besaß etliche Schauben und Unterröcke, einige Hemden
und Röcke, vier lange Mäntel und ein Unterhemd. Dazu kamen mehrere Goller, von
denen einer zu einem Rock gehörte, zwei Schaubenröcke und lose Ärmel, ein Brust-
tuch, Borten, eine Haube und ein Hut.55 Herzogin Sophia von Jülich vermachte nach
ihrem Tod 1473 einige Tapperte.56
Wie für Fürstinnen gewähren auch für Fürsten einige wenige Beispiele einen
Einblick in die Bandbreite getragener Kleidungsstücke. In den Verzeichnissen der
sächsischen Hofschneiderei für das Jahr 1498 werden für Herzog Friedrich und sei-
nen Bruder Johann Röcke, Mäntel, Hussecken, Goller, Wämser, Hosen, Nesteln und Hüte
angeführt.57 Markgraf Kasimir von Brandenburg hinterließ bei seinem Tod 1527 ne-
ben Hosen, Wämsern, Mänteln und Kappen auch Röcke, Paltröcke und Leibröcke, ferner
Barette, Hüte, Seidenbinden und Schlappen.58 Im Besitz Eberhards VI. von Württem-
berg befanden sich im Jahre 1497 diverse Mäntel, Schauben und Hussecken, Wämser
und Hosen, Röcke, Leibröcke und ein Bruströcklein, ein Brusttuch, eine Joppe, mehrere
Hemden, darunter ein langes Hemd mit einem Goller und ein langes offenes Hemd, sowie
zehn Wamshemden, etliche Hauben, schließlich einige Hüte und Barette.59 Ein Schnei-
der hat im Auftrag Johanns Friedrich I. von Sachsen einen Brustlatz aus rotem
Scharlach genäht.60
In diesen kurzen Auszügen sind bereits die meisten der in den schriftlichen
Quellen angeführten Kleidungsstücke benannt.61 Um das Gewand-Panorama, wie
es sich in den untersuchten Rechnungen, Inventaren, Testamenten, Briefen und
Festbeschreibungen darstellt, zu vervollständigen, seien noch einige Ergänzungen
vor genommen. So kleideten sich Fürsten außerdem in Heuken, Kittel, Strümpfe und
genauso wie Fürstinnen in Tapperte, als Kopfbedeckung kam noch die Gugel hinzu.
Die Frauen trugen ihrerseits neben den bereits erwähnten Kleidungsstücken die
Hussecke und die Heuke sowie an Kopfbedeckungen auch das Barett und die Gugel,
ferner natürlich den Schleier.
All diese zeitgenössischen Bezeichnungen verraten zunächst einmal wenig
bzw. gar nichts über die Formen der sich dahinter verbergenden Kleidungsstücke
oder Kopfbedeckungen. Aufschluß darüber geben stattdessen die bildlichen Quel-
len62, die nicht nur zeigen, daß Männer- und Frauengewänder teilweise zwar mit
54 Siehe AK Stettin, I 2355, fol. 103r-103v.
55 Vgl. HStA Stuttgart, A 602 WR 380a, Bl. 16, Bl. 18-20.
56 Endrulat, Das Testament der Herzogin Sophia von Jülich, 1879, S. 101. Sophia, die Gemahlin
Gerhards VIII., starb am 9. November 1473. Vgl. Europäische Stammtafeln, hrsg. von Schwen-
nicke. Bd. XVIII, 1998, Tafel 29.
57 Vgl. ThHSt A Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. Bb 5911, fol. lr-7r.
58 Siehe GhStA Berlin, BPH, Rep. 41II K 2, fol. 2r-5v.
59 Vgl. HStA Stuttgart, A 602 WR 448, Bl. 18-22.
60 StA Coburg, LA A Nr. I960, fol. 14r.
61 Kleidungsstücke wie etwa Rock, Hose, Wams, Hemd und Mantel stellen elementare Bestand-
teile der (spät)mittelalterlichen Kleidung insgesamt dar. Sie wurden selbstredend nicht aus-
schließlich von Fürsten, sondern auch von anderen Bevölkerungsgruppen getragen. Aller-
dings bestanden zum Teil erhebliche Unterschiede hinsichtlich der verwendeten Materialien
und der schnitt-technischen Ausführung.
62 Zu Bildern als Quelle siehe oben S. 17.
 
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