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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0076

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2.1 Terminologie und Typologie

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dung ebenso wie diese der Mode. Ihrer doppelten Funktion als Schmuck und Kälte-
schutz gemäß wurden Pelze verschiedentlich in Gewändern verarbeitet. Zumeist
fanden sie Verwendung als Innenfutter, wobei für Kleidungsstücke, deren Obersei-
ten aus kostbaren Stoffen bestanden, auch wertvolle Pelzsorten als Gewandfutter
gewählt wurden. Gräfin Anna von Württemberg bekam etwa einen vnderbeltz von
ruckfehe, also offenbar ein (noch) nicht verarbeitetes, loses Pelzfutter aus dem gräuli-
chen Rückenfell des nordischen Eichhörnchens, mit in die Ehe.322 Gut zu sehen wa-
ren solche pelzernen Futter entweder bei Gewändern, die offen getragen wurden,
oder bei Kleidungsstücken, die mit langen Schlitzen versehen waren und infolge-
dessen vor allem bei Bewegungen aufschwangen. Auch wurde das Pelzfutter mit-
unter entlang der Gewandsäume umgeschlagen, so daß es an der Oberseite eines
Kleidungsstückes - am Halsausschnitt in Form eines Kragens, am unteren Ge-
wandsaum und an den Ärmeln als ringsum laufende Einfassung - hervortrat. So-
fern die Ärmel eines mit Pelz gefütterten Kleidungsstückes an den Handgelenken
weiter ausgeschnitten waren, wurde der Pelz zusätzlich in den Ärmeln sichtbar.
Eine bildliche Darstellung zeigt Eleonore von Portugal, die Gemahlin Kaiser Fried-
richs III., in einem derartigen Rock, dessen Futter aus Hermelinpelz bestand.323 Pel-
zerne Kragen und Gewandsäume mußten nicht zwangsläufig ein Teil des Futters
sein, sondern konnten ebenso gut gesondert an- oder aufgenäht werden. Pelzbesatz
schmückte zumeist die Rock-, Ärmel- und Dekolleté-Sâume.324 Sophia von Branden-
burg, die Tochter des polnischen Königs, die Friedrich den Älteren geheiratet hatte,
ist auf dem Stifterbild in der Klosterkirche Heilsbronn in einem rings um mit einem
schmalen Hermelinstreifen eingefaßten Rock zu sehen.325
Pelze wurden nicht nur als Gewandfutter, -kragen und -Verbrämungen ver-
wendet. Zuweilen bestanden die Oberseiten von Kleidungsstücken statt aus Stoff
ganz und gar aus Pelz. Für Herzog Johann Friedrich von Sachsen wurde etwa von
einem Schneider ein leipelz (Feibpelz) mitt ermelen angefertigt.326 Eberhard VI. von
Württemberg besaß 1497 ein Jäckchen (halsgoller) mit Ärmeln aus Marderpelz327 und
einen mit Zwillich gefütterten Mantel aus Wolfspelz328, auch ein aus Fuchs beste-
hendes bruströcklin329 gehörte ihm. Ein spezifisches Kleidungsstück aus Pelz stellte

14. und 15. Jahrhundert zwar ein tendenziell kühleres Klima, legt aber zugleich - auch mit
Verweis auf die physiologische Bedingtheit von Kälte- und Wärmeempfinden - dar, daß der
Gebrauch von Pelzen trotz einer durchaus vorhandenen Gebundenheit an das Klima aus-
schließlich unter klimatischen Gesichtspunkten nicht annähernd erklärbar wird. Vgl. Delort,
Le commerce des fourrures, 1978, S. 486-511. Deutlich wird diese doppelte Funktion vor allem
beim pelzernen Gewandfutter, das oft auch einen schmückenden Charakter besaß. Eine Tren-
nung zwischen einer Schmuckfunktion des Pelzes an der Außenseite und einer Wärmefunk-
tion des Pelzes als Innenfutter, wie sie bei Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung und
Rüstung, 1992, S. 189, vorgenommen wird, erscheint aus diesem Grund wenig sinnvoll.
322 HStA Stuttgart, A 602 WR 66, Bl. 2.
323 Siehe Abb. 12.
324 Thiel, Geschichte des Kostüms, 2004, S. 140; Piponnier, Costume et vie sociale, 1970, S. 120.
Nach Kühnei (Hrsg.), Alltag im Spätmittelalter, 1986, S. 247, trat der Pelzbesatz um die Mitte
des 15. Jahrhunderts »[a]ls Gestaltungselement der Kleidung« an die Stelle der Zaddelung.
325 Abb. 24.
326 StA Coburg, LA A Nr. I960, fol. llr.
327 HStA Stuttgart, A 602 WR 448, Bl. 21.
328 Ebd., Bl. 19.
329 Ebd., Bl. 20.
 
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