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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0077

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2. Von Stoffen und Gewändern

im Mittelalter der sogenannte Kürsen dar. Dahinter verbarg sich wohl ein Oberge-
wand, dessen Schnitt und Form jedoch nicht mehr zu ermitteln sind.330 Erschwert
wird seine Identifizierung dadurch, daß dieser Begriff zwar häufiger ein Klei-
dungsstück bezeichnete, mitunter aber auch allgemeiner im Sinne von >Pelzwerk<
gebraucht wurde.331 So handelte es sich bei dem Rückenfeh-Kürsen, der sich in ei-
nem Mantel Annas von Württemberg aus grünem Seidendamast befand, um ein
Futter aus Rückenfeh.332 Auch bei den verschiedenen Kürsen, für die 1436 ein Spey-
erer Kürschner im Auftrag des Erzbischofs von Mainz bezahlt wurde, wird es sich
um Pelze und nicht um Kleidungsstücke gehandelt haben.333 Daß mitunter offenbar
auch der Begriff >Pelz< ein Kleidungsstück bezeichnen konnte, zeigt erneut das Ver-
zeichnis der Gewänder Eberhards VI. von Württemberg, in dem etwa ain großen
langen bolendischn böltz mit zöbeln, an welchem fünfzehn vergoldete Knöpfe befestigt
waren, aufgeführt wird.334 Auch bei dem schwarzen sammete[n] peltz mit goldenen
Borten und dem tamaschen peltz mit granwerk gefuttert von Markgraf Sigismund von
Brandenburg wird es sich um Kleidungsstücke gehandelt haben.335 Sofern jedoch
keine erklärenden Zusätze angeführt werden, läßt sich nicht mehr mit Sicherheit
feststellen, ob ein Kleidungsstück aus Pelz oder ein loser Pelz gemeint waren - so
bei dem Zobelpelz und den beiden Marderpelzen, die Eberhard im Bart besessen
hatte.336 Kürsen und Pelz besaßen demnach eine doppelte Bedeutung, die im Einzel-
fall nicht immer voneinander unterschieden oder aus dem Kontext erschlossen wer-
den können. Allem Anschein nach wurden für Fürstenkleidung im Reich um die
Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert Pelze in der Regel zum Füttern und Verbrämen
benutzt und vergleichsweise selten Kleidungsstücke komplett aus Pelz gearbeitet.337
Auch Kopfbedeckungen konnten mit Pelzen besetzt sein.338 Kasimir von Bran-
denburg hinterließ bei seinem Tod 1527 ein schwarzes Barett aus Samt, das mit ei-
nem Futter aus Zobel versehen war.339 Eberhard VI. von Württemberg verfügte 1497
unter anderem über eine Haube aus Marderschwänzen, eine Haube aus Fuchspelz,
einen Hut aus Marder und sieben Hüte aus Wolfspelz. Dazu kamen fünf kleine und
große Hüte aus (Fisch-)Otterpelz sowie ein marhund (Seeotter?) Hut.340 Zum Gewand-

330 Delort, Le commerce des fourrures, 1978, S. 422, geht davon aus, daß der Kürsen ein mantelar-
tiges Kleidungsstück gewesen ist. Priebatsch faßt unter >Kürsen< einen >Pelzrock<. Siehe Politi-
sche Correspondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles, hrsg. von Priebatsch, Bd. 1, 1894,
Anm. 3, S. 580.
331 Vgl. Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung, 1992, S. 152. Bezeichnender-
weise definiert Steinhausen >Kürsen< einmal als >Pelzwerck< und einmal als >Kleid von Pelz-
werck<. Siehe Deutsche Privatbriefe des Mittelalters, hrsg. von Steinhausen, Bd. 1, 1899,
Anm. 1, S. 126, und Anm. 1, S. 324.
332 HStA Stuttgart, A 602 WR 66, Bl. 2.
333 Vgl. Die Rechnungen der mainzischen Verwaltung in Oberlahnstein, hrsg. von Volk, 1990,
S. 100, S. 102.
334 HStA Stuttgart, A 602 WR 448, Bl. 19.
335 GhStA Berlin, BPH, Rep. 30 Via, fol. 2r.
336 HStA Stuttgart, A 602 WR 448, Bl. 17.
337 Piponnier, Mane, Se vêtir, 1995, S. 33, bestätigen diesen Befund für den französischen Raum.
338 Zur Verarbeitung von Pelzen in Accessoires (Kopfbedeckungen, Fußbekleidung und Hand-
schuhe) vgl. Delort, Le commerce des foururres, 1978, S. 334-335.
339 GhStA Berlin, BPH, Rep. 41 II K 2, fol. 4v.
340 HStA Stuttgart, A 602 WR 448, Bl. 21.
 
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