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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0081

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70

2. Von Stoffen und Gewändern

der mit einem Futter aus Schönfeh versehen war und mit Hermelin gefütterte Flü-
gelärmel besaß, aufgeführt. Des weiteren bekam Mechthild einen Rock mit Flügel-
ärmeln aus weißem Damast und mit Rückenfeh gefüttert, einen Rock mit kleinen
Ärmeln aus rotem Tuch, dessen Brustpartie und Ärmel mit Perlen bestickt waren,
einen Rock aus braunem Tuch mit einem beschlagen Ärmel sowie einen mit Rücken-
feh gefütterten Rock aus grauem Tuch, einen schlichten roten Rock mit kleinen
Ärmeln, einen Rock aus schwarzem Tuch mit kleinen Ärmeln und einen Rock aus
rotem Harras mit in die Ehe. Neben den Röcken umfaßte die Brautausstattung an
Kleidung noch einen langen schwarzen Mantel, einen roten kurzen und mit Mar-
der gefütterten Mantel, einen Unterrock aus rotem Damast, einen Unterrock aus
rotem Schamlott und schließlich zwei Unterröcke aus Tuch, deren Farbe nicht ver-
zeichnet ist und die deshalb eventuell ungefärbt waren.366
Ebenso wie Mechthilds Brautausstattung spiegelt der bereits erwähnte Stoff-
einkauf des sächsischen Hofes in Mailand, bei dem größere Mengen verschiedener
Seidenstoffe und Schamlott in Rot, Karmesinrot und Gelb, Schwarz, Grün, Weiß
und Leberfarben, Grau, Braun und Leibfarben erworben wurden, das farbliche
Spektrum in seiner Breite wider.367 Als Herzog Albrecht von Sachsen 1477 in Vene-
dig Stoffe kaufen ließ, wurden für seinen Hof unter anderem braun-goldenes und
schwarz-silbernes Tuch, rot-silberner und grau-silberner Atlas sowie veneziani-
sche rot-goldene Stücke erworben. Ferner erstanden die Einkäufer im Auftrag des
Herzogs blauen, grau-goldenen und grau-silbernen Samt, rot-goldenen und roten
gemusierten Samt, grünen gemusierten Damast, weitere rot-goldene und schwarz-
goldene Stücke sowie goldene Stücke von seltzemer färbe.368 Für Kleidungsstücke des
Kurfürsten Joachim von Brandenburg wurden im Juli 1503 drei halbe lündische
Tücher mit Überlänge, nemlich zwei rote vnd ein halb leybfarbs, zu je 25 rheinischen
Gulden gekauft.369
Mit diesen Beispielen sind schon fast alle gebräuchlichen Gewandfarben ange-
führt. Unter den Grundfarben befanden sich neben Rot, Schwarz, Blau, Grün, Gelb,
Weiß, Grau und Braun auch Gold und Silber. Sie kamen - bis auf Gold, Silber und
in gewissem Sinne auch Schwarz - in vielfältigen Farbtönen und -nuancen unter-
schiedlichster Intensität vor, so daß die chromatische Palette für Stoffe, Pelze und
auch Leder insgesamt wesentlich umfangreicher war.370 Über diese Farbabstufun-
gen erfährt man jedoch in der Regel wenig, weil die Verfasser von Inventaren,
Rechnungen, Testamenten, Briefen und Festbeschreibungen sich oft darauf be-
schränkten, die Grundfarben der Kleidungsstücke anzugeben. Häufiger begrifflich
gefaßt werden können eine Grauschattierung, Aschfarben, und vier verschiedene
Rottöne, nämlich Scharlach, Leibfarben, Leberfarben und Karmesinrot. Während Schar-

366 Siehe HStA Stuttgart, A 602 WR 277, Bl. 3-4.
367 ThHStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. Bb 5910, fol. lr-4r.
368 Vgl. Mörtzsch, Aus den Stoffrechnungen einer fürstlichen Kleiderkammer, 1929/1930, S. 55.
369 Codex diplomaticus Brandenburgensis, hrsg. von Riedel, 3. Teil, Bd. 3, 1861, Nr. 129 (21. Juli
1503), S. 156.
370 Das Deutsche Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm, Bd. 3,1862, Sp. 1321, geht für das
Altertum und das Mittelalter von nur sechs Hauptfarben, nämlich Weiß, Schwarz, Gelb, Rot,
Grün und Blau aus und fasst brun als Bezeichnung für die Farbe Schwarz auf. Aufgrund eines
Entwicklungsschubs in der Färbekunst standen im Spätmittelalter jedoch mehr und abwechs-
lungsreichere Farben zur Verfügung. Piponnier, Mane, Se vêtir, 1995, S. 25-26.
 
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