Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0082

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2.1 Terminologie und Typologie

71

lach einen leuchtenden, lebhaften Rotton bezeichnete371, war Leibfarben die Benen-
nung für einen ins Bläuliche spielenden Rosaton372. Leberfarben schimmerte eher
ins Bräunliche373, und Karmesinrot stellte ein dunkleres, blaustichiges Rot dar374.
Andere Farbnuancen kommen nur vereinzelt vor, sind aber - wie im übrigen
auch Bildzeugnisse bestätigen - prinzipiell ein Indiz dafür, daß über das grobe
Farbraster hinaus unzählige Abstufungen der Grundfarben existierten, die jedoch
in den meisten Fällen nicht schriftlich festgehalten wurden.375 So gab es neben dem
dunkelroten, bläulich schimmernden Karmesin offenbar einen anderen Karmesin-
Ton, der ins Bräunliche spielte. Unter den Stoffen, die Margarete von Brandenburg
anläßlich ihrer Vermählung erhielt, befanden sich vier eilen roth kremesin samet und
vier eilen braun kremesin samet, die dazu vorgesehen waren Gewänder zuverbremen.376
Stoffe in rote[m] kermesin und braun[em] karmoisin machten auch einen Teil des er-
wähnten Stoffeinkaufs Herzog Albrechts in Venedig aus.377 Augenscheinlich gestal-
tete sich insbesondere das Spektrum der Rottöne vielfältig.378 Eine Art Mütze (mutz-
schehuben) von blutroter Farbe {sangwirt) wurde nebst einer großen schwarzen Mütze
für den Mainzer Erzbischof Dietrich von Erbach auf der Frankfurter Herbstmesse
1437 erworben.379 Zum Kleidungsbestand des Markgrafen Sigismund von Branden-
burg gehörten eine Hose und ein Wams aus kirschfarben seidenem Atlas mit golde-
nen Schnüren sowie ein weiteres kirschfarben Wams aus Seidenatlas, das zusammen
mit einer schwarzen Samthose mit goldenen Schnüren getragen wurde. Ein eben-
falls mit goldenen Schnüren besetztes seiden attlaß rocklein wies wohl einen be-
stimmten Braunton (vielbraun) auf.380 Darauf, daß nicht nur Rot und Braun, sondern
auch andere Farben in verschiedenen Nuancen vorkamen, deuten ein Rock Marga-
retes von Brandenburg aus bleichgehlen bruchsischen (Brügger?) athlass381 und ein Bar-
bara von Württemberg gehörender himmelblaue[r] wollener Rock382 hin.
Doch weder die angeführten Farben noch die erwähnten Farbtöne geben Aus-
kunft über deren tatsächliche Qualität. Da im späteren Mittelalter kraftvolle.

371 Nixdorff, Müller, Weiße Westen - Rote Roben, 1983, S. 120.
372 Ebd., S. 121. Daß dieser Farbton augenscheinlich tatsächlich in etwa der menschlichen Haut-
farbe entsprach, geht aus einem Schreiben des Malers Lucas Cranach des Älteren an Herzog
Johann von Sachsen hervor, in welchem der Grabmalsentwurf für dessen Bruder Friedrich
den Weisen thematisiert wurde. Demnach sollte das Gesicht auf der Plastik mit leipfarben be-
malt werden, damit es dem verstorbenen Friedrich gantz gleich sei. Babendererde, Sterben,
Tod, Begräbnis und liturgisches Gedächtnis, 2006, Anm. 137, S. 207.
373 Nixdorff, Müller, Weiße Westen - Rote Roben, 1983, S. 121.
374 Ebd., S. 120.
375 Ähnlich verhält es sich offenbar mit dem Handelsschriftgut städtischer Kaufleute. Mitunter
spezifiziert werden Tuchfarben etwa im Handlungsbuch der hansischen Kaufmannsfamilie
Veckinchusen, in dem Sattblau, pers (wohl ein Blaugrün), Himmelblau, Mittelblau, sanguin,
Sattgrün, Mittelgrün, Lichtgrün und Gelbgrün als Farbschattierungen Erwähnung finden.
Vgl. Selzer, Blau, 2010, Tabelle 7, S. 75 und Tabelle 8, S. 76 mit den Anm. 250-253.
376 AK Stettin, I 2355, fol. 104r.
377 Mörtzsch, Aus den Stoffrechnungen einer fürstlichen Kleiderkammer, 1929/1930, S. 55.
378 Die zeitgenössische italienische Begrifflichkeit für Rottöne war offenbar noch wesentlich dif-
ferenzierter. Vgl. dazu Friedrich, Zur Farbgebung, 1973, S. 125-127, S. 128-129.
379 Die Rechnungen der mainzischen Verwaltung in Oberlahnstein, hrsg. von Volk, 1990, S. 139.
380 GhStA Berlin, BPH, Rep. 30 Via, fol. 2r.
381 AK Stettin, I 2355, fol. 103v.
382 HStA Stuttgart, A 602 WR 380a, Bl. 18.
 
Annotationen