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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0083

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72

2. Von Stoffen und Gewändern

leuchtende und satte Farben als besonders schön und wertvoll galten383, werden
auch fürstliche Gewänder mit hoher Wahrscheinlichkeit in derartigen Farben und
Farbtönen gehalten gewesen sein. Das geht fernerhin aus einer Anweisung Kur-
fürst Albrechts von Brandenburg an seine Räte hervor, in Nürnberg 18 Ellen griins
sammats, der satgrüm und gut sey sowie 28 Ellen brauns sammats, der satbraun und nach
dem besten und in der maß sey, als der, der heur meiner gnedigen frauen kauft sey, zu be-
sorgen.384 Bei Margaretes bleich gelbem Rock wird es sich deshalb vermutlich eher
um einen Rock in einem leuchtenden Hellgelb als um einen blaßgelben Rock ge-
handelt haben.
Solchen Bezeichnungen von Farben, seien es die Grundfarben oder die Farb-
abstufungen, liegt eine Perzeption von Farben zugrunde, in der sowohl zeitspezi-
fisch-kulturelle Sehgewohnheiten als auch individuelles Farbempfinden zum Tra-
gen kommen. Ungewöhnlich erscheint dem Historiker in diesem Zusammenhang
vor allem die mittelalterliche Farbordnung, in der eine kraftvolle, satte Farbe näher
an eine andere kraftvolle, satte Farbe als an dieselbe Farbe in einer ausgewasche-
nen, ausgeblichenen oder weniger starken Nuance herangerückt wurde. Ein leuch-
tendes Blau wurde eher als >Verwandter< eines ebenfalls leuchtenden Rots als eines
blaßen Blaus betrachtet.385 Weil sich vergangene Sehgewohnheiten von modernen
unterscheiden und individuelle Wahrnehmungen dabei eine nicht unwesentliche
Rolle spielen, wird bisweilen nicht ersichtlich, auf welche Weise und nach welchen
Kriterien die Einordnung von Farbtönen erfolgte. So wurde allem Anschein nach
etwa das grau-bläuliche Winterfell des nordischen Eichhörnchens im späten Mit-
telalter im Okzident in unterschiedlichen Farben wahrgenommen, nämlich im
Reich als grau, in Frankreich als weiß und grau und in Rußland als weiß.386 Farbnu-
ancen und -melierungen konnten offenbar durchaus verschiedenen Grundfarben
zugeordnet werden. Aus diesem Grund sind Farbtöne und Grundfarben immer als
Sammelbegriffe für eine Vielzahl von Farbnuancen zu betrachten. Dies gilt es ins-
besondere mit Blick auf das in Fivree auftretende Fürstengefolge zu bedenken, das
unter den gegebenen Herstellungsbedingungen im Spätmittelalter zwar im großen
und ganzen farblich einheitlich, keineswegs jedoch in nach modernen Maßstäben
identischer Farbe gekleidet gewesen ist.387
2.1.5.1 Textilfarben und Färben
Wenngleich auch Pelze und sogar Feder gefärbt werden konnten, konzentrierte
sich die mittelalterliche Färberei vor allem auf Textilien.388 Abgesehen von Gold und
383 Pastoureau, Bleu, 2000, S. 75; Raudszus, Die Zeichensprache der Kleidung, 1985, S. 220.
384 Schreiben Markgraf Albrechts von Brandenburg an die Räte in Ansbach (23. Mai 1476). Politi-
sche Correspondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles, hrsg. von Priebatsch, Bd. 2, 1897,
Nr. 217, S. 231-232, Zitat S. 232. Hierbei handelt es sich allerdings um den einzigen derartigen
Beleg, der sich im gesichteten Quellenmaterial hat finden lassen.
385 Pastoureau, Bleu, 2000, S. 75.
386 Vgl. Delort, Le commerce des fourrures, 1978, S. 42-43.
387 Siehe dazu Kapitel 3.2.1.
388 Zur mittelalterlichen Textilfärberei vgl. Pastoureau, Jésus chez le teinturier, 1997; Zepernick,
Karlsson-Strese, Natürliche Farbstofflieferanten und Stoffärbeprozesse, 1983; Ploss, Ein Buch
von alten Farben, 1989; Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung, 1992,
S. 134-135. Zur florentinischen Färberei im 15. Jahrhundert vgl. Friedrich, Zur Farbgebung,
 
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