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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0137

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2. Von Stoffen und Gewändern

grand steht zu vermuten, daß auch Maximilian erst nach dem Tod seiner Frau Bi-
anca Maria veranlaßte, ihre Gewänder in Meßkleidung umzuarbeiten.726 Bis heute
hat sich eine schwarze Kasel erhalten, die vermutlich ebenfalls aufgrund einer tes-
tamentarischen Verfügung aus einem Mantel Philippine Welsers, der Gemahlin
Erzherzog Ferdinands II. von Österreich, genäht worden ist.727
Die Wiederverwertung getragener Kleidungsstücke setzte voraus, daß sich die
gebrauchten Gewänder in einem passablen Zustand befanden. Um den aktuellen
Gewandbestand in Schuß zu halten, bedurfte es vor allem einer sorgfältigen Pflege.
Als Herzog Friedrich der Weise von Sachsen 1493 ins Heilige Fand pilgerte, wur-
den seine Hemden unterwegs erwiesenermaßen mindestens zweimal gewaschen.728
Während der Amtszeiten Dieters von Isenburg, Adolfs von Nassau und Bertolds
von Henneberg wendete der Hof der Erzbischöfe von Mainz ebenfalls immer wie-
der Gelder für Wäschereien auf.729 Am Hofe Herzog Albrechts von Preußen waren
die Frauen einiger Hofbediensteter für das Waschen der Feinenstücke zuständig.730
Die Gewandpflege konnte auch in der Verantwortung der Kammerdiener liegen,
etwa am preußischen Hof, wo sich die Jungfrauenknechte um die Reinigung und
Ordnung, d. h. das Ausbürsten, Verpacken und Transportieren der Hofdamenge-
wänder kümmerten.731

Einrichtungen auf dem Secondhandmarkt zu Geld gemacht werden konnten. Schließlich war
es in den Städten gängige Praxis, gestiftete Gewänder zu verkaufen. Selzer, Blau, 2010, S. 56.
726 Lhotsky, Quellenkunde zur mittelalterlichen Geschichte Österreichs, 1963, S. 33, führt an, daß
Maximilian aus den Gewändern seiner Gattin Meßgewänder schneidern ließ, äußert sich aber
nicht zum Zeitpunkt der Umarbeitung.
727 Egg, Die Kunst der Seidensticker, 1962, S. 39. Daß solche Umarbeitungen bei erhaltenen Texti-
lien auch heute noch festgestellt werden können, zeigt die Untersuchung zweier aus der zwei-
ten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammender Meßgewänder aus italienischen Granatapfelsam-
ten, die im späten 18. Jahrhundert zu Altarverkleidungen umgeschneidert worden sind, von
Ruß, Zwei spätmittelalterliche Altarverkleidungen, 2002.
728 Röhricht, Meisner, Hans Hundts Rechnungsbuch, 1883, S. 50, S. 61 (Einer der Wascheinträge
findet als Zitat auch bei Nolte, Erlebnis und Ereignis, 1997, S. 76, Erwähnung.) Als sich Ed-
ward III. 1338-1340 auf das europäische Festland begab, begleiteten ihn auch zwei Wäscherin-
nen, die unter anderem die Reinigung der königlichen Leibwäsche (lineam pro corpore) besorg-
ten. Vgl. Andre, Ein Königshof auf Reisen, 1996, S. 168-169, mit Anm. 126, S. 169. Offenbar in
Vorbereitung auf seine anstehende Rückkehr nach Frankreich ließ der in England gefangen-
gehaltene französische König Johann II. den Kürschner Perrin einige seiner Pelze säubern.
Newton, Fashion in the Age of the Black Prince, 1980, S. 81. Zu Reinigungstechniken im
16. Jahrhundert vgl. Leed, >Ye Shall Have It Cleane<, 2006.
729 Die Rechnungen der mainzischen Verwaltung in Oberlahnstein, hrsg. von Volk, 1990, etwa
S. 244, S. 275, S. 277, S. 327, S. 328, S. 335, S. 341, S. 342, S. 409, S. 414, S. 531, S. 595, S. 674. Obwohl
diese Ausgaben zumeist nicht spezifiziert werden, kann sicherlich davon ausgegangen wer-
den, daß sich darunter auch Kleidungsstücke befanden. Ebenso werden in den Landshuter
Kammermeisterrechnungen anläßlich des Regensburger Reichstags 1471 Bezahlungen für
Wäscherinnen verzeichnet. Wolff, >Gemain ussgab<, 1991, S. 108.
730 Während die Wäsche über hof mit Asche bearbeitet wurde, reinigte man die Wäsche der Her-
zogsfamilie mit Seife. Herzogin Dorothea untersuchte diese persönlich auf ihre Tauglichkeit
und lehnte auch schon mal eine Sendung, die ihr ungeeignet schien, ab. So teilte sie beispiels-
weise in einem Schreiben vom 31. Januar 1538 Eck von Reppichau bezüglich einer von ihm
übersandten Seifenprobe mit: dieweil sie aber der venedischen seifen nit gleich, auch am ruch etwas
zu starck, ist uns dieselb, sonderlich zu [...] unsers [...] gemahls, auch unsern kleidern zugebrauchen
wenig nutz. Gundermann, Herzogin Dorothea von Preußen, 1965, S. 99-100, Zitat S. 100.
731 Ebd., S. 84; Nolte, >der leib der höchst schatz<, 2004, Anm. 44, S. 55.
 
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