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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0139

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2. Von Stoffen und Gewändern

2.23.1 Handwerker
Um die professionelle Anfertigung von Gewändern, Kopfbedeckungen und Fuß-
bekleidung kümmerte sich im 15. und frühen 16. Jahrhundert eine Vielzahl von
Berufsgruppen. Schneider, Kürschner und Schuster, Seidensticker und Gold-
schmiede leisteten dabei nur einen Teil der Arbeit, den anderen übernahmen spezi-
alisiertem Handwerker.738 Am Hof Landgraf Ludwigs I. von Hessen wurde 1430
und 1431 zum Beispiel wiederholt ein jackenmecher zu Cassil uf der bürg für seine
Dienste bezahlt.739 Für einen Hut des sächsischen Herzogs Friedrich des Weisen
fertigte 1498 eine giirtlerin schwarz-weiß-graue Fransen an.740 Daß ein Ansbacher
Hutmacher für den Hof Albrechts von Brandenburg arbeitete, geht aus einem
Schreiben des Markgrafen an die Räte in Ansbach hervor. Albrecht beauftragte sie
1476, meiner gnädigen frauen zwen hüte, einen roten und einen swarzen, die do breyt und
in der form sind als die, so irn gnaden vormals gemacht sein durch den huter zu Onolczpach,
der für die bevorstehende Niederkunft seiner Frau bestellten Amme mitzugeben.741
Ein Hutmacher namens Ambrosius Cluger belieferte Herzog Ernst von Sachsen im
Sommer 1484 mit vier guten roten Hüten.742 Die Federn, mit denen Fürsten und
Fürstinnen um 1500 gerne ihren Kopfputz schmückten, stellten eigens darauf spe-
zialisierte Federmacher her.743
An der Anfertigung von aufwendigeren Kleidungsstücken, Kopfbedeckun-
gen und Fußbekleidungen waren demzufolge oft verschiedene Handwerker betei-
ligt, die sich gegenseitig zuarbeiteten.744 Die beiden Hüte, die Maximilian seiner
Enkelin Maria und seiner angeheirateten Enkelin Anna schenken wollte, entstan-
den als Gemeinschaftsarbeit seines Hofschneiders Konrad, seines Seidenstickers
Leonhard Straßburger und eines Federmachers, der die dafür vorgesehenen Fe-
dern an den Innsbrucker Hof überstellte.745 Gleichermaßen war eine enge Koopera-
tion von Schneidern und Seiden Stickern für die Herstellung von Gewändern erfor-

738 Piponnier, Mane, Se vêtir, 1995, S. 42-43, führen etwa neben dem Schneider an anderen »arti-
sans du vêtement« Wamsmacher (pourpointiers), Kniehosenmacher (chaussetiers), Kürschner
(pelletiers und fourreurs), Schuhmacher (cordonniers), Hutmacher (chapeliers), chapeliers de fleurs
und chapeliers de plumes de paon an.
739 Küch, Eine Quelle, 1909, S. 197, S. 200, S. 202, S. 220.
740 ThHStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. Bb 5911, fol. Ir. Vielleicht webte sie sonst
Borten für Gürtel.
741 Schreiben des Markgrafen Albrecht von Brandenburg an die Räte in Ansbach (17. April 1476).
Politische Correspondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles, hrsg. von Priebatsch, Bd. 2,1897,
Nr. 209, S. 218. Anna gebar am 29. Juli 1476 eine Tochter, die den Namen Magdalena bekam.
Europäische Stammtafeln, hrsg. von Schwennicke, Bd. 1.1, 2005, Tafel 129. Priebatsch datiert
die Geburt Magdalenas fälschlicherweise auf den 23. Juli 1476. Ebd., Anm. 9, S. 218. Im Zuge
der wachsenden Beliebtheit des Baretts bildete sich überdies der Beruf des Barettmachers he-
raus, der etwa ab den 1520er/1530er Jahren als eigenständiges Handwerk in Nürnberg nachge-
wiesen werden kann. Neuhaus, Das Federbarett, 1935-1936, S. 38.
742 Streich, Zwischen Reiseherrschaft und Residenzbildung, 1989, S. 516.
743 Allein in Nürnberg gab es zur Blütezeit der Federmode wohl vierzehn Federmacher- und
>Federschmucker<-Werkstätten. Siehe Neuhaus, Das Federbarett, 1935-1936, S. 36-37.
744 Auch an der Herstellung von Gürteln waren mehrere Handwerker beteiligt. Vgl. Fingerlin,
Gürtel, 1971, S. 24-35.
745 Egg, Die Kunst der Seidensticker, 1962, S. 25. Straßburger kooperierte auch mit Maximilians
anderem Schneider Martin. Ebd., S. 19, S. 25.
 
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