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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0147

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2. Von Stoffen und Gewändern

Auch, herzlieber bruder; ich han euch zugesagt, ich woll euch ein hau-
ben knüpfen, alls ich euch for auch eine han gemach. Nun hat ir mir
gesagt, dieselb haub sey euch zu lang, bit ich euch, das ir mir ein hauben
sick, etwen ein alte, die euch gerech werd, so woll ich euch mit allem
fleiss ein machen auffrau Elsen hozzeit.789
Ebenso verfuhren in solchen und ähnlich gelagerten Fällen die Handwerker.790
Nachdem etwa Herzog Adolf von Jülich den Wunsch nach einem welsche[n] kuere-
sen und harnisch geäußert hatte, erbat sein französischer Agent 1437 von ihm ein
Wams und eine Hose, um diese als Maß benutzen zu können.791
Auf eine andere Technik griff Dorothea von Preußen zurück, wenn für ihren
Mann Albrecht in dessen Abwesenheit Hemden angefertigt werden mußten.792 Sie
nahm dann eines seiner älteren Hemden zur Hand und zog sowohl am Kragen als
auch an den Ärmeln einen Faden heraus, damit die wiederholt mit der Herstellung
neuer Hemden beauftragte Adelheid Pein wußte, wo sie die Krause anzusetzen
hatte. Allerdings führte diese Vorgehensweise nicht immer zum Erfolg: Im April
1539 mußte Dorothea zu ihrem Eeidwesen feststellen, daß nur eines der Hemden,
die von Adelheid für ihren Gatten genäht worden waren, Albrecht tatsächlich
paßte. Offenbar hatte sich Adelheid nicht an die vorgegebenen Markierungen ge-
halten, wofür die Herzogin sie, wenn auch in freundlichem Ton, rügte:
Wir haben die uberschickte gemachte hemde für den hochgebornen
fürsten, unsern freuntlichen hertzgeliebten hern und gemahel entfan-
gen. Nu wollen wir euch darauf gerne dieser meinung nit Vorhalten,
das derselbigen hemde seiner liebe keins gerecht ist, ausgenommen eins,
dann sie alle zu schmal am kragen und nit also gar als die muster aus-
geweiset haben.793

789 Schreiben der Gräfin Elisabeth von Württemberg an ihren Stiefbruder Markgraf Friedrich
von Brandenburg (1491?). Deutsche Privatbriefe des Mittelalters, hrsg. von Steinhausen, Bd. 1,
1899, Nr. 428, S. 292 mit Anm. 2: gerech = passend.
790 Zum Verschicken von als Muster dienenden Kleidungsstücken und Gewandteilen siehe auch
unten S. 268.
791 Schreiben Colignon Grongnets an Herzog Adolf von Jülich und Berg (18. April 1434). Deutsche
Privatbriefe des Mittelalters, hrsg. von Steinhausen, Bd. 1, 1899, Nr. 45, S. 36-37, Zitat S. 36.
Siehe auch Liebe, Das Turnier in den Briefen deutscher Fürsten, 1900-1902, S. 66. Da Adolf am
14. Juli 1437 starb, muß die Rüstung in der ersten Jahreshälfte in Auftrag gegeben worden sein.
Europäische Stammtafeln, hrsg. von Schwennicke, Bd. XVIII, 1998, Tafel 29.
792 War Albrecht auf Reisen, kümmerte sich Dorothea generell um seine Wäsche. So ließ sie ihm
im Februar 1535 von einem Boten unter anderem zwei Hemden und zwei Paar Socken über-
bringen und bat ihn im beigefügten Schreiben, er wyl mych von den besten hemden keyne schy-
cken; wenthe, dyt eyne ys schyr vor doruen, zu besorge ych, de anderen muchten noch serer vor derwen.
Gundermann, Herzogin Dorothea von Preußen, 1965, S. 98-99.
793 Ebd., S. 99.
 
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