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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0149

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2. Von Stoffen und Gewändern

Jahre 1499 für die beiden Herzoge Friedrich und Johann aus insgesamt zwölf Ellen
grauen Mechelner Tuch je ein Reitrock genäht.796 Einen weiteren schwarzen Reit-
rock, der aus Friedrichs Besitz stammte, fütterte der Schneider mit sechs Ellen
Zwickauer Tuch.797 Markgraf Kasimir von Brandenburg hinterließ bei seinem Tod
gleich fünf Reitröcke, von denen einer aus rotem Damast angefertigt und mit gelbem
samat verpremt war vnnd vonn den vier farbenn im erbel (Ärmel) führte.798 Bei den an-
deren vier im Nachlaß enthaltenen Reitröcken handelte es sich um einen schwartzen
samaten reitrockh, einen schwartzen samaten reitrock mit wullem thuch vnderfuetert, ei-
nen mit schwartz[em] samat verpremt[en] Reitrock aus groen purpinianischen Tuch und
einen graen purpinianischen reitrock.799 Einen Reitrock aus samet, der Herzog Johann
Friedrich I. von Sachsen gehörte, unterlegte ein Schneider mit 15 Ellen vier farbigem
Zendal.800 Daß auch Fürstinnen Reitröcke besaßen, geht etwa aus der Brautausstat-
tung Marias von Brandenburg hervor, zu der ein mit schwartz samats besetzter att-
lassen reithrock und raith ermelenn aus Zendal vonn vier farbenn gehörten.801
Da sie ein bequemes Auf- und Absteigen sowie einen komfortablen Sitz auf
dem Pferd ermöglichen sollten, kam es bei Reitröcken vor allem darauf an, daß sie
dem Reiter bzw. der Reiterin genügend Bewegungsfreiheit gestatteten. Während
sich die Reitröcke der Damen wohl nicht auffallend von den üblichen Röcken, de-
ren Schnitt ohnehin für entsprechende Körperbewegungen geeignet war, unter-
schieden, wiesen die Männerreitröcke eine markantere Form auf. Sie reichten
maximal bis zum Knie, wobei insbesondere die längeren Varianten vorne oder an
der Seite mit einem Reitschlitz versehen sein konnten.802 Wegen der Kürze dieser
Reitröcke wurden dazu Beinlinge angelegt.803 Auch trugen Reiter des öfteren Stul-
penstiefel wie Ledersen.804
Neben dem Reitrock fand häufig die (Reit-)Kappe Verwendung, die sich auf-
grund ihres umhangartigen Schnitts hervorragend für diese Tätigkeit eignete. Graf
Wilhelm Werner von Zimmern zog beispielsweise eine Reitkappe an, sobald er zu

lieh - ein anderes Bild, dem zufolge der Reitrock auch noch um 1500 ein prominentes Gewand
gewesen ist. Der fränkische Adelige Friedrich von Seckendorff bestellte im Frühjahr 1388 bei
den Nürnberger Kaufleuten Behaim unter anderem drei Ellen Butzbacher Tuch in Schwarz,
daz gut zu reithosen sey. Selzer, Blau, 2010, S. 239-240, Zitat S. 240.
796 ThHStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. Bb 5912, fol. 27r. Friedrich erhielt des
weiteren zwei Reitröcke aus 13 Ellen grauem Tuch aus Mecheln. Ebd., fol. 27v.
797 Ebd., fol. 31v.
798 GhStA Berlin, BPH, Rep. 41 II K 2, fol. 3r.
799 Ebd., fol. 3v. Hinter >purpurianischem Tuch< verbirgt sich ein Tuch aus Perpignan. Siehe oben
Anm. 36, S. 24.
800 StA Coburg, LA A Nr. I960, fol. 21r.
801 GhStA Berlin, BPH, Rep. 41 II W1 3, fol. 7v.
802 Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung, 1992, S. 207-208. Laut Bäumel, Der
Kleider-Nachlaß, 1993, S. 72, gab es im 16. Jahrhundert zwei Arten von Reitröcken, nämlich
»den kurzen, ausgestellten Reitrock mit faltigem Rückenteil, der mit und ohne Gürtel getra-
gen wurde, sowie das Reitröcklein mit Taillennaht und ausgestellten Schößen, in der Literatur
auch als Schoßrock bezeichnet.« Letzterer ähnelte offenbar stark einem kürzeren Leibrock.
Die Ähnlichkeit zwischen Reit- und Leibrock unterstreicht auch Dihle, Kostümbilder und
Rechnungsbücher, 1929, S. 132.
803 Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung, 1992, S. 207.
804 Thiel, Geschichte des Kostüms, 2004, S. 145; Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung und
Rüstung, 1992, S. 81. Zu Ledersen siehe oben S. 42.
 
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