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Gübele, Boris; Universität Stuttgart [Hrsg.]; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Deus vult, Deus vult: der christliche heilige Krieg im Früh- und Hochmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 54: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.51274#0108

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5. Von Byzanz nach Spanien
Der spanische Raum war dem byzantinischen Kulturkreis einigermaßen nahe,
schließlich war Südspanien unter Justinian I. eingenommen worden. Doch in
seiner Monographie zum heiligen Krieg in Spanien konnte Bronisch im west-
gotischen Bereich, zumindest vor 711, nirgendwo die Vorstellung von einem
heiligen Krieg ausmachen, da das für ihn entscheidende Kriterium, nämlich dass
ein Krieg als bellum Deo auctore empfunden wurde, nirgendwo deutlich ausge-
drückt wurde.619 Dennoch wollen wir an dieser Stelle nach Elementen eines
möglichen christlichen heiligen Krieges innerhalb des spanischen Raumes su-
chen, nicht nur aufgrund einer möglichen Beeinflussung durch Byzanz, sondern
auch, weil sich hier Menschen unterschiedlichen Glaubens über lange Zeit be-
kriegt haben.
Nicht nur die Franken vertrauten im Kampf auf den christlichen Gott, wie
wir dies etwa bei Chlodwig gesehen haben, sondern eben auch die mit ihnen
verfeindeten Westgoten. Als die fränkischen Herrscher Childebert I. und Chlo-
thar L, zwei der Söhne Chlodwigs, im Jahr 541 die Stadt Saragossa belagerten,
wurden ihre Männer einer religiösen Prozession gewahr, welche die Einwohner
der belagerten Stadt um die Mauern herum zelebrierten, und zwar mit dem
Gewand des Märtyrers Vinzenz.620 Gregor von Tours stellt die Begebenheit
derart dar, dass die Franken angeblich soviel Respekt vor jener Zeremonie ge-
habt hätten, dass sie von der Belagerung abließen, was freilich bezweifelt werden
muss.621 Doch macht die Stelle immerhin deutlich, dass die Franken das Recht,
den Krieg mit sakralen Elementen zu unterstützen, keineswegs für sich ge-
pachtet hatten.
Dies bestätigt sich auch, wenn Johannes von Biclaro, der Ende des sechsten
Jahrhunderts die aus heutiger Sicht älteste Chronik des Westgotenreiches von
Toledo verfasste,622 die erfolgreiche Abwehr eines fränkischen Angriffes durch
die Goten, die damals von Rekkared I. beherrscht wurden, der göttlichen Gnade
und dem frisch erworbenen katholischen Glauben zuschreibt.623 Johannes geht
sogar so weit, den Sieg mit demjenigen zu vergleichen, der Gideon gegen die
Midianiter gelungen war.624 An anderer Stelle wird Rekkared, der die Konver-

619 Vgl. Bronisch: Reconquista und Heiliger Krieg, S. 230.
620 Vgl. Gregor von Tours: Libri historiarum X, S. 125 f.
621 Vgl. Ebd., S. 126.
622 Vgl. Bronisch: Reconquista und Heiliger Krieg, S. 47.
623 Juan de Biclaro: Chronicon, ed. J. Campos, Consejo Superior de Investigaciones Cientificas.
Escuela de Estudios Medievales. Estudios 32, Madrid 1960, S. 97: in hoc ergo certamine gratia divina
et fides catholica, quam Reccaredus Rex cum Gothis fideliter adeptus est, esse cognoscitur operata,
quoniam non est difficile deo nostro, si in paucis, una in multis detur victoria. Der Schluss erinnert
etwas an Theophanes: Chronographia, S. 310: 0eoü yao OeAovtoc, elc ölgCel xiAiouq. Zu dem
Sieg vgl. auch Gregor von Tours: Libri historiarum X, S. 450.
624 Vgl. Juan de Biclaro: Chronicon, S. 97.
 
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