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Gübele, Boris; Universität Stuttgart [Hrsg.]; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Deus vult, Deus vult: der christliche heilige Krieg im Früh- und Hochmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 54: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.51274#0323

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322

20. Der Erste Kreuzzug

20.2. Das Martyrium des Kriegers
Ingrid Hartl befindet, dass mit der Entstehung des heiligen Krieges eine Um-
wertung des Tötens und Getötetwerdens einhergehe: Wenn ein Kämpfer selbst
den Tod finde, so könne ihm dieser nichts anhaben, da Christus den Zug an-
führe.2004 Es ist also für den christlichen heiligen Krieg charakteristisch, dass die
Angst vor dem Schlachtentod dadurch verdrängt wird, dass dem Krieger im
Falle seines Todes eine Belohnung im Jenseits zugesichert wird, nachdem ihm
das Martyrium zuteil wurde. Da das Konzept des Kriegermartyriums für unser
Thema von Bedeutung ist, werden wir an dieser Stelle kurz auf die Entwicklung
dieser Vorstellung eingehen.
Das Martyrium ist das perfekte Beispiel eines wahrhaft christlichen Todes:
Der Märtyrer nimmt den Tod freiwillig um des Glaubens willen auf sich und
erinnert so an den Tod Christi.2005 Schon früh zogen die Autoren von Heiligen-
leben Parallelen zwischen dem Leiden der Märtyrer und dem von Soldaten. Die
Terminologie war hier oft außerordentlich militärisch, wenngleich sie aus-
drücklich bildlich zu verstehen war.2006 Erst mit den Kreuzzügen trat das Krie-
germartyrium wirklich in großer Zahl auf, wenngleich ein solches Konzept be-
reits vorher existiert haben mag,2007 wie wir, was Byzanz angeht, bei Herakleios
gesehen haben.
Noth glaubt, dass schon zu Bedas Zeit eine Überlieferung hinsichtlich des
nordhumbrischen Königs Oswalds (634-642) existierte, die die Heiligkeit dieses
Königs mit seinem kriegerischen Tod auf dem Schlachtfeld in Verbindung
brachte.2008 Ähnliches vermutet er von dem ostanglischen König Edmund.2009
Deutlicher ist eine Vision, die der Reichenauer Mönch Wettinus gehabt haben
soll. Im Jahr 799 fiel Graf Gerold, der ein Schwager Karls des Großen war, im
Kampf gegen die Awaren. Wettinus soll mitgeteilt worden sein, dass Gerold

2004 Vgl. Ingrid Hartl: Das Feindbild der Kreuzzugslyrik. Das Aufeinandertreffen von Christen und
Muslimen, Bem u. a. 2009 (Wiener Arbeiten zur germanischen Altertumskunde und Philologie
40), S. 53. Für Fernandez Gallardo stellt das Martyrium ein essentielles Element des heiligen
Krieges dar; vgl. Luis Fernandez Gallardo: Guerra santa y cruzada en el ciclo cronistico de
Alfonso XI, in: En la Espana Medieval 33 (2010), S. 43-74; hier S. 58.
2005 Vgl. Riley-Smith: The First Crusade, S. 115. Kriegbaum zufolge ist das Martyrium nicht nur das
zeitlich früheste, sondern auch das am höchsten geschätzte Idealbild christlichen Lebens; vgl.
Bernhard Kriegbaum: Märtyrer - das christliche Heiligkeitsideal der Frühzeit, in: Jozef Ni-
ewiadomski / Roman A. Siebenrock (Hrsg.): Opfer - Helden - Märtyrer. Das Martyrium als
religionspolitologische Herausforderung, Innsbruck / Wien 2011 (Innsbrucker theologische
Studien 83), S. 35-50; hier S. 35. Der ursprüngliche Märtyrer steht in der Nachfolge des armen,
gewaltfreien und leidenden Christus; vgl. Roman A. Siebenrock: Zeichen der Erlösung in einer
Welt der Gewalt. Eine systematisch-theologische Kriterilogie des christlichen Martyriums, in:
ebd., S. 153-172; hier S. 155.
2006 Vgl. France: Holy war and holy men, S. 200.
2007 Vgl. ebd., S. 115 f.
2008 Vgl. Noth: Heiliger Krieg und Heiliger Kampf, S. 99.
2009 Vgl. ebd., S. 103.
 
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