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Gübele, Boris; Universität Stuttgart [Hrsg.]; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Deus vult, Deus vult: der christliche heilige Krieg im Früh- und Hochmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 54: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.51274#0268

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16. Gregor VII.

16.1. Spanien
Eines der auffälligsten Merkmale des Pontifikates Gregors VIL, so befindet
Cowdrey, ist die Häufigkeit und Eindringlichkeit, mit der Gregor versuchte, die
Laien der westlichen Christenheit für den bewaffneten Dienst zu rekrutieren.1628
Wer untersucht, wie sich die mittelalterliche Einstellung zum Krieg, besonders
diejenige des Papsttums, entwickelte, kommt an der Person Gregors nicht vorbei.
Alexanders Nachfolger beschäftigte sich wie dieser mit den Kämpfen gegen
die Muslime in Spanien, doch gewinnt man bei der Lektüre seiner Schriften
häufig den Eindruck, es sei ihm dabei vornehmlich um eine Regelung der Be-
sitzansprüche der eroberten Gebiete gegangen. In einem Brief von 1077 an die
französischen Barone, die nach Spanien aufbrechen wollten, weist er gleich im
ersten Satz darauf hin, dass Spanien von alters her dem heiligen Petrus gehört
habe, und dass dies auch jetzt noch so sei, wenn es auch lange von den Heiden
besetzt worden sei.1629 Da das Gebiet durch Gott einmal in den Besitz der Kirche
gelangt sei, könne es zwar von der Nutzung, nicht aber vom rechtlichen An-
spruch entrissen werden.1630 Auf welche alten Autoritäten sich Gregor hierbei
berief, scheint nicht ganz klar. Er könnte vielleicht an das „Constitutum Con-
stantini" gedacht haben.1631
Ein Graf Ebulus von Roucy, der Spanien aus den Händen der Heiden ent-
reißen will, habe daher eine Übereinkunft mit dem heiligen Stuhl getroffen, nach
der er das Gebiet für diesen erobern soll, aber anschließend als Lehen behalten
darf, so Gregor.1632 Die anderen Heerführer werden dazu ermahnt, ebenfalls eine
solche Vereinbarung zu treffen und den Krieg möglichst gerecht zu führen, in
dem Sinne, dass sie St. Peter nach Eroberung der Ländereien nicht ein solches
Unrecht antun sollen wie die ungläubigen Muslime.1633 Denjenigen, die keine
derart geartete pactio wie Ebulus eingehen wollen, wird der Zug nach Spanien
unter sagt.1634 Es ist auffallend, dass Gregor zwar augustinisch anmutendes Vo-

1628 Vgl. Herbert Edward John Cowdrey: Pope Gregory VII., Oxford 1998, S. 650.
1629 Vgl. Gregor VII., ep. 1, 7, S. 11; Bereits im Jahr 1073 erwähnte Gregor den Vertrag, den er mit
Ebulus hinsichtlich Spaniens getroffen hatte knapp; vgl. Greg. Reg. 1,6, S. 10. Die Quellenlage zu
Gregor ist insgesamt übrigens sehr günstig, da wir etwa 30 % seiner auslaufenden Korrespon-
denz überblicken; vgl. Johannes Laudage: „Ein Römer durch und durch". Zu zwei Neuer-
scheinungen über Gregor VII., in: Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte 29/1
(2002), S. 221-228; hier S. 221.
1630 Vgl. Greg. Reg. 1, 7, S. 11.
1631 Vgl. Cowdrey: Pope Gregory VII., S. 469. Über die Frage herrscht keine Einigkeit, vgl. auch Flori:
Reforme, reconquista, croisade, S. 326; Garcia y Garcia: Reforma gregoriana, S. 254ff.
1632 Vgl. Greg. Reg. 1, 7, S. 11 f.
1633 Vgl. ebd., S. 12.
1634 Vgl. ebd.
 
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