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Gübele, Boris; Universität Stuttgart [Hrsg.]; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Deus vult, Deus vult: der christliche heilige Krieg im Früh- und Hochmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 54: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.51274#0308

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19.6. Balderic von Dol

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zu erzeugen, folgt der Abschluss der Rede, der abermals den göttlichen Cha-
rakter des Krieges zum Ausdruck bringt: Ante vos in sua bella mittendos Christum
fore signiferum indubitanter credite et praecursorem individuum.* * 1898 Christus als
Bannerträger und Vorhut seines Heeres - ein Bild, das Guiberts Version der Rede
nicht zum ersten Mal auftaucht, hier jedoch am Schluss in herausragender Po-
sition steht und damit verdeutlicht, dass es sich dabei nicht nur um eine im Eifer
geäußerte Floskel handelt. Mit dem apokalyptischen Szenario, dessen sich
Guibert in der Gestaltung seiner Version der Rede bediente, entsprach er
durchaus dem Zeitgeist: In dem Chronicon Universale Ekkehards findet sich
eine Passage, welche die Zeit Heinrichs IV. als eine Zeit voller Zeichen und
Katastrophen beschreibt, die auf die Apokalypse hindeuten.1899 Jerusalem ist im
Besitz der Muslime, die Kirchen sind überall dem Spott der Heiden ausge-
setzt.1900 Die Situation im Nahen Osten wird also auch hier im Kontext esch-
atologischer Erwartungen betrachtet.
Cole will in den Berichten von den Massakern der Türken bei Guibert einen
Hinweis des Autors auf den göttlichen Plan entdecken. Die Gräueltaten seien im
Denken Guiberts, wie andere Verfolgungen auch, letztendlich zu einem guten
Zweck von Gott angeordnet worden. Wie die Makkabäer, die den Verfolgern
trotzten, sei den Christen der Sieg garantiert.1901
Andre Vauchez sieht in der Version Guiberts einen Gedanken der zweifa-
chen Reinigung, der seiner Meinung nach Urban auf jeden Fall zu eigen war: zum
einen die Reinigung des durch die Heiden verschmutzten Jerusalems, zum an-
deren diejenige der westlichen Ritterschaft, beschmutzt durch deren Sünden.1902
Dass Guibert die Rede nicht in ihrer wörtlichen Gestalt wiedergibt, sagt er
selbst, 1903 womit er sehr viel Ehrlichkeit zeigt, ist dieses Charakteristikum doch
höchstwahrscheinlich allen überlieferten Versionen der Rede zu eigen, nicht nur
der seinen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass bei Guibert der Krieg gegen die
Muslime nicht zuletzt deswegen geheiligt wird, weil ihm eine wichtige Funktion
innerhalb der christlichen Heilsgeschichte zugewiesen wird.

19.6. Balderic von Dol
Balderic, der Erzbischof von Dol, war ein Freund Roberts. Er besuchte das Konzil
von Clermont und lieferte in seiner „Historia Jerosolimitana", die er um 1108

stellte, weil ihm eben keine furchterregenden Gräueltaten zur Verfügung standen, auf die er sich
unmittelbar hätte berufen können; vgL Thomas Asbridge: Die Kreuzzüge, Stuttgart 22011, S. 48.
1898 Guibert von Nogent: Dei Gesta per Francos, S. 116 f.
1899 Vgl. Ekkehard von Aura: Chronik, ed. F.-J. Schmale /1. Schmale-Ott, S. 132.
1900 Vgl. ebd.
1901 Vgl. Cole: The Preaching of the Crusades to the Holy Land, S. 26 f.
1902 Vgl. Andre Vauchez: Les composantes eschatologiques de l'idee de croisade, in: Le concile de
Clermont de 1095 et l'appel ä la croisade, S. 233-243; hier S. 237.
1903 Guibert von Nogent: Dei Gesta per Francos, S. 111: His ergoetsi non verbis, tarnen intentionibus usns
est.
 
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