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Gübele, Boris; Universität Stuttgart [Hrsg.]; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Deus vult, Deus vult: der christliche heilige Krieg im Früh- und Hochmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 54: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.51274#0275

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274

16. Gregor VII.

Leichtfertigkeit, aufgefasst wurde.1684 Gregor glaubte, dass ihn viele Soldaten bei
seinem Vorhaben unterstützen würden, eine Vision, die zu seiner Zeit nicht mehr
eintrat, sehr wohl aber unter seinen Nachfolgern. Die Vorstellung, Kaiserin
Agnes würde neben Mathilde den Kriegszug begleiten, auf dass die beiden viele
zu diesem Unternehmen animieren können, wirkt hingegen eher seltsam.1685
Einige Äußerungen des Papstes in dieser Angelegenheit, wie etwa auch der
bereits erwähnte Vorschlag, Heinrich IV. die römische Kirche anzuvertrauen,
wirken reichlich realitätsfem. Dennoch sollte bei der Bewertung seiner Visionen
nicht außer Acht gelassen werden, dass einige Jahre später der Erste Kreuzzug
durchaus einen Taumel der Begeisterung verursacht hat.
Nebenbei bemerkt, bestand um Gräfin Mathilde ein Kreis von Scholaren, der
sich mit Augustinus' Theorien zum Krieg auseinandersetzte, wobei die Kirche
und speziell das Papsttum die Autoritäten sein sollten, die zum Verteidigungs-
kampf rufen konnten.1686 Dementsprechend sei es an dieser Stelle gestattet, einen
kurzen Blick auf eben jene Mathilde zu werfen.

16.3. Kriegerische Terminologie in der Vita Mathildis
Dass im Umfeld des Investiturstreites immer wieder kriegerische Begrifflich-
keiten in Verbindung mit der Kirche auftauchen, zeigt nicht zuletzt die Vita
Mathildis des Donizo.1687 Donizo verfasste seinen Panegyricus, der im Grunde
eher ein Preislied auf die Herren von Canossa ist, zwischen 1111 und 1114.1688
Die fromme Mathilde, so Donizo, führe Krieg gegen die Feinde des Kreuzes
Christi.1689 Ihre Truppen sollen im Kampf die Hilfe des heiligen Petrus angerufen
haben.1690 Als sie kurz davor stand, Friedensverhandlungen mit dem verfein-
deten Heinrich IV. aufzunehmen, soll angeblich ein Eremit namens Johannes in
einer eindringlichen Ansprache hiervon abgeraten haben, mit der Begründung,
ein solcher Friede würde dem Heiligen Geist entgegenstehen und die bisherigen
Anstrengungen, die man im Namen Christi unternommen habe, ad absurdum
führen. Es wird also im Namen Christi und des Heiligen Geistes für den Krieg

1684 Epistolae vagantes, ep. 5, ed. H. E. J. Cowdrey, Oxford 1972, S. 10ff.: Quanta sit mihi meditatio
quantumque desiderium mare transeundi, ut christianis qui more pecudum a paganis occiduntur Christo
favente valeam succurrere, erubesco quibusdam dicere ne uidear aliqua duci leuitate.
1685 Vgl. ebd.
1686 Vgl. Jonathan Riley-Smith: The First Crusaders, Cambridge 1997, S. 47.
1687 Vgl. Donizo: Vita Mathildis, ed. L. Simeoni, Rerum Italicarum Scriptores. Nuova Edizione 5, 2,
Bologna 1940, S. 52, V. 1335 ff.; vgl. auch ebd., S. 63, V. 218 ff.
1688 Vgl. Giulia Barone: s.v. „Donzio v. Canossa", in: Robert-Henri Bautier u. a. (Hrsg.): Lexikon des
Mittelalters, Bd. 3, München / Zürich 1986, Sp. 1247 f. Mathilde verstarb während der Fertig-
stellung eines für sie bestimmten Exemplares, weshalb Donizo hier noch eine Totenklage an-
fügte.
1689 Vgl. Donizo: Vita Mathildis, S. 64, V. 259 ff.
1690 Vgl. ebd., S. 68, V. 351 f.
 
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