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Gübele, Boris; Universität Stuttgart [Hrsg.]; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Deus vult, Deus vult: der christliche heilige Krieg im Früh- und Hochmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 54: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.51274#0378

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22. Bernhard von Clairvaux

Nach dem Ersten Kreuzzug tat sich das Problem auf, wie man die Sicherheit von
Personen und Gütern in den neu eroberten Territorien garantieren sollte.2331 Ein
Resultat dieser Problematik war die Entstehung mehrerer Ritterorden, deren
Ideologie logischerweise eng mit der Vorstellung von einem heiligen Krieg
verknüpft ist. Hans Prutz sah es seinerzeit als wahrscheinlich an, dass islami-
sches Denken die christlichen Ritterorden beeinflusst hatte. Prutz befand, dass
der djihäd, „d.h. der heilige Krieg, der Krieg zur Ausbreitung des rechten
Glaubens und, wenn die Ungläubigen sich nicht unterwerfen wollen, zu ihrer
Ausrottung", aus dem „Wesen des Islam" entsprungen sei, und dass das
Christentum vor den Kreuzzügen „einen solchen Begriff seinem friedlichen
Wesen nach zu entwickeln nicht den Beruf hatte."2332 Prutz teilte also bereits die
Einschätzung, dass man innerhalb der Geschichte des Christentums erst ab den
Kreuzzügen von einem „heiligen Krieg" sprechen könne, wobei sich jedoch seine
Definition von „heiligem Krieg" nicht mit der in dieser Arbeit vorgestellten
deckt.
Im Jahr 1120, also rund 20 Jahre nach der Eroberung Jerusalems, gründete
Hugo von Payens mit weiteren Rittern in Jerusalem den Orden der Templerritter.
Die Templer entstanden aus dem Wunsch heraus, den Pilgern in das Heilige
Land Schutz zukommen zu lassen.2333 Der Orden, der anfangs eher unbekannt

2331 Vgl. Pierre Vial: L'ideologie de guerre sainte, et l'ordre du Temple, in: Melanges en l'honneur du
Etienne Foumial, Saint-Etienne (Loire) 1978 (Annales de l'Unite d'enseignement et de recherche
des lettres et Sciences humaines de l'Universite de Saint-Etienne 1), S. 327-334; hier S. 329.
2332 Vgl. Hans Prutz: Die geistlichen Ritterorden. Ihre Stellung zur kirchlichen, politischen, gesell-
schaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung des Mittelalters, Berlin 1908 (ND 1977), S. 31 f.
Übrigens gelten die im djihäd Gefallenen als Märtyrer des Glaubens, während passive Märtyrer
im Islam eher selten sind; vgl. Axel Havemann: Heiliger Kampf und Heiliger Krieg - Die
Kreuzzüge aus muslimischer Perspektive, in: Bruns / Gresser (Hrsg.): Vom Schisma zu den
Kreuzzügen, S. 155-178; hier S. 158. Der Begriff „djihäd" kann auch als Bemühung verstanden
werden, die darauf abzielt, sich selbst in moralischer wie religiöser Hinsicht zu verbessern und
zu perfektionieren. Teilweise wird dieser „spirituelle djihäd" auch als der „größere djihäd"
bezeichnet, im Gegensatz zum „physischen djihäd" oder auch „kleineren djihäd", der den
militärischen Kampf meint, welcher das Ziel hat, den Islam auszubreiten; vgl. Emile Tyan: s. v.
„djihäd", in: Bemard Lewis u. a. (Hrsg.): The Encyclopaedia of Islam. New Edition, Bd. 2, Leiden
1965, S. 538 ff. Die Frage, ob der islamische djihäd die Kreuzzüge beeinflusst haben, wird auch
heutzutage immer wieder einmal diskutiert, vgl. etwa Kristin Skottki: Christen, Muslime und
der Erste Kreuzzug. Die Macht der Beschreibung in der mittelalterlichen und modernen His-
toriographie, Münster / New York 2015 (Guttural Encounters and the Discourses of Scholarship
7), S. 120 ff. Cobb zufolge gibt es für eine solche Verbindung jedoch keinen Beleg; vgl. Paul M.
Cobb: Der Kampf ums Paradies. Eine islamische Geschichte der Kreuzzüge, Darmstadt 2015,
S. 41.
2333 Vgl. Malcolm Barber: The New Knighthood. A History of the Order of the Temple, Cambridge
1994, S. 9; Jonathan Riley-Smith: Aspects of Hospitaller and Templar Memory, in: Nicholas Paul /
Suzanne Yeager (Hrsg.): Remembering the Crusades. Myth, Image, and Identity, Baltimore 2012,
S. 233-251; hier S. 239.
 
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