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Gübele, Boris; Universität Stuttgart [Editor]; Jan Thorbecke Verlag [Editor]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Deus vult, Deus vult: der christliche heilige Krieg im Früh- und Hochmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 54: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2018

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51274#0228

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10.9. Das Kreuz

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auch seine Kraft im Krieg zu verdanken gehabt habe.1388 Wenn man bedenkt,
dass in dieser Textstelle sowohl der Krieg gegen die Perser als auch die Macht des
Kreuzes thematisiert wird, dann mag der Schluss naheliegen, dass man es hier,
Mitte des sechsten Jahrhunderts, mit einer Art Vorausdeutung auf spätere Ent-
wicklungen unter Herakleios zu tun hat.
Konstantin Porphyrogennetos wiederum beschrieb in der Lebensbeschrei-
bung seines Großvaters Basileios I. unter anderem ein Mosaik innerhalb des von
diesem erbauten Kenourgions, auf dem der Herrscher samt seiner Familie dar-
gestellt war. Auf dieser Abbildung sei auch das Kreuz zu sehen gewesen sein,
welches Konstantin als „siegbringendes Kreuz" bezeichnet, das vom Kaiser und
seiner Familie dementsprechend verehrt worden sei.1389 In dem selben Palast hat
sich laut Konstantin übrigens auch ein Mosaik befunden, welches Herakleios
und seinen Schlachten gewidmet war. Die Siege des Herakleios werden in dieser
Beschreibung durchaus Gott zugeschrieben.1390
Das Kreuz, ursprünglich ein Symbol für den Sieg über die spirituellen
Feinde, wurde schließlich auch zu einem Symbol für den Sieg über irdische
Feinde.1391 So bezeichnete der im siebten und achten Jahrhundert lebende Dichter
Andreas von Kreta das Kreuz eben nicht nur als Licht in der Dunkelheit, sondern
eben auch als die Stärke der Könige und als den Sieg der Feldherren.1392
Auf einem Kreuzreliquiar aus den Jahren 963-969 finden wir schließlich
nicht nur das Kreuz, sondern auch einen sehr deutlichen Bezug zu Konstantin
dem Großen. Hier wird zunächst darauf hingewiesen, dass Konstantin das
Kreuz von Christus erhalten hatte, ehe es nun Nikephoros innehabe, der damit
die Barbaren in die Flucht schlage.1393 Das Kreuz diente hier also als Hilfe in der
Schlacht, stärkte vermutlich die Moral der eigenen Truppen. Durch den Bezug zu

1388 Prokop: De aedificiis libri VI, ed. J. Haury / G. Wirth, Procopii Caesariensis opera omnia 4,
Leipzig 1964, S. 18: ßAcTTEL ös tiqöc, ävicxpvrä nov röv rjAiov, rrjv pvidyquLV sni riEoaaq,
oipcu, noLOupsvoc. [...] exelöe oute Sicpoq oute öooötlov oute dAAo tcov öttAgjv oüösv, aAAa
aravQÖq aÜTCp ettltoü ttoAou ettlkeltcu, öl’ ou ör] povou tiJv te ßaoiAsiav kolltö toü noAspou
TTETTOQLOTLXL KOCXTOC.
1389 Vgl. Konstantin VII. Porphyrogennetos: Historia de vita et rebus gestis Basilii [=Theophanes
continuatus V], ed. I. Bekker, CSHB, Bonn 1838, S. 334.
1390 Vgl. ebd., S. 332.
1391 Vgl. Binon: Un „Eloge de la Sainte Croix", S. 115.
1392 Andreas von Kreta: In exaltationem crucis, ed. J.-P. Migne, PG 97, Paris 1865, Sp. 1022: Erauooq
[...] cpdx; TCÖV EV OKOTEL [...] EV ijpEG« TTUQyOC [...] ßctOlAECOV KOCXTOC, CTTQTqyCÖV VLKOC. Vgl.
auch Pseudo-Johannes Chrysostomos: In adorationem venerabilis crucis, ed. J.-P. Migne, PG 62,
Paris 1862, Sp. 748 ff.
1393 Reliquiar des heiligen Kreuzes, ed. A. Goldschmidt / K. Weitzmann, Die byzantinischen Elfen-
beinskulpturen 2, Berlin 1934, S.48: K(cd) 1IPIN KPATAIQ AEEHOTH KQNETANTINQ /
X(qlot6)E AEAQKE ET(au)PON EI(c) EQTHPIAN K(cd) NYN AE TOYTON EN©(e)Q NIKH-
OOPOE / ANAE TPOIIOYTAI OYAA BAPBAPQN EXON. Zu dem Reliquiar vgl. auch Oiko-
nomides: Holy War and Two Ivories, S. 77 ff. Zur Datierung, vgl. ebd., S. 83 f. Die Aussage, die
Kaiser würden die Barbaren mithilfe des Kreuzes besiegen, findet sich auch noch auf einer
Staurothek von 948-959; vgl. ebd., S. 84 f. Oikonomides will freilich keine „real martial attitudes,
and even less, religious martial attitudes" in derartigen Fundstücken erkennen; vgl. ebd., S. 86.
Dem steht jedoch die durchaus martialische Terminologie entgegen.
 
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