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Gübele, Boris; Universität Stuttgart [Editor]; Jan Thorbecke Verlag [Editor]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Deus vult, Deus vult: der christliche heilige Krieg im Früh- und Hochmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 54: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2018

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51274#0362

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20.5. Albert von Aachen

361

zen.2245 So habe man die Altäre wiederhergestellt ebenso das Bild Christi und die
Figuren der Heiligen, die regelrecht geblendet worden seien. Die Wiederher-
stellung der christlichen Kulte habe sowohl den lateinischen wie auch den
griechischen Christen gegolten. Auch der vormals von den Muslimen gequälte
Patriarch sei wiedereingesetzt worden. 2246 Die Christen präsentieren sich hier
also als Einheit als eine Religion, deren Symbole und Kultgegenstände von den
Anhängern der feindlichen Religion geschändet und entweiht wurden. Nach
dem militärischen Sieg ist es daher selbstverständlich, dass diese zerstörerischen
Handlungen möglichst unverzüglich rückgängig gemacht werden. Dass der
Sieg in dem Verständnis des Chronisten von Gott gewährt wurde, ist keine
Überraschung.2247
Die gedankliche Frontstellung, die auch nach dem Ersten Kreuzzug zwi-
schen Christen und Muslimen bestand, lässt sich in einer Stelle bei Albert gut
dokumentiert finden, wo ein als Malducius bezeichneter muslimischer Anführer
nicht nur als regelrechter Schlächter der Christen dargestellt wird, sondern eben
auch betont wird, dass er aufgrund der „Tyrannis", die er den Christen gegen-
über ausgeübt haben soll, bei den Muslimen einen außerordentlich guten Ruf
besessen habe.2248
Interessanterweise scheinen die Kreuzfahrer jedoch, trotz allem, nicht nur
Verachtung für die Muslime und deren Sitten entgegengebracht zu haben. Zu-
mindest schildert Albert einen Vorfall, bei dem eine junge muslimische Geisel,
immerhin sogar Mahumeth genannt, in der Obhut der Kreuzfahrer verstirbt.
Gottfried soll daraufhin dafür gesorgt haben, dass die Leiche des Jungen iuxta
morem gentilium in Purpur gehüllt seinem Vater überbracht wurde. Zugleich soll
Gottfried gegenüber dem Vater beteuert haben, dass ihn der Tod des jungen
Mahumeth nicht weniger berühre, als wäre sein eigener Bruder gestorben.2249
Dennoch fühlte man sich nicht mit den Muslimen verbunden, sondern
vielmehr mit den Christen der Region, zumindest wenn man Albert folgen
möchte. Seiner Darstellung zufolge waren die Kreuzfahrer die Brüder im Geiste
derjenigen Christen, welche im Heiligen Land, etwa in Bethlehem lebten. Letz-
tere, von den Muslimen bedrängt, hätten eine Gesandtschaft zu Gottfried ge-
sandt, damit dieser ihnen zu Hilfe eile, so der Chronist. Ähnlich verhält es mit
den nichtchristlichen Feinden: Gentiles namque ex omni plaga regni Babylonie audito
aduentu peregrinorum confluebant in lerusalem, ad defensionem urbis et occisionem
Christianorum.2250 Wieder wird der stattfindende Krieg also als ein Konflikt der
Religionen empfunden. Dazu passt es denn auch, dass die Kreuzfahrer von den
einheimischen Christen voller Freude als confratres empfangen worden seien,
verbunden mit der Erwartung, dass diese die heiligen Stätten von den heidni-

2245 Vgl. ebd., S. 338.
2246 Vgl. ebd.
2247 Vgl. ebd., S. 340.
2248 Ebd., S. 850: apud Turcos et omnes gentiles nomine etfama exaltatus est, eo quod pre omnibus ampliorem
tyrannidem in fideles Christi exercuisset. Gemeint ist Sharaf al-Dm Mawdüd.
2249 Vgl. Albert von Aachen: Historia lerosolimitana, S. 378.
2250 Ebd., S. 398.
 
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