4.11. Die Bedeutung der Feldzüge des Herakleios
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wir von der byzantinischen Kriegsführung gemeinhin haben. Wenn wir an By-
zanz denken, denken wir nicht an heiligen Krieg und kämpfende Märtyrer,
sondern an Söldner, die ständig bezahlt werden müssen, um sie bei Laune zu
halten, vielleicht auch an die bereits angesprochene, eher defensive Einrichtung
der Themen. Anders als zu späteren Zeiten in der byzantinischen Geschichte,
wurde bei Herakleios jedoch noch nicht auf Geld als Motivation für die Krieger
gesetzt, vielmehr scheint es den Versuch gegeben zu haben, die Soldaten mithilfe
der Religion anzuspomen. Dies mag sich umso mehr deswegen angeboten ha-
ben, weil der Gegner einer völlig anderen, fremden Religion anhing.
Die angeführten Textstellen zeigen, dass das byzantinische Reich im siebten
Jahrhundert eine Vorstellung gekannt haben dürfte, die der eines heiligen
Krieges äußerst ähnlich war.395 Ob hier tatsächlich eine Vorausdeutung auf die
Kreuzzüge vorliegt, lässt sich nicht so einfach klären. Einflüsse auf die lateinische
Christenheit dürften nur schwer nachweisbar sein. Dennoch soll dies gleich im
Anschluss wenigstens in Ansätzen versucht werden.
Das Konzept des heiligen Krieges in Byzanz, so man davon sprechen kann,
dürfte jedoch keine allzu starke Weiterentwicklung erfahren haben. So schreibt
George Dennis, dass für die Byzantiner sowohl der Kreuzzug als auch der djihäd
verabscheuungswürdig gewesen seien.396 Die Byzantiner hätten nie wirklich
verstanden, weshalb all diese westlichen Ritter durch ihr Land marschierten.397
Harris zufolge betrachtete Alexios den sich herannahenden Kreuzzug vor allem
als Bedrohung. Zugleich habe man im byzantinischen Reich aber auch die
Möglichkeit gesehen, dass das Kreuzfahrerheer den östlichen Feinden des Rei-
ches Schaden zufügen könnte.398
395 Mischa Meier zweifelt jedoch daran, dass es zur Zeit des Herakleios „Religionskriege" gegeben
habe und will hier eher Legitimationsprobleme des Basileus ausmachen. Dennoch gesteht auch
er zu, dass unter Herakleios ein Höhepunkt in der Sakralisierung des Krieges erreicht wurde;
vgL Mischa Meier: Der christliche Kaiser zieht (nicht) in den Krieg. „Religionskriege" in der
Spätantike?, in: Holzem (Hrsg.): Krieg und Christentum, S. 254-278; hier S. 269.
396 Vgl. Dennis: Defenders of the Christian People, S. 32; ähnlich Hannes Möhring: Byzanz zwischen
Sarazenen und Kreuzfahrern, in: Fischer / Schneider (Hrsg.): Das Heilige Land im Mittelalter,
S. 45-76; hier S. 57; loannis Stouraitis: Jihäd and Crusade. Byzantine Positions towards the
Notions of „Holy War", in: Byzantina Symmeikta 21 (2011), S. 11-63. Selbst in einem populär-
wissenschaftlichen Werk wie demjenigen von Jonathan Phillips findet man eine solche Ansicht;
vgl. Jonathan Phillips: Heiliger Krieg. Eine neue Geschichte der Kreuzzüge, München 2011, S. 40.
Stouraitis betont, dass die Byzantiner, im Gegensatz zu den Muslimen, lediglich vom Ansatz der
Verteidigung bzw. Wiederherstellung der Institution des Römischen Reiches ausgingen, wäh-
rend die Muslime im Krieg ein gottgewolltes Mittel gesehen hätten, um ihre Religion zu ver-
breiten; vgl. Stouraitis: Krieg und Frieden, S. 327; 330. Zur Zurückweisung der islamischen Idee
des Krieges als heiligendes Mittel in byzantinischen Quellen vgl. ebd., S. 332 f.
397 Vgl. Dennis: Defenders of the Christian People, S. 33. Kolia-Dermitzaki zufolge wollten die
byzantinischen Autoren bei einem Kreuzzugsuntemehmen nichts anderes erkennen als einen
gewöhnlichen Feldzug und betrachteten die Kreuzfahrer lediglich als ein Heer wie alle anderen;
vgl. Athina Kolia-Dermitzaki: Die Kreuzfahrer und die Kreuzzüge im Sprachgebrauch der
Byzantiner, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 41 (1991), S. 163-188; hier S. 184.
398 Vgl. Harris: Byzantium and the Crusades, S. 56. Während der Herrschaft der Komnenen und der
Angeloi wurden die Kreuzfahrer insgesamt als Eindringliche angesehen; vgl. Anca: Herr-
schaftliche Repräsentation, S. 132.
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wir von der byzantinischen Kriegsführung gemeinhin haben. Wenn wir an By-
zanz denken, denken wir nicht an heiligen Krieg und kämpfende Märtyrer,
sondern an Söldner, die ständig bezahlt werden müssen, um sie bei Laune zu
halten, vielleicht auch an die bereits angesprochene, eher defensive Einrichtung
der Themen. Anders als zu späteren Zeiten in der byzantinischen Geschichte,
wurde bei Herakleios jedoch noch nicht auf Geld als Motivation für die Krieger
gesetzt, vielmehr scheint es den Versuch gegeben zu haben, die Soldaten mithilfe
der Religion anzuspomen. Dies mag sich umso mehr deswegen angeboten ha-
ben, weil der Gegner einer völlig anderen, fremden Religion anhing.
Die angeführten Textstellen zeigen, dass das byzantinische Reich im siebten
Jahrhundert eine Vorstellung gekannt haben dürfte, die der eines heiligen
Krieges äußerst ähnlich war.395 Ob hier tatsächlich eine Vorausdeutung auf die
Kreuzzüge vorliegt, lässt sich nicht so einfach klären. Einflüsse auf die lateinische
Christenheit dürften nur schwer nachweisbar sein. Dennoch soll dies gleich im
Anschluss wenigstens in Ansätzen versucht werden.
Das Konzept des heiligen Krieges in Byzanz, so man davon sprechen kann,
dürfte jedoch keine allzu starke Weiterentwicklung erfahren haben. So schreibt
George Dennis, dass für die Byzantiner sowohl der Kreuzzug als auch der djihäd
verabscheuungswürdig gewesen seien.396 Die Byzantiner hätten nie wirklich
verstanden, weshalb all diese westlichen Ritter durch ihr Land marschierten.397
Harris zufolge betrachtete Alexios den sich herannahenden Kreuzzug vor allem
als Bedrohung. Zugleich habe man im byzantinischen Reich aber auch die
Möglichkeit gesehen, dass das Kreuzfahrerheer den östlichen Feinden des Rei-
ches Schaden zufügen könnte.398
395 Mischa Meier zweifelt jedoch daran, dass es zur Zeit des Herakleios „Religionskriege" gegeben
habe und will hier eher Legitimationsprobleme des Basileus ausmachen. Dennoch gesteht auch
er zu, dass unter Herakleios ein Höhepunkt in der Sakralisierung des Krieges erreicht wurde;
vgL Mischa Meier: Der christliche Kaiser zieht (nicht) in den Krieg. „Religionskriege" in der
Spätantike?, in: Holzem (Hrsg.): Krieg und Christentum, S. 254-278; hier S. 269.
396 Vgl. Dennis: Defenders of the Christian People, S. 32; ähnlich Hannes Möhring: Byzanz zwischen
Sarazenen und Kreuzfahrern, in: Fischer / Schneider (Hrsg.): Das Heilige Land im Mittelalter,
S. 45-76; hier S. 57; loannis Stouraitis: Jihäd and Crusade. Byzantine Positions towards the
Notions of „Holy War", in: Byzantina Symmeikta 21 (2011), S. 11-63. Selbst in einem populär-
wissenschaftlichen Werk wie demjenigen von Jonathan Phillips findet man eine solche Ansicht;
vgl. Jonathan Phillips: Heiliger Krieg. Eine neue Geschichte der Kreuzzüge, München 2011, S. 40.
Stouraitis betont, dass die Byzantiner, im Gegensatz zu den Muslimen, lediglich vom Ansatz der
Verteidigung bzw. Wiederherstellung der Institution des Römischen Reiches ausgingen, wäh-
rend die Muslime im Krieg ein gottgewolltes Mittel gesehen hätten, um ihre Religion zu ver-
breiten; vgl. Stouraitis: Krieg und Frieden, S. 327; 330. Zur Zurückweisung der islamischen Idee
des Krieges als heiligendes Mittel in byzantinischen Quellen vgl. ebd., S. 332 f.
397 Vgl. Dennis: Defenders of the Christian People, S. 33. Kolia-Dermitzaki zufolge wollten die
byzantinischen Autoren bei einem Kreuzzugsuntemehmen nichts anderes erkennen als einen
gewöhnlichen Feldzug und betrachteten die Kreuzfahrer lediglich als ein Heer wie alle anderen;
vgl. Athina Kolia-Dermitzaki: Die Kreuzfahrer und die Kreuzzüge im Sprachgebrauch der
Byzantiner, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 41 (1991), S. 163-188; hier S. 184.
398 Vgl. Harris: Byzantium and the Crusades, S. 56. Während der Herrschaft der Komnenen und der
Angeloi wurden die Kreuzfahrer insgesamt als Eindringliche angesehen; vgl. Anca: Herr-
schaftliche Repräsentation, S. 132.