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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 18.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.25834#0044

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— 86

Lanöschaüliche Aedebilder.

^rabow sagto in seiner zwciten Eröffnnngsrede: den könig-
lichen Wahlsprnch:

Nur wer anf de>n Fels des Nechtes steht,

Steht auch anf dem Feld des Sieges und der Ehre,

habe sich auch die Kammer erkoren.

Wenn in Prcußen das Necht nntten auf dem Feld des
Sieges stehff dann ist preußisches Recht jedensalls ein „erratischer
Block", der sich in das Gebiet der Macht verirrt hat.

Und wenn in Preußen das Recht ein Fels sein muß, so
sragt sich: was sür einer? Granit? Basalt? Oder verwittern-
der Kalk-, leicht zn zerbröckelnder Sand-, oder gar dnrchlöcherter
Trop fstein?

Ferner sagte Grabow: „Die Art wird an den Baum der
Sclbstverwaltung gelegt". Also das Recht ist ein Fels und
die Selbstverwaltung ein Baum. Und Herr v. Bismark ist der
Mann, der nicht lange auf den Busch klopft, sondern gleich
Bäume umhaut, mit den Worten: der Zucht will ich ein Ende
machen.

„Dicser Vaum, sagt Grabow, trägt seit 1808 als seine
schönsten Früchte: Gemeinstnn und Gemeinwohl". Daß das
Gemeinwohl von der Selbstverwaltung abhängt, haben wir
gewußt. Daß aber der Gemeinsinn auch eine Frucht ist, hätten
wir nicht geglaubt. Den Gemeinsinn möchte man eher sür den
Boden halten, der die erste Bedingung ist, wenn der Selbstver-
waltungsbanm gepflanzt werden soll, weil er aus demselben seine
besten Kräfte zieht. Doch Gärtner Grabow erklärt den Fousrm
oommunis sür eine Obstgattung, und wenn Bismark gleich den
ganzen Baum fällt, braucht er am Gemeinsinn nicht lange
zu rütteln.

Man denke sich nun die ausgedehnten Felder der Ehre und
des Sieges, die Ernte ist vorüber und die Stoppeln der Ehre
stehen da; in der Mitte erhebt sich der nackte Fels des bloßen
Nechts, im Hintergrunde der Baum der Selbstverwaltung —
man wird gestehen müßen, es ist jedenfalls

eine schöne Gegend!
 
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