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Jtalien, sagt man in Florenz, braucht die dentschen Produkte
durchaus nicht, es kann dieselben auch anderswo kaufen. Und
wozu braucht Deutschland Jtalien? Jst auf der Münchener
Hochebene nicht geuug Platz, um die schönsten Pomeranzenwälder
anzulegen? Wenn die erzielten Früchte vielleicht auch etwas
sauer schmecken würden, so wäre doch der legitimistische Stand-
punkt gewahrt. Seide bauen wir selber und was wir nicht fertig
bringen, das machen dann die Chinesen. Was endlich die vul-
kanischen Produkte Jtaliens betrisst, so sind die Deutschen schon
im Stande, sich einander selbst etwas vorzuschwefeln.
Weit über all' diese Gründe, die vielleicht nicht ganz stich-
haltig stnd, geht die schuldige Rücksicht auf Oestreich. Oestreich
hat zwar den griechischen Georgios anerkannt, und das war nicht
schön, aber ein Unrecht, sagt die Moralphilosophie, kann durch
ein zweites nicht aufgewogen werden. Oestreich hat seine alten
Verträge mit Sardinien, es wird also herüber und hinüber gehandelt,
wo die Waaren weiter hingehen, das kümmert die k. k. „Sectionen"
zn Wien nicht im Geringsten; Bayern aber hat die hohe und
ehrenvolle Mission, dem legitimistischen Princip, das Oestreich
nur theoretisch wahrt, auch praktisch seine Opfer zu bringen.
Bayerns Politik wird nicht nur von commerciellen, fondern auch
von sittlichen Motiven geleitet — unser Ministerium des Aeußern .
steht groß da unter den Ministerien der Neuzeit und um so
größer, als gegenwärtig sogar noch ein drittes Stockwerk aufgesetzt
wird. Sonderbarer Weise hat gerade diesen Bau ein italienischer
Meister übernommen und wer um die Mittagsstunde vorübergeht,
der sieht die braunen Kinder des Südens in der Sonne liegen.
Es sieht manchmal aus, als ob sie melancholisch darüber wären,
daß gerade der Staatsmann, dem sie einen so schönen Bau auf-
führen, von dem Aufbau Jtalien's Nichts wissen will.
Doch wir werden, wenn es nicht mehr andeks geht und wenn
wir keinen Dank mehr dafür zu erwarten haben, auch Jtalien
anerkennen. Bayern ist wie das Mädchen, von dem Nestroy
schreibt: „Sie sagt immer, es schickt sich nicht, und sie geht
doch in die Laube!" Unsere Regierung ging in die Finanz-
perioden-Abkürzungs-Laube, in die Amnestie-Laube, in die Han-
delsvertrags-Laube — sie wird schließlich ebenso in die italienische
Anerkennungs-Laube gehen, wenn sich's auch vom legitimistischen
Standpunkte „nicht schickt". Das ist die Macht der Verhält-
nisse — daß eben die Verhältnisse Alles machen.
Jtalien, sagt man in Florenz, braucht die dentschen Produkte
durchaus nicht, es kann dieselben auch anderswo kaufen. Und
wozu braucht Deutschland Jtalien? Jst auf der Münchener
Hochebene nicht geuug Platz, um die schönsten Pomeranzenwälder
anzulegen? Wenn die erzielten Früchte vielleicht auch etwas
sauer schmecken würden, so wäre doch der legitimistische Stand-
punkt gewahrt. Seide bauen wir selber und was wir nicht fertig
bringen, das machen dann die Chinesen. Was endlich die vul-
kanischen Produkte Jtaliens betrisst, so sind die Deutschen schon
im Stande, sich einander selbst etwas vorzuschwefeln.
Weit über all' diese Gründe, die vielleicht nicht ganz stich-
haltig stnd, geht die schuldige Rücksicht auf Oestreich. Oestreich
hat zwar den griechischen Georgios anerkannt, und das war nicht
schön, aber ein Unrecht, sagt die Moralphilosophie, kann durch
ein zweites nicht aufgewogen werden. Oestreich hat seine alten
Verträge mit Sardinien, es wird also herüber und hinüber gehandelt,
wo die Waaren weiter hingehen, das kümmert die k. k. „Sectionen"
zn Wien nicht im Geringsten; Bayern aber hat die hohe und
ehrenvolle Mission, dem legitimistischen Princip, das Oestreich
nur theoretisch wahrt, auch praktisch seine Opfer zu bringen.
Bayerns Politik wird nicht nur von commerciellen, fondern auch
von sittlichen Motiven geleitet — unser Ministerium des Aeußern .
steht groß da unter den Ministerien der Neuzeit und um so
größer, als gegenwärtig sogar noch ein drittes Stockwerk aufgesetzt
wird. Sonderbarer Weise hat gerade diesen Bau ein italienischer
Meister übernommen und wer um die Mittagsstunde vorübergeht,
der sieht die braunen Kinder des Südens in der Sonne liegen.
Es sieht manchmal aus, als ob sie melancholisch darüber wären,
daß gerade der Staatsmann, dem sie einen so schönen Bau auf-
führen, von dem Aufbau Jtalien's Nichts wissen will.
Doch wir werden, wenn es nicht mehr andeks geht und wenn
wir keinen Dank mehr dafür zu erwarten haben, auch Jtalien
anerkennen. Bayern ist wie das Mädchen, von dem Nestroy
schreibt: „Sie sagt immer, es schickt sich nicht, und sie geht
doch in die Laube!" Unsere Regierung ging in die Finanz-
perioden-Abkürzungs-Laube, in die Amnestie-Laube, in die Han-
delsvertrags-Laube — sie wird schließlich ebenso in die italienische
Anerkennungs-Laube gehen, wenn sich's auch vom legitimistischen
Standpunkte „nicht schickt". Das ist die Macht der Verhält-
nisse — daß eben die Verhältnisse Alles machen.