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Münzenberger, Ernst Franz August; Beissel, Stephan
Zur Kenntnis und Würdigung der Mittelalterlichen Altäre Deutschlands: ein Beitrag zur Geschichte der vaterländischen Kunst (Band 2): Mit 100 photogr. Tafeln — Frankfurt a.M., 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.15164#0078

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Im Obcramt Mehringen bat nur der Lsauptort cinen
xrachtvollen, unr I5>00 aus Nürnberg bezogeneil Schrein von

nr Lsöhe, Z,ch> m Breite u»d 0.7l rn Tiefe. Lr stebt
fetzt iin Rrcuzgange der chtiftskirche von Gehringen').
Leine fünf Statuen: Maria, die Axostelsürsten, die patrone
des Gottesbauscs, (kficronymus und Uilian) bliebcn, abgesehen
von den Augensternen (und Lippen?), unbemalt. Dis reichen
Baldachine sind gebildet aus Lselsrücken und Filialen, die sich
winden, krümmen und an einen kräftigen, aber entlaubten Lich-
baum erinnern.

Lin Altar der lst. Lippe mit vier Frauen, sechs Ncännern,
dem fZesukind und vier Unaben, zu denen aus den Llügeln
noch Limon und Zudas koninien, stand ehedem in einer
Annakapelle zu Mulsingen, im Oberamt Uünzelsau, und
wird jetzt aus dem dortigen Rathause aufbewahrt.

s)m Oberamt Gerabronn sind in bsilgartshausen
zwci spätgothische Flügelaltäre mit je drei Ltatuen durch un-
geschickte Nestauration verdorben worden. Gut erhalten ist
dagegen ein Altar zu Rleinansbach niit je drei Statuen
und je zwei Liguren in Basrelief aus den Llügeln?)

s)m chchrein zu Schainbach ist in der Mitte über der
Madonna in einer Nische die hl. Anna selbstdritt, auf den
Llügeln Ratharina mit Barbara geschnitzt. Die predella um-
schließt ein letztes Abendmahl, wobei Lhristus eben vom Tische
aufgestanden ist und auf sZudas hinweist. Die Außenseite der
kleinen Llügel zcigt, daß hier wohl eine Anspielung auf
j. Uor. ((, 2c) beabsichtigt ist: „wer unwürdig ißt und trinkt,
der ißt und trinkt sich das Gericht"; denn auch dort sind
Lcenen dargestellt, welche sonst nur neben Gerichtsbildern
stehen; Teufel treiben nämlich auf dem eiiien die Ver-
dammten in die Lsölle, während aus dem andern der hl.
petrus die Seligen in den ljimmel einläßt.

s)m letzten Obcramt des württembergischen Iaxtkreises,
das Ausbeute gibt, hat der Lsauptort, Mergentheim, nur
einen in der Sammlung des Rathhauses ausgestellten Llügel-
altar aus Althausen mit drei Btatuen und bemalten
Llügeln „von idealer Schönheit, vou rcligiöser Innigkeit und
Meihc."

Derlasseu wir nuu einstweilen Württemberg, um die noch
übrig gebliebenen Altäre in Bayern zu behandeln und dann
über Ulm nach Baden zu kommen.

Altäre zu

6. Augslmrg» Gichstiitl nn- Umgegend.

Die mächtige Reichsstadt Augsburg erhielt (^47 sür
das kvestchor ihres Domes eincn aus Bronce gegossenen
ksochaltar. Lr hat drei wimberge, deren Giebel die Lignren
des Gekreuzigten, Rlarias und des Lieblingsjüngers tragen.

Liu außergewöhnliches werk bewahrt auch die Uatha-

i) Aepxler a. a. V. 5. 262; Zeitschrift siir das württembergische
Lraiiken. Neue Folgc II, ;8S5 mit Abbildung; Lübke, Geschichte der
dcutschen Annst S. s;? init Abbildung des Schreines; Ios. Albrccht, Dic
Stiftskirchc zu Gehringen, Gehringen, ;S2?; Uunst- nnd Alterthnms-
Denkmale im Uönigreich Württemberg II.

Der in der Zeitschrift des historischen vercins fiir das württcm.
bergische Franken ;85I S. ;,s s. beschriebcne Llügelaltar zu Mistlau ist
nach Ucpxler S. ;2z nicht mehr da.

rincnkapelle beini Ureuzgange des Domes: cinen dlltar aus
Solenhoscr Ualksteiu mit süns erhabenen Reliefs in Ncnaissaiice-
umrahmung von (öUI. s)n der Rlitte ist die Geburt Lhristi,
zur Seite die verkündigung mit dcr bseimsuchuiig und die
Anbetung der Uönige mit dem Tode Rkarias in vortrefflicher
Art gegeben. Die Ligureu, ihre Uöpfe und läaare, sowie
die läintergründe sind in diesem dankbaren Rlatcrial mit
größter Lcinheit ausgeführt.

Von Iholz ist wiederum der nach Sighart erst (570
vollendete Altar der Schneckeukapelle iu Lt. Ulrich und Asra
zu Augsburg. Seine bemalten Skulxturen schnitzte (Z(^ Adols
Dowher, derselbe Uünstler, welcher (522 aus rothcm Rkarmor
und Soleuhofer Stein den Ijochaltar der Isauxtkirche iu
Aunaberg i. S. aussührte uud dabei zwei grundvcrschiedene
Stile vermengte: Isochrenaissauce uud schwäbische Gothik?)
Dec Altar der Schueckenkaxelle hält sich noch au die
sxätgothischeu Lormen; er hat abcr die Breiterichtuug der
alten Llügelaltäre aufgegebeu imd eiue Thurmpyramide uach-
geahmt. Selbst bei geöffneteu Llügeln stcigt die Isöhe auf
mehr als das Doppelte dcr Breite.

))ii der hoheu j)redella sind die Uiiiefigureu des hl. Iakobus
und zweier Bischöfe, in der Rlitte des Schreines zwei
hh. Iungfraueii iiebcn der Rkadonua augebracht, iu der
Urönung die Taufe Lhristi uud der Schmerzensmaim zwischen
vier, Leidenswerkzeuge tragenden Lngeln. tvohl endet der
überhöhte Schrein iioch in geraden Liiiien, doch sind dieselben
durch allerlei ricmenförmige, in einander verflochtene Ornamente
verdeckt, welche zu einer Nische mit der Taufe Lhristi über-
leiten. Unteu steht nebeu dem Schrein rechts und links je
ein Bischof in einem spätgothischen Tabernakel. Aehnliche zwci-
stöckische Tabernakel begleiten die Rlitte des Oberbaues.
putten, welche mit kleiuen Lngeln wechseln, zahlreiche klein-
liche, meist xarallellausenoe Lalteu, leere Uöpfe, magere
Ornameute, runde Bogen neben sxitzen, laiiggestrecktcu Lialen
zeigeu, daß der Uünstler zwischen dem althergebrachten und
dem neuen Stil schwankt. kvichtig ist sein lverk besonders
darum, weil in ihm schon alle Grundzüge der späteru Altar-
kolosse hervortreten, und weil es, wie dies jeue bverke des
neuern Geschmackes thun, deu Lhorraum der Uaxelle bis
zum Gewölbe iu der geschicktesteu Art füllt. Das ist aber ein
Vorzug, der manchen, theuern gothischeu Altarbauten der
letzteu (Zahrzehnte leider fehlt. Sie werden nur zu oft ohne
alle Rücksicht auf ihreu zuküiiftigen platz componirt und wollen
sich in densclben darum nicht eingliedern.

Lin Altar des historischen vereins zu Augsburg gehört
zur Rlmer Schule. 1v o l l »i e ts ha use n hat in einer rund-
bogigen Bleude über seinem Altar eine schöne, durch neuc
Bemalung verdorbene Beweinung Lhrisli, Bisselbach einen
Altar mit der hl. Sixpe. 2lus der Llisabethkapelle des
Uaisheimer bsofes zu Augsburg gelangte ein Altar ins
germanische Rkuseum. Lr wird der Zeit (Z00—(520
zugewiesen, doch ist „nicht sicher, daß die Liguren ursprünglich
ihre jetzigen plätze hatten."^) Iwei bewegte, oben auf den
Schrein in leichtes Laubwerk neben die hl. Llisabeth gestellte
Ritter, Georg und Llorian, sind jedensalls älter, als die
Grupxe im Schrein. Dort sitzeu Anna und Riaria auf einer
Bank. Die Großmutter beschäftigt sich mit ihrem auf dem

Lode, jdlastik ;sg.

3) Uatalog dcr Skulpturen n. 358.

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