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Münzenberger, Ernst Franz August; Beissel, Stephan
Zur Kenntnis und Würdigung der Mittelalterlichen Altäre Deutschlands: ein Beitrag zur Geschichte der vaterländischen Kunst (Band 2): Mit 100 photogr. Tafeln — Frankfurt a.M., 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.15164#0120

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ülittelalterliche Altäre

in Oesterreich.

1. Tirol.

^ie verordnungen mittelalterlicher Konzilien, hin-
ter jedem Altare müsse das Bild des patrons
angebracht werden, enthielten keine neue
Vorschrift, sondern gaben nur einer alther-
gebrachten Gewohnheit feste Gesetzeskrast. Bchon in den
Ratakomben glänzten über den Gräbern der Märtyrer ihre
Bilder, und in den Basiliken schauten sie aus den farben-
xrächtigen Mosaiken herab aus der Apsis auf ihre Altäre
und das um dieselben versammelte Volk t). Nachher traten

i) von den ältesten Altären in Tirol haben sich laut Mittheilungen
des 6. Lonservator Atz bcinahe ausnahmslos nur die Nensen in
cinsamen Filialkirchlein erhaltcn. Diese bilden cin cinfach gemauertes
viereck von t m lföhe und 1H2 m Länge. Die Tiefe odcr Dicke kommt
der ksöhe nahe, übertrifft diese aber auch hie und da. Die Deckxlatte
ist inassiv und auf drei Seiten oder doch vorne stark vorsxringend, durch
eine Fase oder bsohlkehle xrofilirt. Lin Sockel kommt nie vorl Das
Lepulcrum findet sich stets vorne, nahezu im Mittelxunkt angebracht.
Ls bildet eine ausgemauerte, quadratische veitiefung von ;2—;8 em.
Als verschluß dient eine rohe jdlatte, die in der Regel mit vcrxutz
überzogen ist. Zu 5t. j)eter im lvalde bei Ala fand man nach
j)rof. 5ulzer (Mittheiluugen der k. k. Lentralcommission IX (t8Sh) 5.
DXXII die Reliquien in einem römischen Meilensteine, der oberhalb
ausgehöhlt und in der Mensa eingemauert war. Bei Lienz im
Pusterthal wurden bei Forschung nach römischen Alterthümern im Jahre
Z858 auch die Umfangrmauern einer altchristlichen Basilika bloßgelegt,
worin sich nahe der geradlinigen Vstwand die Trümmer einer Nlensaplatte
aus weißem Aalkstein und 5chäfte von nach obenhin sich verjüngenden
5äulen vorfanden. Letztere trugen zu oberst je ein rothes Areuzchen.
Ls war somit der Altar dieser Airche in „Tischform" erbaut. (Ab-
bildung in Atz, Aunstgeschichte von Tirol und vorarlberg. Bozen, Z885
5. 55.) In der gegcnwärtigen 5akristei des Domes von Trient hatte
man ^8HH einen Altar abgebrochen, dessen Nlensa nach prof. 5ulzer
„auf zwei Mauern" ruhte, somit eine gar seltene, nur nach vorne und
riickwärts offene Tischform darbot. Die Nlauer auf der Lvangelienseite
enthielt zwei verschlossene gläserne Gefäße; darin lagen die Reliquien
des Bisthums-bseiligen, 5t. Romedius, und der Nonsberger Nlärtyrer:
5t. 5isinius, Alexander und Martxrius. Ueber diesem merkwürdigen
Mensabau erhob sich ein Liborium, getragen von vier 5äulen, auf
welchen Architrave, mit wenigstens einem Giebel auf der vorder-
scite, ruhtcn. Auf dem Architrav dieser 5chauseite las man in
goldener 5chrift:

NsliqutLs kovet ara, saoram Nomeäius sram.

Vos vominum in Lsnetis miriüeum eolits.

Zur äußern Umhüllung des hölzernen, mit vergoldeten Auxferxlatten
beschlagenen 5arges, worin die Gebeine des hl. Märtxrers und Bischofs

Tafelgemälde an die Stelle der Fresken oder Ntosaiken, noch
später Statuen und Basreliefs, zuletzt Flügelaltäre. (Zn Tirol
hat sich die alte Bitte, hinter den Altartisch die Kgur oder
eine Bcene aus dem Leben des patrons einfachhin auf die
Ivand zu malen und so geschnitzte Altaraufsätze mit Kguren
zu sparen, bis zum Lnde des Alittelalters an vielen Grten

vigilius, des zweiten Gründers der Diöcese Trient (f qo5), aufbo-
wahrt wurden, hatte man einen viereckigen 5chrein hergestellt. Dieser
besteht aus einem einzigen Marmorblock von grobem Aorn, ähnlich dem
inländischen vinstgauer Marmor. 5eine Länge beträgt nicht wcniger
als 2,22 m, die Breite oder Tiefe o,ys, die lföhe o,?q. Der 5tein
ist sonderbarer Iveise „von unten herauf" ausgehöhlt, somit ohne
Boden, nnd dient als Deckel, den hölzernen Reliquiensarg wohl zu
schützen. Mit Ausnahme einer 5chmalseite zeigt sich ringsherum eine
gefLllige verzierung. Die Vberseite wird von einem nach innen sich
vertiefenden Rahmen eingefaßt, welchen eine Reihe üxxiger Akanthus-
blätter ringsum belebt. Die senkrechten lvände schmückt oben herum
ein breiter Fries, unten ein vcrzierter 5ockel. Das Plättchen des
oberen Gesimscs trägt eine aus sünf leoninischcn Versen bestehende
Inschrift, welche wohl sxäter dcm im 5. Iahrhimdert entstandonen
Denkmal beigefügt wurde. (Atz, a. a. V. 5. sq, Abb. Die glatten
Flächen dcr beiden Langsciten schmücken je drei Leuchtcrformen, die aus
xlattgedrückten Augeln sich zusammensetzen und über der 5chale eine
Aerze mit breit flackernder Flamme tragen. Der mittlere Leuchter
schließt unter der 5chale mit einer größeren 5cheibe ab; auf dieser
ist auf dcr hintern 5eite des Altares ein Areuz, auf der vordern die Inschrift:
8t. ViZilius spus gemeißelt. Dcr alte, seit ;s2y geleerte und ver-
nachlässigte hölzcrne 5arg ruhte auf eineni cigenen Unterbau in erhöhter
5tellung über der Mensa; so dürfte er mehrere Jahrhunderte den
ksauxtaltar des Domes geschmückt haben. Zum Beweise, daß darüber
auch ein Liboriumbau aufgeführt war, läßt sich die historische Notiz
anführen, „Bischof Adalbert (p2o—p2q) habe den alten Lsochaltar des
hl. vigilius nach der Form der römischen Airche" erneuert. Dies
kann kaum etwas anders sagen, als: er hat einen Liboriumbau
errichtet. Aus den Rcsten eines sehr alten Liboriumbaues ist auch der
gegenwärtige Altar des 5anktuariuins in der lvallfahrtsstätto des hl.
Romedius auf dem Nonsberge zujammengosetzt. Die Lhronik des Bis-
thums Trient erzählt, daß Bischof Adalbert, ein Bayer, zu seinem
Landsmann, einem Grafen aus Nordtirol, welches damals zu Bayern
gehörte, eine große verehrung getragen und große Bauten zu
5t. Romedius unternommen habe. Aus dieser, oder wahrscheinlicher
noch aus früherer Zeit stammen die 5äulen dcs nun vorhandenen
Liboriums mit den byzantinischen Aämpfern über dcn Würfelkaxitälen.
Das lqeiligthum ist heute sehr nicdrig gebaut, so daß die flache wölbung
Lbcr den 5äulen bis an dessen Decke reicht. Ucbcr der Mensa schen wir
noch verschiedene Gefäße mit Reliquien des hl. Linsiedlers als Retable
oder Gberbau des Altars aufgestcllt, welche für gcwöhnlich vermittelst
Flügelthüren den Augen der Gläubigen entzogen sind. (Atz, a. a. V.
5. 70). Die Diöcesansynode des Iahres pys zu Brixen gebietet:

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