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Münzenberger, Ernst Franz August; Beissel, Stephan
Zur Kenntnis und Würdigung der Mittelalterlichen Altäre Deutschlands: ein Beitrag zur Geschichte der vaterländischen Kunst (Band 2): Mit 100 photogr. Tafeln — Frankfurt a.M., 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.15164#0086

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Altcrr zu

aus magerem Laubwerk gebildeter Rabme». Auch die Brust-
bilder der gemalten predella (Uatharina, Ursula und Margaretha)
siud von solchem Laubwerk umgeben. Die langen, gebogenen
Falten baben sxitze, dreieckige Bauschung. Die Umrahmung
der Flügel erinnert an die Altäre von Guteneck und
Heiligenstadt, in denen freilich der Raum zur Seite in
anderer N)eise gefüllt ist. Der Altar in Bt. Burchard in
lvürzburg hat das Bvstem weiter entwickelt.Sighart be-
trachtet die Gemälde des Flügelaltares zu Apolding, dem
Leprosenhause des Rlarktes wartenberg, „ob ihrer geistigen,
anmuthigen Lonoeption und der zarten Rkalweise als die
vollendetsten, bisher bekannten produkte der Landshuter Rkaler-
schule" und als Btiftung eines Uerzogs von Niedcrbavcrn
(Wq>)?) U)ie in den meisten Urankenhäusern des ausgehenden
Rkittelalters waren auch zu Axolding Rapelle und Altar dem
Ueiligen Geist gewidmet. s)n der Rkitte des für die sZkono-
graxhie des ^eiligen Geistes sehr beachtenswerthen Altar-
schreines schwebt die Taube über dem Rreuze, welches Gott
der Vater vor fich hin hält. Bie erinnert hier an die Liebe
Gottes, weil das Ureuz das sprechendste Unterpfand dieser
Liebe ist, und weil sie sich vor der Brust (dem bserzen) des
Vaters der Barmherzigkeit stndet. kVeiterhin crscheint diese
Taube in jedem der vier Basreliefs der Flügel über der
bsauptperson, also über Rkaria bei der verkündigung und
Rrönung, über Lhristus bei der Taufe und über petrus,
welcher am pfingstfest vor Rkännern und Frauen predigt. Die
Lserabkunst des Lseiligen Geistes über alle Apostel zeigt ein
Basrelies der Predella, aus deren Flügel die vier lateinischen
Rirchenväter gemalt sind als Grgane des in der kirchlichen
Ueberlieferung wirkenden Geistes. Nach Bchließung erscheint
auf den Flügeln in unbedeutenderer Rkalerei das Rkartyrium
der hh. Ltexhanus und Laurentius, die als Diakone patrone
der Armen und dsr Bxitäler waren, auf der Rückseite ein
Bild - des Gerichtes und des Veronikatuches mit dcm Antlitz
des chchmerzensmannes. Die einsache Bekrönung hat drei senster-
artige, mit Rkaßwerk und gekrümmten Kalen besetzte Nischen.
Dört steht der Lrstandene, die tsoffnung der Uranken,
zwischen Rtaria, der Trösterin der Betrübten, und Iohannes,
dem Iünger der Liebe.- Der Rünstler hat viele Lngel in seine
Romxositionen eingegliedert: sechs umgeben die heiligste Drei-
saltigkeit, zwei folgen dem Lrzengel Gabriel zu Rkaria, neben
deren Betxult zwei weitere schweben, vier breiten hinter der
Rrönung einen Texxich aus, zwei tragen bei der Tause
die Rleider des tserrn. Diess sechszehn Lngel verdienten als
himmlische Geister und besondere Diener der dritten person
hier vollauf ihre Btelle.

Der große, (H88 in Landshut vollendete, in neuester Zeit
restaurirte Altar zu Lseiligenstadt bei Gangkofen besteht
aus zwei übereinander gestellten Bchreinen. Oben segnet Gott
Vater, unter dem die Taube schwebt, das betende volk; unten
ist der Weltheiland von musicirenden Lngeln umgeben. Diö
Neliefs der Flügel zeigen oben Zoachim und Anna, unten die
verkündigung, kseimsuchung, Geburt und Anbetung der Rönige.
Auf die Außenseite der Flügel malte Rkichael bserlinger init
seinen Gesellen vier passionsscenen (Gelberg, Geißelung, Rreuz-
tragung und Ureuzigung), auf die Btaffel die Lsimnielfahrt,
Axostel und bseilige, aus die Rückseite das Weltgericht und
ein Veronikabild.

1) vgl. oben S. 48.

2) Sighart, Album Tafel 22; Die mittel. Kunst in D. d. München-
Freising S. ;s-;.

Die Rkalereien des (-(82 im kleinen gothischen Rirchlein
zuGelbersdors bei Rkoosburg aufgestellten Lsochaltares
möchte Sighart dem Nikolaus Rkaier von Landshut ((-(50—
(Z00) und einem seiner Gesellsn zuschreibenR) Rkit Recht
lobt er die Schnitzereien, deren Lharakter so edel ist, daß er
sie „den bessern der mittelalterlichen Runst ohne Zweifel bei-
zuzählen" wagt. Zhr Faltenwurf ist reich, doch etwas zu dünn
und bewegt. Die biauptfigur, eine Rkadonna, war leider ver-
loren und mußte mit der Bekrönung uni (86-( erneuert werden.
Rkan stellte aber in die drei Lauben des neuen Aufsatzes alte
Statuen (Zohannes d. T., Nikolaus und Lseinrich). Zwei
leichte, sreistehende, gewundene Säulen zerlegen den Schrein
in drei Gefächer und stützen dessen drei Baldachine. Sechs
Lngel umgeben die Gottesmutter: zwei schweben über ihrem
Lsaupte, je zwei füllen die Abtheilungen zur Rechten und
Linken. Die Basreliefs des ersten Flügelxaares sind, wie ge-
wöhnlich, dem weihnachtscyklus entnommen (verkündigung,
Lseimsuchung, Geburt und Anbetung der Rönige). Die predella
gibt in Basrelies den Tod Rkariä und in Rkalerei auf Gold-
grund ihre Rrönung nebst einem Bilde der unter ihreM Rkantel
versammelten Lhristenheit. Nach Schließung des ersten Flügel-
xaares erscheinen Scenen aus dem Leben Rkariä und aus
dem Leiden Lhristi, nach vollständiger Schließung Lseiligen-
figuren. Der Schrein ist 6,80 M hoch, 2,-(0 breit, (,60 tief.
Seine Rückwand hat eine naturalistisch aufgefaßte Darstellung
des jüngsten Gerichtes.

Die Rirche des hl. Lastulus zu Moosburg, worin
bis (5M Btiftsherren, vorher Benediktiner den Gottesdienst
versahen, besitzt zwei beachtensrverthe Altaraufsätze. Der eine
wurde zwar erst vor dreißig Zahren in Rkünchen angesertigt,
enthält aber ein werthvolles, um (ZOO geschnitztes Basrelief,
eine treffliche Leistung der Schule von Landshut, das leider
seine alte Bemalung verlor. Ls zeigt die hl. Ursula mit den
sie begleitenden Zungsrauen und Geistlichen in einem Schiffe.
Der Reister brachte diese Rkartyrer in schönen Gegensatz zu
den wilden, auf sie einstürmenden Soldaten und schildert die
Geduld der ^eiligen ebenso treu wie die Leidenschast der
verfolger. ?) Der zweite Altaraufsatz, der (ZOZ—(520 errichtete
Rkarienaltar, steigt auf bis zu den Gewölben des Lhores.
Beine ksöhe beträgt (-(.00 rn, die Breite -(.50, die Tiefe (.80.
Als Meister nennt Bighart^) den Landshuter Schnitzer Lsans
Lemberger, welcher (5(c> in den Nechnungcn der Rirche vor-
kommt. Dersclbe hat sich einer erst in dieser Zeit hie und da
vorkommenden Neuerung angeschlossen und die predella mit
dem Altarschrein in organische Verbindung gebracht. Lr führte
nämlich die beiden äußersten Fialen des den Schrein krönenden
Aussatzes nicht bloß bis aus die predella hinab, sondern ließ
sie mit dem den Rasten abschließenden gewundenen Nahmen-
stücke herabgehen durch die predella hindurch bis auf den
Altartisch. Seine predella besteht daher zunächst aus eineni
Rkitteltheil von der Breite des Altarschreines (2.80 in), welcher
stankirt wird durch jenes hinabgezogene Fialenwerk. Aus letzterm
springt dann zur Lrbreiterung der predella auf beiden Seiten
ein Bogen hervor, um ein kleines bis aus die halbe Lsöhe
der predella hinabgehendes Säulchen zu tragen, das seiner-
seits durch die obere platte der jdredella hindurchgeführt wird,
und zu beiden Seiten des Rastens eine reichgcschnitzte


llloorl'U

2) Die mittcl. Kunst tn d. Lrzd. München-Freising f.; Die
Kunstdenkmale desAönigsreichs Bayern, München, Albert, ;8I21. Tafel -47.
2) Sighart, München-Freising S. 3; f. und Album Tafel 2z.

2) Sighart, RIünchen-Freistng 5.2g f.; desselben Bayern 5. 30z, 580
und Album Tafel23; Kunstdenkmale des Königreichs Bayern Tafel 50 s.

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