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Münzenberger, Ernst Franz August; Beissel, Stephan
Zur Kenntnis und Würdigung der Mittelalterlichen Altäre Deutschlands: ein Beitrag zur Geschichte der vaterländischen Kunst (Band 2): Mit 100 photogr. Tafeln — Frankfurt a.M., 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.15164#0088

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AltarschreiN

ZU

Altenmübldorf.



Gesichtsausdruck wird oft derb naturalistisch. wir sucheu meist
vergebens jene anmuthige Bewegung, welche die fränkischen
Arbeiten dieser Zcit oft in hohem Maße auszeichnet.

Lür die Renntniß der mittelalterlichen polvchromir u n g
bieten die bayerischen Altäre keine besondere Ausbeute. Die
bis in unsere Zeit geretteten lverke sind nicht bloß i» kirch-
lichem Besitz, sondern auch in fortwätzrendem liturgischen Ge-
brauche geblieben. Bei der Liebe zur Ausschmückung der
Gottesbäuser, die das bavcrische volk sich stets bcwabrt hat,
war es selbstverständlich, daß der Farbenschmuck oft erneuert
wurde. Zur Grchöhung künstlerischen Mertbes bat dies nicht
beitragen können.

Zn den Rirchen der Btadt Freising, einst eines wichtige»
Ätzes der Rultur, sind keine Altäre erhalten Dank dem Lifer
des Llerus für Lrneuerung der Rirchen im vorigen Zabr-
hunderte und der Zerstörung am Beginn unseres Läkulums.
Aigbart ch kennt nur einen Lchrein, der ob des Lharakters
seiner Bildwerke sich als Lrzeugniß einer Zreisinger Lokalschule
ausweise, den südlichen, später verzopften Seitenaltar der
Rirche in 2lltenmühldo r f. Bechs, in zwei Reihen gestellte
Lseiligenfiguren füllen den Rasten; zu ihnen kommen die Statue
des hl. Gangolph im reichcn Baldachin der Bekrönung, sechs
passionssoenen sder Linzug Lhristi in Zerusalem, sein Gebet
am Melberg, die Gefangennehmung, Rrönung, Rrcuztragung
und Rreuzigung) in den Aügeln und die Rreuzabnahme in
der Ltaffel. Das Nonogramm der jZff vollendeten Gemälde,
I. 8. II., auf Zohann Sigmund Isolbein zu beziehen, ist mehr
als gewagt. Goldgrund verbindet sich hier noch mit nackten
Lngelsgestalten. Der landschaftliche ksintergrund ist voller
pflanzen und Vögel, die Lärbung warm.

Nach den obigen Ausführungen Sigharts bleibt es
zweifelhaft, ob die beiden Flügelaltäre im Diözesan-Nlu-
seum zu Freising Lokalarbeiten sind. Der erstere, s.82 m
breite, HZ7 m hohe, stammt aus deni Beginn des XVI. Zahr-
hunderts. <Lr ist stark ruinirt und oben nicht geradlinig, son-
dern in flachem Bogen abgeschlossen. Seine Flügel, Baldachine,
Lonsolen, sogar die Nückwand des Niitteltheils sind verloren.
Das erhaltene feine Laubwerk in dem unten sich hinziehenden
geschnitzten Friese zeigt aber, wie hübsch das Ganze gewesen
sein muß. Der Schrein hat in der Nlitte eine breite Nische
mit den charakteristischen chtatuen des Salvator, Zohannes
Bapt. und Zohannes Lv. (?). Zn den schmäleren Nischen
rechts und links stehen in je zwei Abtheilungen übereinander, die
Standbilder der Nkuttergottes und des hl. Bischofs Mtto (?),
der hh. Andreas und Nupertus.

Lin zweiter, f.2<) m hoher, h>0 m breiter Altar von
Tannenholz aus derselben Zeit hat in der Nlitte des Schreins
das Bild der Zungfrau, rechts das des hl. Benediktus, links
jenes des hl. Lebastianus, der ganz bekleidet ist und einen
pfeil in der Isand hält. Die Figuren sind recht schön, die
Flügel leider übermalt.

2. Außergewöhnlich viel ist in Nlünchen und in dessen
Umgegend erhalten. Der Lteinaltar seiner peterskirche ist
oben beschrieben. cheine mit neueren Altären so reich ausge-
stattete Frauenkirche, die ihren mittelalterlichen, von Gabriel
Anger aufgestellten, mit mehr als 2000 Gulden bezahlten
Lsauptaltar verlor,^) besitzt zwei alte Schreine: einen aus
Nlemmingen stammenden, unten zu behandelnden Altar in
der Altöttingerkapelle hinten im Lhore und den in einer

>) München-Freising S. >72 f., Bapern S. -<>29 und 580.

<-) Sighart, Bayern S. 502; Denkmäler des bayerischen Herrscher-
hauses.

Rapelle des nördlichen Scitenschiffes aufgestellten Andreas-
Altar aus der Nikolaikirche auf dem Isaberfelde zu
Nlünchen. Zn die Nlitte seines sZfZ angefertigten Schreines
brachte die Nestauration statt der alten thronenden Figur des
hl. Andreas eine stehende. Neben ihr sind die alten Statuen
der hh. Sigismund und Dnufrius erhalten; auf dem Schrein
sindet sich aber eine neue Figur der hl. Ratharina. Auf der
Znnenseite der Flügel erblickt man vier Scenen aus der
Legende des hl. Andreas, nach Schließung auf den Flügeln
vier von Nlächselkirchner (?) gemalte passionssoenen, zur
Leite wiederum große Figuren der hh. Sigismund und
Gnufrius, i» der predella eine gemalte verkündigung. Das
Ganze ist freilich rein und ansehnlich herausgeputzt, aber
Restaurationen, die derartig Altes uud Neues vermischen
und zusammenschweißen, bleiben doch bedenklich. Sie werden
schwerlich vor dem Richterstuhle der Zukunft Gnade finden?)

Das Nlünchencr Nati0 nalmuseu m^) bewahrt mehrere
hierher gehörende Schreine. Lin aus Zrlmünster stam-
mender, >,ö<) m hohcr, (,00 in breiter, um >ö20 in Bavcrn
entstandener ist ohne Rrönung und predella. Geöffnet zeigt er
acht viereckige Felder, von denen die eine Lsälfte mit den
Basreliefs der Lvangelisten, die andere mit den auf die Flügel
gemalten Bildern der Rirchenväter versehen ist. Auffallender
lVeise haben die in der Nlitte dargestellten Lvangelisten blauen,
die Rirchenväter gemusterten, goldenen Lsintergrund; doch
kommt das wohl auf Nechnung eincr Nestauration. Zeder
jener acht Lseiligen sitzt vor einem pulte. Zhre pults sind
nun so gestellt, daß sie, wenn man von der Lvangelienseite aus-
geht, oben in s und 2 sowie in Z und -s, unten aber in 6
und 7 mit der höhern Rante am Rahmen zusammentreten
und in Folge dessen paare bilden, welche Giebel ergeben. Zn
Z und 8 ist die höhere Rante nach der Außenseite der Flügel
gewendet. Dieser kleine Runstgriff bringt Linheit in das sonst
handwcrksmäßig ausgeführte N)erk. Sein ehedem über jeder
Figur oben am Nahmen angebrachtes Laubwerk ist theilweise
verloren, die Außenwand der Flügel mit verdorbenen Lcenen
aus den Legenden der hh. Antonius, vitus u. s. w. bemalt.
Zdee und Zeichnung des Altares entstammten der Lrinnerung
an jene alten perikoxenbücher, welche mit Nliniaturen der
Lvangelisten verziert waren, bieten somit auch historisches
Znteresse.

Zn einem um IZ00 entstandenen, s,2z 111 breiten
Lchrein des Nationalmuseums stehen die hh. Ulrich und
chimxert neben der thronenden Gottesmutter. Die Flügel
enthalten die großen, gemalten Figuren dcr hh. Philippus
und Zakobus, außen Anna und walburga. Die predella
mit ihrer Gruppe der Grablegung gehärt zu einem andern
Altar. Die Nückseite zeigt unten auf der predella cin veronika-
tuchp) oben ein Rreuz. Bemerkenswerth ist die Linfassung



i) lNeyer, Die Domkirche zu U. L. F. in Ulünchen. München,
N)eiß, >868 5. 29, ?s und Lpecht, Die Frauenkirche in München,
Niünchen, Braun und Zchneider, >89<> 5. 3->; Sighart, Geschichte dcr
Frauenkirchc S. 9;.

-l) Sighart, Album Tafel 29; Rataloge des bayerischen National-
museums VI., S. 8> n. z>8.

b) Für die Beurtheilung des auf süddeutschen Altären immer
wieder auf dem veronikatuche dargestellten Antlitzes Lhristi ist ein
schwäbischer Isolzschnitt aus der Zeit von >->80—>500 beachtenswerth,
den Schreiber in seinem Annnsl äe l'amutsur üs In Aravues sur
bois, Lsrliu, Ooliu, 1891 p. 218 n. 769 behandelt. Unter dem
Schweißtuche steht folgendes Gebet:

„Orisst sisstu liailigss antlit unssrs dslialters. -In äs(n) c>a
seliinst clis Aestalt äes ßötlielisn glaneres, Osärulcst in ain

7<(
 
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