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Münzenberger, Ernst Franz August; Beissel, Stephan
Zur Kenntnis und Würdigung der Mittelalterlichen Altäre Deutschlands: ein Beitrag zur Geschichte der vaterländischen Kunst (Band 2): Mit 100 photogr. Tafeln — Frankfurt a.M., 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.15164#0099

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zur Linken die 5tatuc des bl. Lhristoxhorus. Ini zwcitcn
Ltockwerk der drei Baldachine steht ein Lrbärmdebild zwischen
zwei Lngeln. 2lcht gute, von der Spätgothik zur Nenaissanoe
übergehende Ncliefs schildern auf der iunern Leite der Llügel
die Legende des hl. s)akobus.

Laut der Inschrift lieferte Stockcr, Malcr von Ulin,
1520 dcn f,^0 in hohen, 0,8-f in breiten Annaaltar von
Vberstadion. Dm Schrein begleiten die hh. Ratharina
und Barbara die sclbstdritt dargestellte hl. Auna. Die inuere
Beite der Flügcl trägt die halberhaben geschnitzten Figuren
der hh. Lhristophorus und töebastian, die äußere die gemalte
Gestalt des hl. Michael, welcher eine Beele abwägt und von
fünf Lngeln umgeben ist.

Der bsochaltar der Michaelskirche zu Lsall wird, wie
bereits angeführt ward, dem Michael Lrhardt von Ulm zu-
geschrieben. Rleinere Flügelaltäre mit je drei Statuen haben
im Donaukreise Leutkirch, Markbronu, Scheer, Soin-
mersbach und Stuben. Zwei Ltatucn enthalten die
Aufsätze in Nohrdorf und in der Schloßkapelle von wal d-
burg, Nkartiu allein steht im Schrein von Lrolzheim,
eine pieta iu dcm aus Boxfingen stammeiiden Flügelaltar zu
Lngerazhofeni).

Zm Zahre s4s3F entstaiid das Band I Tafel 62 abge-
bildete passionsaltärchen der Sakristei des Münsters zu Ulm ^),
ein wegen seiner Linfachhcit beachtcnswerthes Vorbild zu
einem schlichten cheitenaltar. Seine Flügel sind nach vicr
Blättern der passion Schongauers von eiuem guten Schüler
dieses Nleisters gcmalt. Das Gemälde der predella, eine
Grablegung von 0,-s4 ,11 Länge und 0,20 in bsöhe, erinnert
an Nogier van der Weydeu.

wegen ihrer Ikonographie verdicnen folgende Altar-
schreiue besondere Lrwähmmg: zuerst das altdeutsche Flügel-
altärchen im nördlichen Nebenschiff zu Aulendorf. Zn
seiner Nlitte findet man in Nclief die Anbetung der Rönige,
auf den Flügeln die hh. Llisabeth und Georg, in der predella
aber das Fegefcuer. Der Lchrein des schönen, wohl zu
Ulm vollendeteu dlltaraufsatzcs der ehemaligen Abtei-

kirche zu Murrhardt euthält eine pieta, nebcn welcher die
Figuren des Zoseph von Arimathäa und des Nikodemus
stehen, die predella eiu Lrbärmdebild mit Maria und Iohamies:
die Flügel zeigen außer eiuer Darstellung des pfingstfestes mehrere
vortrefflich gemalte Reihen von Lseiligeu mit den Uuterschriften:
buiÜA XII Iiotsn nnil nnssr Irnu.
üll Imili^ junoklrovvsn.
üll ImiliAöu uucl XII inurtirorch

In Scharenstetten enthält der 2 rn breite, s,Z in
hohe Schrein die bemalten Btatuen Lhristi, petri, Zohannes,
Nlarias uud Georgs. Die Flügel bieten iimen den Tod Nkariä und
die Anbetung der Rönige, außen die Rreuzigung und dercn vorbild,
die Lrhöhung der ehernen chchlange. Nach Reppler wären
die Gemälde „altniederländische oder italienische Arbeit (?)".
Lin im Uebrigen unbedeutender Flügelaltar der katholischen
Spitalkapelle zu Friedrichshafen zeigt in der Nlitte zu
Lhren des Lseiligen Geistes, dem ja die Spitäler meist ge-
weiht warcn, die hlste. Dreifaltigkeit, auf den Flügeln die
lverke der Barmherzigkeit. Zn Nlettenberg habcn
sich in deni aus allerlei Nesten zusamniengestellten Isochaltar
zwei werke der Barmherzigkeit erhalten.

>) Fur wcitcrcs vcrgleiche das trefflichc, oft citirte Iverk ron
Kexxler.

>) pfleidcrcr, Das Münstcr zn Ulm, Ulm, Lbncr, ,890 S. 90 f.,
mit Abbildimg; Ianilschek, Gcschichtc dcr dcutschen Ulalcrei 256.

Da man in württemberg früher, als anderswo be-
gann, altc Gemälde und Lkulpturen znr chjerstellung neuer
Altäre zu verwenden, findet sich dort eine Ncihe gothischer
Neste in moderncn Schreinen. So hat nian in Rrummen-
wälden in dcn neuen Schrcin die alten Ltatuen dcs Auf-
erstandenen und der hh. petrus, paulus, Andreas, Iohaimes
und Zakobus gestellt und alte Flügelbilder beigefügt. Zn Nech -
berghausen besitzt der neue bsochaltar siebcn alte gothische
chtatucn, ein Nebenaltar ein gutes vochrelief mit dem Tode
Mariä und drei Ltatuen, ein anderer in Lsochrelief den Lr-
standenen vor Magdalcna und eine Ltatue. Der oben schon
genaimte Lsochaltar von Mettenberg ist mit bsülfe solcher
Ncste mittelst doppelter Flügel sogar zu drcifacher wandlung
eingerichtel. Zn Rönigseggwald stellte nian zwei Schreine
aufeinander. Nefte einer großartigen Darstellung des pfiiigst-
festes (eine Madonna und vier theils stehende, theils sitzende,
gut geschnitzte Apostelfiguren) hat man im ljochaltar der
Lyriakuskirche zu Lggingen, Gberanit Blaubeuren, unter-
gebracht. Ls wäre leicht, weim wir über die Grenzen der
in diesem Abschnitt zu besprechenden Gegend hinausgingen,
die Beisxiele zu vermehren. Das Gesagte genüge und möge
dazu anregen, ältere Lachen den Rirchen zu erhalten, für die
sie gemacht wurden. Lie passen dorthin doch besser, als in
Museen oder j)rioatsammlungcii. Das gilt besonders von
Dingen, die keine hervorragende Runstgegenstände sind, bei
denen es also nicht angezcigt ist, sie möglichst vielen Rünstlern
und Runstfreundeii als vorbilder zugänglich zu machen. Be-
wahrt die Rirche ihre Lrbstücke, so ist sie sicher, etwas Bcachtens-
werthes zu haben. Aeltere Statuen und Gemälde, die nicht
gar zu haiidwerksniäßig ausgeführt sind, werden auf die
Dauer mehr werth behalten als modernc Leistungen. Ls
ist traurig, zu sehen, wie oft auch heute noch wcrthvolls
Ueberreste vergangencr Zahrhunderte um ein Sxottgeld an
wandernde dlntiquitätenhändler abgegeben, und wie dann werth-
lose waaren zu hohen preisen bci jcnen Fabrikanten gckauft
wcrden, die sich auf die Reklame verstehen. Rann man irgendwo
zu mäßigem preise gute alte Gemälde oder Ltatuen erwerben,
die zur Rirche passen, so fährt man meist besser, als wcnn
Neues angeschafft wird. Doch ist dann natürlich für eine
gute Nestauration zu sorgen. Dabei ist aber zu vermeiden,
daß ein beschädigtes Bildwerk bis aufs bjolz abgelaugt und
dann von einein Ltümper neu bemalt werde.

Die ganz gemalten Flügelaltäre der Ulmer Schule
wanderten nieist in Nkuseen, uur wenige blieben ihrem ur-
sprünglichen Bestimmuiigsorte. Die Nkarienkirche zu Gwen
im Gberamt Rirchheim rcttete ein Trixtychon des (6. Zahr-
hunderts, dessen Nkitte nüt nur sechs Figuren die Rreuzabnahine
schildcrt; vier bseilige sind im Zimern der Flügel gemalt
(Lueia, Gswald, Barbara und Bartholomäus). Auf der
Außenscite ist das Gebet Lhristi im Gartcn fast ganz vcr-
dorbcn. Noch aus dcm Lnde des sö. Zahrhunderts stammt
der sö-sc) stark übermalte Flügelaltar zu Aldingen im
Gberamt Spaichingeii. Lcine Mitte zcigt das dlbendmahl,
die iimere Lcite dcr Flügel Lhristi Gcburt und Anbctung
durch die weiscn, die äußere die verkündigung, die predella
die um Lhristus versammclten Zlpostel. Zm Seitenaltar der
Rrcuzkaxelle zu Bonlanden i,n Gbcramt Leutkirch ist cin
Bild des Todes Nkariä erhaltcn, das wohl von einem Mcister
aus Ulm gemalt wurde. Zn Rönigsegg zeigt man eine
etwas derbe Rrönung Nkariä auf Goldgrund. Gott Vater
uud Gott Bohn sitzen auf Thronen, in denen die Formcn der
Nenaissanoe schon hcrrschen, während die sie umgebeuden
 
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