Über die Großbronzen des Museo nazionale in Neapel.
Die einzigartigen Ivunstschätze, die das Museum von Neapel dem Vesuv
dankt, sind wissenschaftlich in auffallend ungleicher Weise bisher genutzt worden.
Während die antiken Gemälde in sorgfältigen Verzeichnissen beschrieben und
technisch wie kunstgeschichtlich im Zusammenhang untersucht sind, haben von
den Bronzen immer nur einzelne Stücke eingehende Forschungen erfahren:
Fragen, die sich aus dem Ganzen der Sammlung ergeben, sind noch kaum auf-
geworfen worden, geschweige denn zur Erörterung gelangt. Nach der einst be-
deutenden, doch auf gelehrte Exegese beschränkten Veröffentlichung der ;Bronzi
di Ercolano' hat nur das Werk von Comparetti und de Petra; in dem die Funde
der berühmten Villa dei papiri von Herculaneum zusammengestellt sind? eine
Förderung gebracht. 1) Vor allem fehlt ein Katalog, der über den Zustand und
die Herkunft sämmtlicher Werke genaue Auskunft böte. Ihre gegenwärtige Auf-
stellung in den vier großen, auch an hellen Tagen ungenügend belichteten Sälen,
ohne die erforderlichen Drehvorrichtungen, macht eine solche Arbeit allerdings
schwierig, und grundlegend wird sie nur mit Hilfe chemischer Analysen, die für
jede kunstgeschichtliche Bronze zu wünschen wären, und unter Zuziehung von
Experten der Erztechnik zu leisten sein. Aber der Mühe würde ein wichtiger
Erfolg entsprechen. Ist doch für die Kenntnis des Bronzestiles, welche so viel-
fach noch gegen die Marmorsculptur zurückblieb und allein durch umfassende
Reihen zuverlässiger Materialaufnahmen begründet werden kann, gerade hier
ein reicher Gewinn zu erwarten. Einige Beobachtungen und Schlüsse, die ich als
Ergebnis eines kürzlichen, durch Director Pais und die gelehrten Beamten des
Museums freundlich erleichterten Studiums im folgenden vorlege, würden mehr
als belohnt sein, wenn sie dazu anregen könnten.
Unter den Großbronzen fiel mir zunächst Fremdartiges auf; das überhaupt
auszuscheiden oder doch räumlich abzusondern wäre; um der großartigen Samm-
lung den Charakter zeitlicher Geschlossenheit zu wahren. So ist die Camillus-
statue n. 5611 2) ein moderner Nachguss der bekannten capitolinischen Figur. 3)
Bei vollkommen gleicher Bildung und Größe erweisen dies zwei unausgebesserte
störende Gusslöcher im Haar und der dunkle, leichtlösliche Firnisüberzug, der
h D. Comparetti e G. de Petra, La villa Ercola- 2) Museo Borbonico VI 8; Clarac pl. 770, 1917;
nese dei Pisoni, Torino 1883. Vgl. Th. Mommsen Kekule, Gruppe des Menelaos 39, 5-
und C.Robert, Arch.Zeitung 1 880 S. 32 ff.; A.Gercke, 3) Helbig, Führer 1 2 n. 627; Friederichs-Wolters
Bonner Studien R. Kekule gewidmet 139 ff. n. 1561,
Die einzigartigen Ivunstschätze, die das Museum von Neapel dem Vesuv
dankt, sind wissenschaftlich in auffallend ungleicher Weise bisher genutzt worden.
Während die antiken Gemälde in sorgfältigen Verzeichnissen beschrieben und
technisch wie kunstgeschichtlich im Zusammenhang untersucht sind, haben von
den Bronzen immer nur einzelne Stücke eingehende Forschungen erfahren:
Fragen, die sich aus dem Ganzen der Sammlung ergeben, sind noch kaum auf-
geworfen worden, geschweige denn zur Erörterung gelangt. Nach der einst be-
deutenden, doch auf gelehrte Exegese beschränkten Veröffentlichung der ;Bronzi
di Ercolano' hat nur das Werk von Comparetti und de Petra; in dem die Funde
der berühmten Villa dei papiri von Herculaneum zusammengestellt sind? eine
Förderung gebracht. 1) Vor allem fehlt ein Katalog, der über den Zustand und
die Herkunft sämmtlicher Werke genaue Auskunft böte. Ihre gegenwärtige Auf-
stellung in den vier großen, auch an hellen Tagen ungenügend belichteten Sälen,
ohne die erforderlichen Drehvorrichtungen, macht eine solche Arbeit allerdings
schwierig, und grundlegend wird sie nur mit Hilfe chemischer Analysen, die für
jede kunstgeschichtliche Bronze zu wünschen wären, und unter Zuziehung von
Experten der Erztechnik zu leisten sein. Aber der Mühe würde ein wichtiger
Erfolg entsprechen. Ist doch für die Kenntnis des Bronzestiles, welche so viel-
fach noch gegen die Marmorsculptur zurückblieb und allein durch umfassende
Reihen zuverlässiger Materialaufnahmen begründet werden kann, gerade hier
ein reicher Gewinn zu erwarten. Einige Beobachtungen und Schlüsse, die ich als
Ergebnis eines kürzlichen, durch Director Pais und die gelehrten Beamten des
Museums freundlich erleichterten Studiums im folgenden vorlege, würden mehr
als belohnt sein, wenn sie dazu anregen könnten.
Unter den Großbronzen fiel mir zunächst Fremdartiges auf; das überhaupt
auszuscheiden oder doch räumlich abzusondern wäre; um der großartigen Samm-
lung den Charakter zeitlicher Geschlossenheit zu wahren. So ist die Camillus-
statue n. 5611 2) ein moderner Nachguss der bekannten capitolinischen Figur. 3)
Bei vollkommen gleicher Bildung und Größe erweisen dies zwei unausgebesserte
störende Gusslöcher im Haar und der dunkle, leichtlösliche Firnisüberzug, der
h D. Comparetti e G. de Petra, La villa Ercola- 2) Museo Borbonico VI 8; Clarac pl. 770, 1917;
nese dei Pisoni, Torino 1883. Vgl. Th. Mommsen Kekule, Gruppe des Menelaos 39, 5-
und C.Robert, Arch.Zeitung 1 880 S. 32 ff.; A.Gercke, 3) Helbig, Führer 1 2 n. 627; Friederichs-Wolters
Bonner Studien R. Kekule gewidmet 139 ff. n. 1561,